Politik

Der Militärtransporter A400M, hergestellt von Airbus. (Foto: dpa/Friso Gentsch)

08.04.2022

Branche im Aufwind

Ukraine-Krieg: Wie es um Bayerns Wehrtechnik steht

Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine vollzieht sich in Sachen Verteidigungsfähigkeit ein gesellschaftlicher Wandel. Nicht nur das geplante 100 Milliarden Euro schwere Investitionspaket für die Bundeswehr spricht Bände, auch das plötzliche Hintanstellen pazifistischer Positionen bei den Grünen.

Wie viel der nötigen Wehrgüter gibt es eigentlich hierzulande? Ein Blick auf Bayern zeigt, dass die Rüstungsindustrie gut aufgestellt ist. Allein das in München ansässige Traditionsunternehmen Krauss-Maffei Wegmann (KMW) ist nach eigenen Angaben europäischer Marktführer für hoch geschützte Rad- und Kettenfahrzeuge. Der Kampfpanzer Leopard 2 ist eines der bekanntesten KMW-Produkte. Weltweit verlassen sich die Streitkräfte von über 50 Nationen auf Einsatzsysteme von KMW. Seit 2015 bildet KMW zusammen mit dem französischen Panzerbauer Nexter die KNDS-Holding mit Sitz in Amsterdam. KNDS erzielte 2020 einen Umsatz von 2,4 Milliarden Euro.

Ein weiterer großer Player im bayerischen Rüstungsgeschäft ist das europäische Luft- und Raumfahrtunternehmen Airbus. Der Konzern erzielte 2021 einen Umsatz von 52,1 Milliarden Euro. Davon entfielen 9,2 Milliarden Euro auf das Verteidigungsgeschäft. Hierzu zählen das Kampfflugzeug Eurofighter, der Militärtransporter A400M, militärische Hubschrauber, Satelliten, Satellitendaten oder Cybersecurity.

Auch der Münchner Triebwerkhersteller MTU gehört in den Kreis der Rüstungsunternehmen in Bayern. Das Unternehmen stellt nicht nur Triebwerke für zivile Flugzeuge her, sondern auch militärische Luftfahrtantriebe. Außerdem kümmert es sich um die Instandhaltung der Triebwerke. 2021 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von knapp 4,2 Milliarden Euro.

Ein Drittel der deutschen Rüstungsindustrie ist in Bayern beheimatet

Im weitesten Sinne zur bayerischen Rüstungsindustrie zählt auch Diehl Defence aus dem baden-württembergischen Überlingen. Denn das Unternehmen ist Teil der Diehl-Gruppe aus Nürnberg. Die Diehl-Tochter vom Bodensee erzielte 2021 mit Lenkflugkörpern, Luftverteidigungssystemen und Munition zuletzt einen Jahresumsatz von 630 Millionen Euro.

Mit Blick auf die Wehrtechnik-Branche verweist das bayerische Wirtschaftsministerium auf den Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV). Dieser gibt an, dass in Deutschland rund 200 Hersteller und mehrere Hundert Zulieferbetriebe mit insgesamt 136.000 Beschäftigten tätig sind. Hinzu kommen 273.000 weitere Arbeitsplätze, die durch die Geschäftstätigkeit der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in vor- und nachgelagerten Wirtschaftszweigen abgesichert werden. Bayern bildet dabei ein Zentrum der wehrtechnischen Industrie in Deutschland. Rund ein Drittel der Branche ist dort beheimatet und sorgt für Wertschöpfung und Arbeitsplätze im Freistaat.

Gute und schlechte Jobs?

Damit das so bleibt, fordert Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), dass für Rüstungsunternehmen der Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten gewährleistet ist. Denn die EU will neben der Klima- auch die Sozialverträglichkeit von Investitionen bewerten. Kritiker sehen darin einen Versuch, die Wirtschaft in gut und schlecht zu unterteilen. Sie fürchten schwere Wettbewerbsnachteile für die europäische Industrie. Die IHK für München und Oberbayern betont, dass sich die Banken bereits von der Finanzierung der Wehrtechnik zurückzögen. Das sei eine fundamentale Gefahr für die nationale und europäische Sicherheit.

Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine ist auch die Forderung des BDSV nachvollziehbar, dass die deutsche Öffentlichkeit endlich anerkennen soll, wie wichtig Verteidigungsfähigkeit ist. „Wie die Tragödie der Ukraine belegt, können die Lebensgrundlagen einer Gesellschaft nur auf der Grundlage von Sicherheit und Frieden nachhaltig erhalten werden. Diese aber gibt es nicht zum Nulltarif, sondern nur mittels gut ausgerüsteter Streitkräfte“, sagt BDSV-Hauptgeschäftsführer Hans Christoph Atzpodien.

Unterstützung erhält er von Michael Schoellhorn, dem Vorstandschef von Airbus Defence and Space: „Gut ausgerüstete Streitkräfte sind erforderlich für eine starke Diplomatie und sind ein Garant für Sicherheit – auch das ist nachhaltig.“

Das gesellschaftliche Umdenken hierzulande dürfte dennoch dauern. Die Rüstungsindustrie wurde wegen ihrer Exporte in Länder mit zweifelhafter politischer Führung häufig verurteilt. Hier ist Differenzierung nötig. Völkermord mit deutschen Waffen in anderen Ländern - das darf in keinem Fall möglilch sein. Aber die eigene Freiheit im Ernstfall auch mit Waffen zu verteidigen, muss zulässig sein. Deshalb ist gegen eine Modernisierung der Bundeswehr nichts einzuwenden. Damit das passieren kann, ist vieles nötig. Vor allem muss das sehr langwierige und komplexe Beschaffungswesen vereinfacht und beschleunigt werden.
(Ralph Schweinfurth)

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