Politik

19.09.2019

Brauchen wir in Bayern einen Großelterntag?

In Bayern wird es in Zukunft einmal im Jahr einen "Großelterntag" geben. "Ein wichtiges Signal für alle Großmütter und -väter!", erklärt Bayerns Sozialministerin Kerstin Schreyer. VdK-Vorsitzende Ulrike Mascher dagegen befürchtet, dass er dasselbe traditionelle Familienbild stützt wie der Muttertag. Das aber könne nicht im Sinne einer modernen Generationenpolitik sein.

JA

Kerstin Schreyer (CSU), bayerische Sozialministerin

Ganz klar: Ja, der Großelterntag ist ein wichtiges Signal und eine Wertschätzung für alle Großmütter und -väter! Wir alle kennen aus dem öffentlichen Diskurs die Kritikpunkte an Ehren- und Gedenktagen: Sind sie nicht nur ein Ritual? Geht es nur um Konsum und Kommerz? Nein, denn unsere Großeltern verdienen öffentliche Anerkennung für die besonderen Verdienste, die sie für die Gesellschaft leisten.

Aufgabe der Politik ist die Gestaltung unserer Zukunft. Wir wollen ein gelingendes, lebenswertes Miteinander. Der politische Entscheidungsprozess muss dabei sachlichen, vernünftigen Argumenten folgen und verschiedene Gesichtspunkte sorgsam miteinander abwägen. Das Sozialministerium hat aufgrund der wichtigen Rolle der Großeltern für Familie und Gesellschaft im Jahr 2017 die Studie Generationenübergreifende Zeitverwendung: Großeltern, Eltern, Enkel beim Deutschen Jugendinstitut in München, einer renommierten Forschungseinrichtung, in Auftrag gegeben. Großeltern haben nach dieser Studie einen großen Stellenwert in der Familie. Oftmals übernehmen sie wichtige Aufgaben des Familienlebens, wie beispielsweise regelmäßige Kinderbetreuung. Großeltern geben ihr Wissen und ihre wertvollen Lebenserfahrungen an die nächste und übernächste Generation weiter. In vielen Familien würde die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ohne Oma und Opa gar nicht funktionieren. Ihre Bedeutung für unsere Gesellschaft kann daher nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Mit der aktiven Generationenpolitik der Staatsregierung wird in Bayern die Verbundenheit von jüngeren und älteren Menschen neu belebt. Durch Wertschätzung und Anerkennung fördern wir eine neue Generationenkultur. Ein eigener Tag zu Ehren der Großeltern hebt deren Leistung und die Verdienste für alle Generationen öffentlich besonders hervor. Gleichzeitig wird damit eine generationenbewusste Haltung in der Gesellschaft gefördert. Deswegen feiern wir mit Freude künftig an jedem zweiten Sonntag im Oktober den Großelterntag.

NEIN

Ulrike Mascher, Vorsitzende des Sozialverbands VdK Bayern

Großeltern sind etwas Wunderbares und verdienen alle Anerkennung. Ich glaube allerdings nicht, dass die Omas und Opas in Bayern bisher einen Großelterntag vermisst haben. Im besten Falle ist dieser Beschluss der Staatsregierung reine Symbolpolitik. Zu befürchten ist jedoch, dass ein solcher Tag eine andere Wirkung entfaltet. Letztlich stützt er dasselbe traditionelle Familienbild, das auch dem Muttertag anhaftet. Und das kann nicht im Sinne einer modernen Generationenpolitik sein.

Wenn die Enkelkinder kommen, sind Großeltern statistisch gesehen mit 53 Jahren noch mitten im Erwerbsleben. Die eigene Berufstätigkeit ist gerade für Frauen entscheidend, denn auf diese Weise erwerben sie wichtige Rentenansprüche. Was nicht der Fall ist, wenn sie sich in die Familienarbeit für die Enkelkinder stürzen. Dafür gibt es nämlich leider keinen einzigen Punkt aufs Rentenkonto. Das macht auch der schönste Großelterntag nicht wett.

Kein Zweifel, die meisten Großeltern helfen ihren Kindern und Enkeln ganz selbstverständlich. Doch Großeltern dürfen keine Lückenbüßer sein, weder für mangelnde Kita-Angebote in Bayern noch für mangelnde finanzielle Ausstattung von Familien. Ein Großelterntag birgt aber die Gefahr, dass sich genau diese Erwartungen im gesellschaftlichen Bewusstsein festsetzen. Nach dem Motto: Gut, dass es Oma und Opa als mobile Reserve gibt. Dafür klopfen wir ihnen einmal im Jahr auf die Schulter.

Doch jeder Mensch im Großeltern-Alter hat das gute Recht, sein Leben auch ohne solche Verpflichtungen zu führen, ohne dass ihn ein mehr oder weniger stiller Vorwurf der Gesellschaft trifft. Gefragt ist aus Sicht des Sozialverbands VdK eine Politik, die das Zusammenleben der Generationen fördert. Dazu gehören beispielsweise bezahlbare Mieten, die Förderung der Berufstätigkeit jenseits 50plus, gute Schulen mit Ganztagsbetreuung und gemischte Wohnformen. Oma und Opa passen dann sicherlich weiterhin gerne auf die Enkelkinder auf – ganz entspannt und ganz freiwillig.

Kommentare (1)

  1. Polemiker am 25.09.2019
    Macht doch endlich den Mittwoch so heilig, dass man 3 Tage davor und 3 Tage danach nicht arbeiten darf. Schwupps, alle Probleme gelöst!!!

    PS:
    Frau Schreyer, falls es Ihnen noch nicht aufgefallen sein sollte: Die Wertschätzung, der Jüngeren den Älteren gegenüber, wurde von den Alt-68ern abgeschafft. Jetzt bestimmen deren Kinder und Enkel, das wird nichts mehr.
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