Politik

06.12.2024

Beleidigte Politiker: Wohlfeile Kritik

Ein Kommentar von Jürgen Umlauft

Mit dem Vormarsch der „sozialen“ Netzwerke ist der Ton in Gesellschaft und Politik rauer geworden. Die Zahl der öffentlich geäußerten Beleidigungen und Bedrohungen gegen Politiker*innen hat deutlich zugenommen. Die Reichweite der Hassbotschaften ist enorm größer als in der vordigitalen Zeit. Politik und Justiz reagieren darauf mit schärferen Gesetzen und härteren Strafen. Kritiker wittern „Sprechverbote“ und eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Dazu vorweg eine Klarstellung: Beleidigungen und Bedrohungen sind keine Meinungen, sondern Straftaten – und das nicht erst seit Neuestem. Die Grenzziehung zur freien Meinungsäußerung ist Aufgabe der Gerichte.

Für Aufregung sorgt derzeit die Hausdurchsuchung bei einem 64-Jährigen, der den Grünen Robert Habeck auf der zunehmend zur Hass- und Fake-Schleuder verkommenden Plattform X als „Schwachkopf“ bezeichnet hatte. Habeck hatte Anzeige erstattet. Ob im konkreten Fall eine Hausdurchsuchung gerechtfertigt war – es lagen wohl weitere Vorwürfe gegen den Mann vor – , war unabhängige Entscheidung der Justiz, nicht die Habecks. Wenn diesem jetzt Dünnhäutigkeit vorgeworfen wird, dann ist das wohlfeil. Denn die wenigsten Kritiker dürften einem ähnlich zermürbenden Hass-Dauerfeuer ausgesetzt oder von einem zornigen Mob am Verlassen einer Fähre gehindert worden sein. Zudem ist Habeck nicht der einzige, der Beleidigungen zur Anzeige bringt, wenngleich er der Politiker ist, der das am häufigsten tut.

Auf Argwohn und Unverständnis stößt in der Debatte, dass das Strafmaß für die Beleidigung von Politiker*innen höher ist als bei normalen Menschen. Bei genauerem Hinsehen ist das aber nachvollziehbar. Denn es macht einen Unterschied, ob man öffentlich unter Zigtausenden Mitleser*innen übel angegangen wird oder einfach über den Gartenzaun. Und es werden Menschen angepöbelt und verunglimpft, die in der Öffentlichkeit, für diesen Staat und die Demokratie stehen. Das hat eine andere Qualität, entsprechend höher muss die präventive Wirkung der Strafandrohung sein. Hier von einem Privileg für Politiker*innen zu sprechen, geht an der Sache vorbei. Weitere Verschärfungen, wie von Teilen der SPD geplant, braucht es aber auch nicht. Ohnehin ließe sich das Problem ganz einfach lösen: mit Mäßigung und Anstand.
 

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.