Politik

Seit Jahren werden in vielen Städten Luftverschmutzungs-Grenzwerte nicht eingehalten. Als Hauptverursacher gelten Diesel-Autos. (Foto: dpa)

27.02.2018

Bundesverwaltungsgericht erlaubt Diesel-Fahrverbote

Schmutzige Diesel könnten bald aus Städten mit dicker Luft verbannt werden. Das Bundesverwaltungsgericht hält Fahrverbote für zulässig. Es betont aber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Das Bundesverwaltungsgericht hält Diesel-Fahrverbote in Städten nach geltendem Recht für grundsätzlich zulässig. Die beklagten Städte Düsseldorf und Stuttgart müssten aber ihre Luftreinhaltepläne auf Verhältnismäßigkeit prüfen, urteilte das Gericht in Leipzig am Dienstag. Revisionen gegen Urteile der Vorinstanzen wurden zurückgewiesen.

Das Urteil sieht zudem Übergangsfristen und eine phasenweise Einführung von Fahrverboten vor. In Stuttgart seien Fahrverbote nicht vor dem 1. September 2018 möglich. Außerdem solle es Ausnahmeregelungen etwa für Handwerker geben. Es gebe aber keine finanzielle Ausgleichspflicht. "Gewisse Wertverluste sind hinzunehmen", sagte der Vorsitzende Richter Andreas Korbmacher. Die zuständigen Landesbehörden hätten es in der Hand, einen "Flickenteppich" zu verhindern.

Die Verwaltungsgerichte in Stuttgart und Düsseldorf hatten entschieden, Luftreinhaltepläne müssten verschärft werden - dabei seien auch Fahrverbote in Betracht zu ziehen. Die Landesregierungen von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen argumentierten dagegen, es brauche eine neue bundesweite Rechtsgrundlage. Diese Auffassung wiesen die Richter in Leipzig nun zurück.

Städte fordern die blaue Plakette

Seit Jahren werden in vielen Städten Luftverschmutzungs-Grenzwerte nicht eingehalten. Dabei geht es um Stickoxide, die unter anderem Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auslösen oder verschlimmern können. Der Verkehr, darunter vor allem Dieselautos, macht in Städten nach Angaben des Umweltbundesamts mehr als 60 Prozent der Belastung aus. Für die Einhaltung von Grenzwerten, die seit 2010 gelten, laufen seit Jahren Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Auch die Verfahren in Düsseldorf und Stuttgart gingen auf DUH-Klagen zurück.

Deutschland hat wegen der Luftverschmutzung in Städten auch Ärger mit der EU. Die EU-Kommission hatte die bisherigen Anstrengungen für bessere Luft als nicht ausreicheichend kritisiert und die schnellstmögliche Einhaltung der Grenzwerte gefordert - andernfalls droht eine Klage gegen Deutschland beim EuGH.

Das Stuttgarter Gericht hatte Fahrverbote für Dieselautos dabei als "effektivste" Maßnahme bezeichnet. Das Düsseldorfer Gericht urteilte, Fahrverbote müssten "ernstlich geprüft" werden. Die Bundesländer wiederum argumentieren, es gebe Rechtsunsicherheiten, und es fehle eine bundesweit einheitliche Regelung.

Am Wochenende war bekannt geworden, dass die Bundesregierung noch in diesem Jahr über die Straßenverkehrsordnung eine neue Rechtsgrundlage für Kommunen schaffen will, um Fahrverbote für einzelne Straßen zu erlassen. Die Städte fordern stattdessen eine bundesweit einheitliche Regelung wie eine "blaue Plakette" für relativ saubere Autos, mit der Fahrverbote sich auch einfacher kontrollieren ließen. Die Bundesregierung lehnt die Einführung einer solchen Plakette bisher ab.
(dpa)

Kommentare (2)

  1. alexander p. am 28.02.2018
    Kostenloser ÖPNV wäre schon toll. Allerdings bei uns im Dachauer Hinterland oft sehr spärlich gesät und deshalb oft nicht praktikabel. Vor allem wenn man einen Job hat der früh anfängt oder spät aufhört. Teilweise fahren bei uns Busse nur zweimal am Tag gewisse Ortschaften an. Am Wochenende gar nicht. Also, muss das Auto herhalten.

    Das Pendeln zum S-Bahnparkplatz ist für viele auch totaler Schwachsinn. Man zahlt ein Jahresabo für P+R. Aber wer zu spät kommt kann im Acker parken weil alles überfüllt ist. Also, mit dem Auto in die Arbeit.

    Die einfachste Lösung: Die Automobilindustrie muss kostenlos die saubere Hardwarelösung bei jedem Diesel nachrüsten (Kat mit AdBlue-Einspritzung!, nicht die schwindlige Softwarelösung!). Ausnahmslos. Bei den Milliardengewinnen nach Steuern doch wirklich nicht schlimm. Dann brauchts keine zusätzliche Plakette, keine neuen Gesetze für Fahrverbote, keine neuen Schilder, keine Umweltzonen, keine Kontrollen (außer bei der zweijährigen AU + HU) und jeder darf mit seinem alten Auto weiterdieseln.

    Da die Autoindustrie ja offensichtlich die Menschen und die Politik betrogen hat (s. Urteile aus USA) kann ich nicht nachvollziehen, warum wir Bürger die Suppe jetzt wieder auslöffeln bzw. bezahlen sollen. Aber bei den derzeitigen wirtschaftshörigen Politikern und einer an Arroganz fast erstickenden Autoindustrie wundert mich nix mehr.

    Der Richterspruch?! Ist zu vernachlässigen. Zumindest haben ja schon einige Personen aus der Politik etc. verkündet, dass sie den RICHTERSPRUCH!(Halloooo?!?!?) nicht beachten werden. Ade deutsche Rechtsprechung. Aber wen wundert´s. Heute wird viel lieber alles totdiskutiert als dass man eine klare richterliche Anweisung ausführt. Ein Bruch der Rechtsprechung gehört mittlerweile zum guten Ton.......
  2. rustyoldguy am 27.02.2018
    Praktisch nur begrenzt machbar!

    Bei begrenzter Anwendung auf Privat-Fahrzeuge denkbar. Aber was ist mit den ganzen Fuhrparks der Firmen, praktisch alle Fahrzeuge sind da mit Diesel-Motoren ausgestattet. Ebenso wie Sanitätskraftwagen für Krankenhäuser. Erst recht fragt man sich, was dann mit den Streufahrzeugen, Räumfahrzeugen und den anderen Fahrzeugen, welche in den Diensten der Gemeinden stehen dann passieren soll. Praktisch gesehen ist der Dieselmotor nicht mehr weg zu denken. Man sollte sich auch Gedanken machen, ob der Verbrennungsmotor als solches nicht schon an der Grenze seiner Entwicklungsmöglichkeiten angelangt ist. Besser wäre es, den öffentlichen Nahverkehr kostenlos Pendlern zu Verfügung zu stellen. Nicht nur in den Großstädten. Aber genau betrachtet, stellt dies das ganze Konzept des Individualverkehrs in Frage.
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