Politik

CSU-Chef Markus Söder wertete das Europawahlergebnis als klares Votum gegen die amtierende Bundesregierung. Gleichzeitig fordert seine Partei eine offene Diskussion über die Kanzlerkandidatur innerhalb der Union. (Foto: dpa/Silas Stein)

10.06.2024

CSU will K-Frage neu stellen

Nach dem Wahlgang am Sonntag müssen die Parteien ihre Schlüsse aus dem Wählervotum bei der Europawahl ziehen. Die CSU hat bereits klare Vorstellungen

Nach dem klaren Sieg der CSU bei der Europawahl müssen die politischen Parteien in Bayern den Wahlausgang analysieren und erste Konsequenzen aus dem Wahlausgang ziehen. Die CSU, mit 39,7 Prozent nur wenig unterhalb ihres Ergebnisses von 2019 gelandet, forderte bereits eine offene Debatte über eine Kanzlerkandidatur. Der Fraktionschef der CSU im bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, sagte der "Augsburger Allgemeinen" (Montagausgabe). "Ich glaube, dass die Diskussion über den Kanzlerkandidaten noch einmal kommt."

Zuletzt hatte CSU-Chef Markus Söder betont, er sehe den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz in der Favoritenrolle für die Kanzlerkandidatur der Union. "Natürlich ist ein CDU-Vorsitzender immer der Favorit", hatte der CSU-Chef dem Bayerischen Rundfunk gesagt, nachdem Merz im Mai auf dem CDU-Parteitag mit annähernd 90 Prozent als Parteichef bestätigt worden war. Allerdings hat Söder die im Vergleich zu Merz deutlich besseren Umfragewerte - sowohl beim eigenen Anhang als auch in der Gesamtbevölkerung. 

Bundesweit kam die CSU Hochrechnungen zufolge auf 6,4 Prozent der Stimmen. In der Partei keimten Hoffnungen auf, die Zahl der Sitze im Europaparlament von derzeit sechs auf sieben steigern zu können.

Auf den weiteren Plätzen folgten nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis in Bayern die AfD mit 12,6 Prozent (2019: 8,5 Prozent) vor den Grünen mit 11,8 Prozent der Stimmen (2019: 19,1 Prozent) im Freistaat.

Union auch bundesweit vorn

Auch bundesweit betrachtet hat die Union die Europawahl mit großem Abstand gewonnen - vor der AfD, die zweitstärkste Kraft wurde. Wie die Bundeswahlleiterin am frühen Montagmorgen nach Auszählung aller 400 Kreise auf ihrer Homepage mitteilte, legten CDU und CSU zusammen auf 30,0 Prozent zu. Die AfD verbesserte sich deutlich auf 15,9 Prozent.

Von den in Berlin regierenden Koalitionsparteien fiel die SPD auf 13,9 Prozent und damit ihr schlechtestes Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl zurück, die Grünen stürzten noch stärker ab auf 11,9 Prozent, die FDP erlitt mit 5,2 Prozent leichte Einbußen. Das neu gegründete linke Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kam aus dem Stand auf 6,2 Prozent, die Linke auf 2,7 Prozent. Auch die Parteien Freie Wähler, Volt, Die Partei, ÖDP, Tierschutzpartei und Familienpartei errangen Mandate.

Söder: Klares Votum gegen die Bundesregierung

CSU-Chef Markus Söder wertete das Europawahlergebnis als klares Votum gegen die amtierende Bundesregierung. "Die Ampel ist de facto von den Bürgerinnen und Bürgern abgewählt worden", sagte Söder am Sonntagabend in München. "Diese Regierung ist im Grunde genommen fertig. Und es muss jetzt ähnlich wie in Frankreich sein: Da hat es Neuwahlforderungen gegeben, da gibt es Neuwahlen durch Macron", so legte Söder am Montagmorgen gegenüber dem Sender n-tv nach. Das gelte nun auch für Deutschland: "Es braucht einen Neustart für unser Land. Die Ampel hat kein Mandat mehr, hat kein Vertrauen mehr in der Bevölkerung. Deswegen sollte es jetzt so rasch wie möglich Neuwahlen geben."

Söder warnte die Ampel, einfach so weiterzumachen. "Das ist ein schwerer demokratischer Fehler, wenn das passiert. Denn eine Regierung, die so ohne Unterstützung ist, so ohne Legitimation, die kann ja auch nichts mehr durchsetzen, gerade in einem Jahr vor einer Wahl sowieso nicht", sagte Söder. Er betonte: "Es wäre besser, es würde dieses Traumspiel endlich beendet werden. Das wäre der letzte große Dienst, den (Kanzler) Olaf Scholz den Deutschen erweisen könnte. Gerhard Schröder hatte damals den Mut, das zu tun. Olaf Scholz sollte das auch tun." 

Der damalige Bundeskanzler Schröder (SPD) hatte 2005 die Vertrauensfrage gestellt. Die Abstimmung im Bundestag verlor er, und es kam zu Neuwahlen. Die Union wurde stärkste Kraft und Angela Merkel (CDU) in der Folge Bundeskanzlerin.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte nach der krachenden Niederlage seines Mitte-Lagers am Sonntagabend angekündigt, die Nationalversammlung aufzulösen. Neuwahlen in zwei Wahlgängen sollen am 30. Juni und 7. Juli noch vor dem Start der Olympischen Spiele in Paris abgehalten werden. 

Söder beklagte auch, dass das nationale AfD-Ergebnis - und das trotz der Skandale der Partei - zu hoch sei. Das bleibe ein "harter Arbeitsauftrag". Zum Ergebnis der Freien Wähler sagte Söder, die nationalen und europäischen Träume der Partei seien geplatzt und beendet: Diese werde weder in Europa noch in Deutschland etwas bewegen. Die Freien Wähler sollten sich besser aufs Land und die Kommunen konzentrieren. Der CSU-Spitzenkandidat bei der Europawahl, Manfred Weber, bezeichnete das Abschneiden seiner Partei am Sonntag als "tolle Leistung". Er kündigte ein "bürgerliches Europa" an.

Freie-Wähler-Parteichef Hubert Aiwanger begrüßte, dass seine Partei künftig einen dritten Abgeordneten nach Brüssel schicken können wird. "Nach obenhin ist natürlich immer Luft, aber ich bin ja schon froh, dass wir nicht verloren haben", sagte Aiwanger am Sonntagabend im Bayerischen Rundfunk. "Viele andere müssen Wunden lecken. Wir können feiern."

Zur Europawahl waren in Bayern bis zu 10,4 Millionen Menschen aufgerufen. Darunter sind rund 220.000 16- und 17-Jährige, die nach der Absenkung des Wahlalters erstmals mitwählen dürfen. Neben 9,57 Millionen Deutschen waren auch etwa 822.000 Personen mit einer anderen EU-Staatsangehörigkeit zur Wahl in Bayern berechtigt. (Michael Donhauser, Christoph Trost, Frederick Mersi, Niklas Treppner, dpa)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Soll das Gesetz für mehr Barrierefreiheit gelockert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
X
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.