Politik

De Maizière will bei der ärztlichen Schweigepflicht die Möglichkeiten ausdehnen, dass Mediziner die Behörden über mögliche Straftaten ihrer Patienten rechtzeitig informieren können. (Foto: dpa)

10.08.2016

CDU und CSU rütteln an der ärztlichen Schweigepflicht

Nach den Anschlägen in Bayern übersät die Union die Republik mit Ideen, was alles strenger werden soll. Manches ist allerdings kaum mehr als ein ferner Wunsch

Eigentlich sollte es um die Polizei gehen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) besucht in Bremen das Polizeipräsidium und die Inspektion der Bundespolizei. Doch es kommen am Mittwoch bohrende Nachfragen nach ganz anderen Dingen: Arzt-Schweigepflicht, Doppelpass, Burka-Verbot. An diesem Donnerstag will de Maizière in Berlin ein neues Sicherheitspaket vorstellen - als Reaktion auf die jüngsten Anschläge und die allgemeine Terrorgefahr. Teile davon sind schon durchgesickert. Noch dazu macht ein Papier der Länderinnenminister von CDU und CSU die Runde, das es in sich hat. Der Aufschrei ist groß. De Maizière gibt sich zugeknöpft. Nein, zu seinem Sicherheitspaket könne und wolle er noch nichts sagen, spricht er im Innenhof des Bremer Polizeipräsidiums in die Kameras. «Die Meldungen von heute sind Meldungen von heute, die nicht übereinstimmen müssen mit dem, was ich morgen vortrage.» Und das Papier der Unions-Innenminister? «Nein. Auch dazu will ich nichts sagen.» Das seien ja erst Entwürfe. Nur so viel: «Ich bin nicht mit allen Punkten einverstanden.» Union und SPD laufen sich mit dem Thema innere Sicherheit für den Wahlkampf warm. Seit Tagen streiten sie über die Ausstattung der Bundespolizei. Die Anschläge von Ansbach und Würzburg haben eine Sicherheitsdebatte ausgelöst, wie sie nach solchen Attacken immer kommt. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte sich nicht untätig in den Sommerurlaub verabschieden, sondern stellte vorher noch eilig einen Neun-Punkte-Plan für mehr Sicherheit vor - mit viel Altbekanntem. Auf den soll nun de Maizières Paket aufbauen. Ein paar Punkte daraus machen vorab die Runde. Ein Aufreger darin: De Maizière will bei der ÄRZTLICHEN SCHWEIGEPFLICHT die Möglichkeiten ausdehnen, dass Mediziner die Behörden über mögliche Straftaten ihrer Patienten rechtzeitig informieren können. Den Attentäter von Ansbach hatte ein Therapeut vorher in einem Gutachten als suizidgefährdet eingestuft und einen spektakulär in Szene gesetzten Selbstmord für möglich gehalten. Das blieb allerdings ohne Folgen. Aber braucht es eine Änderung an dieser Stelle? Schon heute können sich Mediziner über ihre Schweigepflicht hinwegsetzen, etwa zur Abwendung schwerer Verbrechen oder bei Gefahr für Leib und Leben. Sie können das, in bestimmten Fällen müssen sie es sogar. Die Bundesärztekammer warnt davor, sich wegen der angespannten Sicherheitslage nun zu vorschnellen politischen oder gar rechtlichen Änderungen verleiten zu lassen. Parallel dazu taucht ein Papier der Unions-Innenminister auf. Der Entwurf für eine «Berliner Erklärung». Die Ressortchefs wollen sich in einer Woche in der Hauptstadt treffen - mit de Maizière als Gast. In dem sechsseitigen Vorbereitungspapier sind gut zwei Dutzend Forderungen aufgelistet - zum Großteil auch nicht neu: mehr Polizisten, Videoüberwachung, härtere Strafen für Angriffe auf Beamte, strengere Vorgaben für Abschiebungen, eine Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung.

Ein paar besonders strittige Punkte:

ABSCHIED VON DER DOPPELTEN STAATSBÜRGERSCHAFT: Die Regelung, die Rot-Grün damals einführte und die schwarz-rote Koalition nach einigem Gezerre ausweitete, soll nach dem Willen der Unions-Länderinnenminister verschwinden. Politisch ist das nicht durchsetzbar. Die SPD macht sofort klar, dies sei mit ihr nicht zu machen. Auch die Vize-Sprecherin der Bundesregierung räumt das sofort ab: Eine Änderung beim Doppelpass sei nicht geplant. BURKA-VERBOT: Eine Vollverschleierung wollen die Länder-Ressortchefs laut Entwurf untersagen - und für Verstöße Sanktionen einführen. Auch das wurde schon ausgiebig diskutiert. Rechtlich ist der Vorstoß heikel, mehrheitsfähig ist er nicht. Einige Vorschläge haben also keine Chance auf eine Umsetzung. Das Papier ist auch nicht mal beschlossen. Alleine können die Länderinnenminister ohnehin nichts in Gang setzen. Es ist vorerst eher als sicherheitspolitischer Wunschzettel zu verstehen. Und sogar de Maizière macht klar, dass er von einigen Ideen seiner Länder-Kollegen nichts hält. Die Empörung ist trotzdem enorm. Die Linke spricht von einem «Anschlag und die Demokratie» und von einer «Trumpisierung der deutschen Sicherheitspolitik», die Grünen nennen die Vorschläge «verantwortungslos und schäbig». Die Vorstöße werden dabei alle in einen Topf geworfen, alles geht munter durcheinander. Bei seinem großen Auftritt am Donnerstag wird de Maizière Fragen zu all dem nicht mehr ausweichen können. (Christiane Jacke, dpa)

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