Politik

29.07.2022

Corona-Isolationspflicht: Mehr Normalität wagen

Ein Kommentar von Waltraud Taschner

Coronapositiv zur Arbeit? Was zunächst gruselig klingt, ist in vielen europäischen Ländern Normalität. In Spanien zum Beispiel, in Frankreich oder der Schweiz. Dort müssen sich Infizierte nicht mehr isolieren. Auch Österreich, das in der Vergangenheit durch besonders strenge Corona-Regeln aufgefallen war, schafft die Isolationspflicht nun ab. In Deutschland wurde dies im Frühjahr ebenfalls diskutiert: Ausgerechnet Bundesgesundheitsminister Lauterbach hatte das Ende der Zwangsisolation für Coronapositive damals in Aussicht gestellt. Dass es dennoch nicht so weit kam, lag an der riesigen Empörungswelle, die dem Epidemiologen Lauterbach entgegengeschwappt war. Der Minister stellte seine Argumente – die er ja gehabt haben muss – zurück.

Jetzt, zweieinhalb Monate später, ist es Lauterbach, der sich nicht genug entrüsten kann über den Vorschlag des Kassenärztechefs und der FDP, die Isolationspflicht zu canceln. Die Idee sei „wissenschaftswidrig“ – so Lauterbach über den Plan, den er selbst in die Tat hatte umsetzen wollen.

Tatsächlich stellten Fachleute der TU Berlin dieser Tage eine Studie vor, wonach der Großteil der Deutschen Immunität aufgebaut hat – „durch Impfungen, Infektionen und eine Kombination aus beidem“. Dies erlaube eine weniger restriktive Politik. Warum also die Isolationspflicht nicht zumindest für diejenigen abschaffen, die nicht in Kliniken arbeiten? Fest steht, dass in Ländern, die den Isolationszwang komplett gecancelt haben, kein Katastrophenszenario eingetreten ist.

Wer gesundheitliche und ökonomische Fragen im jetzigen Stadium der Pandemie abwägt, ist kein Unmensch

Katastrophal ist die Lage dagegen in vielen Betrieben: Es ist kaum mehr Personal da, das die Arbeit macht, weil ein positiver Test auch symptomfreie Leute daheim festhält. Wie lange die Wirtschaft das noch aushält, ist eine Frage, die Lauterbach wenig, betroffene Firmen aber stark interessiert. Etliche Unternehmen haben die Maßnahmen der Pandemie nicht überlebt, die Perspektive der verbliebenen hängt häufig am seidenen Faden. Wer gesundheitliche und ökonomische Fragen im jetzigen Stadium der Pandemie abwägt, ist kein Unmensch.

Ja: Mehr Normalität ist möglich und nötig, mehr Eigenverantwortung ebenso. Darüber muss man endlich reden. Zur Abwechslung mal sachlich.

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