Politik

Klinikum Großhadern: Bayerns Kliniken lehnen die von der Bundesregierung geplante große Krankenhausreform ab. (Foto: dpa/Lukas Barth)

13.02.2023

Bayerische Krankenhäuser lehnen Lauterbachs Reformpläne ab

In vielen Krankenhäusern geht die Existenzangst um. Die Einnahmen sind zu gering, die Ausgaben zu hoch. Die Bundesregierung plant eine große Reform - doch die Kliniken fürchten, dass diese die Not nur vergrößern würde

Bayerns Kliniken lehnen die von der Bundesregierung geplante große Krankenhausreform ab. Die Vorschläge der Regierungskommission des Bundes sind nach Einschätzung der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) so kompliziert, dass diese sich nicht umsetzen lassen. Das teilte die BKG am Montag in München mit.

Außerdem fehlt laut BKG das Geld. Der Verband verwies auf die Einschätzungen von Fachleuten, dass die Reform bis zu 100 Milliarden Euro verschlingen könnte. "Man kann es drehen und wenden, wie man möchte, aber die von der Regierungskommission vorgelegten Ideen für eine revolutionäre Krankenhausreform sind schlicht und ergreifend für die praktische Umsetzung nicht geeignet", kritisierte die BKG-Vorsitzende und Kitzinger Landrätin Tamara Bischof.

Die Reform würde das derzeitige System nach Einschätzung der Krankenhausgesellschaft noch viel bürokratischer und komplizierter machen. Zudem geht in den Kliniken die Furcht um, dass ohne Erhöhung der staatlichen Zuschüsse viele Häuser schließen müssen. Laut Deutschem Städtetag droht jedem fünften Krankenhaus die Insolvenz.

In Berlin warnte gleichzeitig die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), dass sehr viele Kliniken ihren bisherigen Auftrag zur Patientenversorgung ganz verlieren würden oder weitgehend umgestaltet werden müssten. Der Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) soll bis zum Sommer vorliegen.

Inflationsausgleich gefordert

"Die Bund-Länder-Gruppe steht nun in dieser Verantwortung und muss jetzt erfahrene Praktiker aus den Kliniken und den Kommunen dabei mit einbeziehen", forderte Bischof. BKG-Geschäftsführer Roland Engehausen forderte von der Bundesregierung unter anderem einen Inflationsausgleich für die Krankenhäuser und einen realistischen Zeitplan für die Reform.

Anlass der Reformpläne sind die großen finanziellen Probleme vieler Krankenhäuser. Diese sollen zwar wie Wirtschaftsbetriebe arbeiten, können aber anders als Unternehmen ihre Preise nicht selbst festsetzen. Stattdessen finanzieren sich die Kliniken großenteils über Fallpauschalen - ein hoch kompliziertes Abrechnungssystem von Fixbeträgen, die für Behandlungen und Operationen gezahlt werden.

Die Krankenkassen kritisieren seit Jahren, dass in finanziell notleidenden Krankenhäusern zu viel operiert werde, um die Einnahmen zu verbessern. Die Kliniken wiederum fordern, dass sie unabhängig von den Patienten- und Behandlungszahlen eine finanzielle Grundausstattung für Gebäudeunterhalt, Personal und andere Kosten erhalten. Als Vorbild verweisen Krankenhaus-Manager gern auf die Polizei, deren Etat sich auch nicht nach der Zahl der gefangenen Verbrecher richtet.

In der BKG sind nach Angaben des Verbands 190 Krankenhausträger mit über 360 Krankenhäusern und insgesamt etwa 75 000 Betten in Bayern vertreten. (Carsten Hoefer, dpa)

Kommentare (1)

  1. Michael de Mattos Biscaia Roseira am 14.02.2023
    Die Entwicklung der Vergangenheit im Gesundheitswesen hin zur vollkommen wirtschaftsorientierten Privatisierung des Gesundheitswesens ist ein Irrweg, von dem wir bislang nicht ein Jota abgewichen sind. Trotz aller überzeugenden und berechtigten Kritik.
    Der Denkfehler liegt darin, davon überzeugt zu sein, dass das Gesundheitssystem irgendwie wirtschaftlich sein muss. Aber ein soziales System ist genau das Gegenteil eines gewinnorientierten Wirtschaftssystems bzw. -unternehmens.
    Es kostet - und zwar ausschließlich.
    Das Gesundheitssystem ist ein System, dass nie wirtschaftlich - im Sinne einer Überschuss- bzw. Gewinnwirtschaft - funktionieren kann, weil es hier in höchstem Maß nicht um Dinge, sondern um Menschen geht.
    Ja - wirtschaftlich im Sinne einer gut geplanten und umgesetzten Haushaltsregelung, um nachhaltig zu funktionieren - ist natürlich wichtig.
    Aber der Dienst am Menschen ist eben einer, der ausschließlich "kostet" und darüber hinaus keinen finanziellen Gewinn erbringt.
    Der einzige und echte Gewinn für ein Gemeinwesen liegt in der Investition ins Gesundheitswesen um seiner selbst willen. Ein Krankenhaus ist eine Investition in die Mitmenschlichkeit.
    Diese Investition ist der Gewinn.
    Wer also wirklich einen Gewinn einstreichen will, muss ohne wenn und aber dafür sorgen, dass dieses System quasi mit Geld geflutet wird und dieses Geld ebenso gewinnbringend an Mann und Frau gebracht wird - in die Pflege der Patienten, also das Haus und das gesamte Personal.
    Jede anders geartete Diskussion ist meiner Meinung nach reine Spiegelfechterei.
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