Politik

Vor allem auch der Zoll muss sich auf den Brexit vorbereiten. (Foto: dpa/Friso Gentsch)

04.12.2020

Banger Blick auf die Zoll-Regularien

Ein ungeregelter Brexit wäre auch für Bayerns Wirtschaft fatal – lediglich BMW und die Finanzbranche sind entspannt

Ob ab 1. Januar 2021 schottischer Whisky, englischer Tee oder die leckere Cadbury-Schokolade wegen des Brexits teurer werden, kann niemand vorhersagen. Denn es ist immer noch nicht klar, ob es ein Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien geben oder ob ein harter Brexit beide Wirtschaftszonen voneinander trennen wird. „Preisvorteile für bayerische Verbraucher sehen wir in keinem Szenario“, sagt Katharina Toparkus, Sprecherin der IHK für München und Oberbayern.

Fakt ist: Wenn im Fall eines harten Brexits Zölle auf Einfuhren aus Großbritannien fällig werden, kann das an den Endverbraucher weitergegeben werden. Pauschalaussagen sind aber schwierig, da Hersteller und Importeure solche Aufschläge auch selbst im Rahmen ihrer Preiskalkulation abfangen können.

Doch nicht nur für Verbraucher birgt der Brexit Unwägbarkeiten. Auch die Unternehmen wissen nicht, was zum Jahresende auf sie zukommt, wenn die Übergangsfrist zwischen der EU und Großbritannien ausläuft. „Wenn es keinen Deal gibt, erwarten wir Schwierigkeiten bei der Verzollung“, sagt Marion Korbel, Sprecherin des Schreibgeräte- und Kosmetikprodukteherstellers Schwan-Stabilo aus Heroldsberg bei Nürnberg. Ihr Unternehmen hat die internen Prozesse auf die Gegebenheiten abgestimmt, zum Beispiel die innergemeinschaftliche (also EU-) Lieferung auf eine Ausfuhrlieferung mit der dann nötigen Zollabwicklung umgestellt.

Der BMW-Chef ist entspannt

Wegen der unklaren Lage hat bisher fast die Hälfte (46 Prozent) der vom Bayerischen Industrie- und Handelskammertag (BIHK) befragten Unternehmen im Freistaat vergeblich versucht, sich auf die Zeit nach dem vollständigen Brexit vorzubereiten. Doch so gelassen wie BMW-Chef Oliver Zipse können es die wenigsten angehen. Er meinte vor Kurzem entspannt: „Ein harter Brexit bringt uns nicht um.“ Selbst wenn ab Januar Zölle auf Autos, Motoren und Autoteile fällig werden, werde sich BMW aus seinem viertgrößten Absatzmarkt Großbritannien – nach China, den USA und Deutschland – nicht zurückziehen. BMW baut in England Motoren und Autos der Marken Mini und Rolls-Royce.

Die größten Risiken sehen laut BIHK-Umfrage rund 80 Prozent der Unternehmen bei den ausstehenden Regeln zu Warenverkehr, Grenzkontrollen und Zollbürokratie. Ohne Handelsabkommen würden für den Warenverkehr mit Großbritannien Regeln wie mit einem Drittstaat außerhalb der EU gelten, darunter viele zollrechtliche Vorschriften und auch Zölle, die im EU-Binnenmarkt generell abgeschafft sind.

Auch die fehlende langfristige Rechtssicherheit ist für die Firmen ein Problem. Nach dem Ausscheiden aus dem EU-Regelwerk kann sich der Rechtsrahmen im Königreich, etwa beim Datenschutz und Steuerrecht, laufend ändern. Auch Standards und Normen bereiten den Unternehmen Sorgen. Denn ohne Übergangsregelungen in diesem Bereich können zum Beispiel Medizingerätehersteller den britischen Markt nicht mehr beliefern. Langwierige Zulassungsverfahren für ihre Produkte wären nötig.

Ganz besonders betroffen wären Branchen mit komplexen Lieferketten zwischen der EU und Großbritannien oder mit großem Exportgeschäft in das Vereinigte Königreich. Das wären vor allem der Fahrzeug- und Maschinenbau sowie die Elektrotechnik- und Elektronikindustrie. Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der in Nürnberg ansässigen Bundesagentur für Arbeit sind in Bayern rund 80 000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt vom Exportgeschäft mit Großbritannien abhängig.
Eine im Auftrag der IHK München erstellte Studie des Ifo-Instituts München hat ergeben, dass ein harter Brexit Bayern langfristig 0,24 Prozentpunkte Wirtschaftswachstum kosten könnte – ein Verlust von 1,4 Milliarden Euro Wirtschaftsleistung.

Profitieren würde von einem harten Brexit lediglich die in Bayern ansässige Finanzbranche. Für sie wäre ein No-Deal-Brexit ein Standortvorteil, da es dann zu Nachteilen für in Großbritannien ansässige Finanzdienstleister in Bezug auf Geschäfte in der EU kommt.
(Ralph Schweinfurth)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Ist das geplante Demokratiefördergesetz sinnvoll?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.