Politik

10.07.2025

"Chance vertan": Bayern hat ein neues Ladenschlussgesetz

Auch nach einer lange diskutierten Novelle bleibt Bayern bei den bundesweit mit strengsten Ladenöffnungszeiten bis 20 Uhr. Gewerkschaften gehen die Regelungen trotzdem zu weit, die Opposition beklagt, die Lebensrealität der Menschen nicht ausreichend berücksichtigt zu haben

Wer in Bayern nach 20.00 Uhr einkaufen möchte, hat es weiterhin schwer. Der Landtag beschloss zwar eine Novelle des bisherigen Ladenschlussgesetzes - jedoch wird auch darin an den im Bundesvergleich mit strengsten Ladenöffnungszeiten festgehalten. CSU und Freie Wähler stimmten mit ihrer Mehrheit im Parlament für den Antrag, die SPD stimmte dagegen, Grüne und AfD enthielten sich. Das neue Gesetz soll ab August gelten.

„Wir schlagen keine Revolution vor, wohl aber eine durchdachte und angemessene Weiterentwicklung“, sagte CSU-Politiker Thomas Huber. Man schaffe einen flexiblen Rahmen, der vor Ort mit Leben gefüllt werden könne. Das neue Gesetz bringe das Ladenschlussrecht auf die Höhe der Zeit und tue dies ohne Ideologien, ohne Extreme und ohne Schablonen, so Huber. Die Freien Wähler lobten das Gesetz als großen Gewinn für Kommunen, Einzelhandel und Nahversorgung.

Kritik von Grünen und SPD

Die Grünen kritisierten, dass im Gesetz Möglichkeiten für die Umsetzung innovativer Konzepte fehlten und die sei. Die SPD sorgte sich um den Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie den lokalen Einzelhandel.

Was bleibt, was ist neu? Das meiste bleibt wie gehabt, einige Lockerungen gibt es aber: Kommunen dürfen künftig acht lange Einkaufsnächte pro Jahr anbieten und brauchen dafür auch keinen besonderen Anlass. Sogenannte digitale Kleinstsupermärkte ohne Personal und mit maximal 150 Quadratmetern Verkaufsfläche dürfen künftig durchgängig öffnen, auch sonntags. Und: Händler dürfen zusätzlich individuell an vier Werktagen pro Jahr länger als 20.00 Uhr aufsperren.

Für Sonntage bleibt es dabei: Verkaufsoffene Sonn- und Feiertage werden wie bisher viermal pro Jahr zugelassen – und wie bisher auch nur anlassbezogen. Der Start ist noch offen. Bislang galt in Bayern ein Bundesgesetz über den Ladenschluss aus dem Jahr 1956, bei diesem habe es laut Gesetzesentwurf nun aber Anpassungsbedarf gegeben.

Gewerkschaft warnt

"Das neue Gesetz belastet vor allem die Beschäftigten im Einzelhandel – in Bayern sind das rund eine halbe Million Menschen, über 70 Prozent davon Frauen“, warnt Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern. „Statt ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern, schafft der Gesetzgeber neue Öffnungsmöglichkeiten, die Erholung und Planbarkeit im Alltag weiter erschweren.“

Vor allem die neuen Möglichkeiten für Kommunen, lange Einkaufsnächte und zusätzliche Öffnungstage ohne Anlass zu genehmigen, verschärfe die Situation. Noch gravierender seien die Neuregelung, dass Tourismus-, Ausflugs- und Wallfahrtsorte künftig selbst entscheiden dürfen, ob Geschäfte an bis zu 40 Sonn- und Feiertagen im Jahr öffnen. „Das ist ein Freifahrtschein für Sonntagsarbeit – mit Ansage“, so Stiedl.

Für die Beschäftigten bedeutet das aus seiner Sicht: mehr Druck, weniger Freizeit und ein weiterer Angriff auf den gemeinsamen Ruhetag. „Der Schutz des Sonntags ist kein romantisches Relikt, sondern Ausdruck von Respekt vor den Menschen, die den Laden – im wahrsten Sinne – am Laufen halten. Dieses Gesetz gefährdet genau das – und zeigt einmal mehr, wie wirtschaftliche Interessen über das Wohl der Beschäftigten gestellt werden“, sagt Stiedl.

Für die FDP gehen die Regelungen hingegen nicht weit genug: "Statt eines Befreiungsschlags für Händler, Arbeitnehmer und Kunden liefert die Staatsregierung nur kosmetische Korrekturen", sagt der bayerische FDP-Vorsitzende Michael Ruoff. Bayern werde nach wie vor eine der strengsten Ladenschlusszeiten in ganz Europa haben. "Während der Online-Handel 24/7 seine Waren verkauft, muss der Einzelhändler von nebenan sein Geschäft um Punkt 20 Uhr schließen. Damit ignorieren CSU und Freie Wähler die Lebensrealität der Menschen und ihren Wunsch nach mehr Flexibilität." (loh/dpa)

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