Politik

Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising. (Foto: dpa/Sven Hoppe9

03.02.2022

Marx: Priester sollten heiraten dürfen

Der Münchner Kardinal stellt das Zölibat in Frage. Wirklich revolutionär sei das aber gar nicht, meint ein Kirchenrrechtler

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat sich für die Abschaffung des Pflichtzölibats ausgesprochen. "Es wäre besser für alle, die Möglichkeit für zölibatäre und verheiratete Priester zu schaffen", sagte Marx der Süddeutschen Zeitung. "Bei manchen Priestern wäre es besser, sie wären verheiratet. Nicht nur aus sexuellen Gründen, sondern weil es für ihr Leben besser wäre und sie nicht einsam wären. Diese Diskussionen müssen wir führen."

Marx bezeichnete die zölibatäre Lebensform als "prekär". Auf die Frage, ob er einen Zusammenhang zwischen dem Zölibat und dem sexuellen Kindesmissbrauch sehe, antwortete Marx, pauschal könne man das nicht sagen. "Aber diese Lebensform und dieses Männerbündische ziehen auch Leute an, die nicht geeignet sind, die sexuell unreif sind. Und Sexualität gehört eben zum Menschen dazu, das geht auch nie vorüber." Die katholische Sexualmoral habe "viele Verklemmungen erzeugt".

Frauen im Pristeramt? Darauf gibt Marx keine eindeutige Antwort

Die SZ fragte Marx auch, ob er für Frauen als Priesterinnen sei. Eine klare Antwort gab er aber nicht. "Ich kann das noch nicht beantworten. Das wäre auch nicht hilfreich, es jetzt zu beantworten, weil es gerade dazugehört, dass wir im Gespräch bleiben. Ich bin nicht nur einer, der eine Meinung hat, sondern ich muss auch den Laden zusammenhalten."

Die Forderung nach einer Abschaffung des Pflichtzölibats für katholische Priester ist nach Einschätzung des Kirchenrechtlers Thomas Schüller nicht revolutionär. "Das ist überhaupt nicht ketzerisch oder revolutionär", sagte Schüller der Deutschen Presse-Agentur. Vielmehr beschreibe Marx nur, was in der Geschichte der katholischen Kirche lange Zeit gängige Praxis gewesen sei. "Von daher riskiert Kardinal Marx mit seinen Äußerungen zum Zölibat nichts, sondern wiederholt gefahrenfrei für den Fortbestand seiner kirchlichen Karriere eine bereits von vielen Katholiken immer wieder geforderte Rückkehr zu einer in der Geschichte der katholischen Kirche lange Zeit bewährten Praxis."

Pflichtzölibat wurde erst nach der Reformation eingeführt

Schüller sagte, Versuche zur Einführung des Pflichtzölibats habe es schon im Mittelalter gegeben, doch habe sich die Kirche damit lange nicht durchsetzen können. Erst nach der Reformation im 16. Jahrhundert habe die Kirche die verpflichtende Ehelosigkeit der Priester dann verbindlich festgelegt und spiritualisiert, um sich gegenüber dem Protestantismus abzugrenzen. "Der Pflichtzölibat ist kein Glaubenssatz, sondern eine disziplinäre Norm und kann geändert werden, ohne in den Glaubensschatz der katholischen Kirche einzugreifen", sagte Schüller, der das Institut für Kanonisches Recht an der Universität Münster leitet.

Zu dem emeritierten Papst Benedikt, der vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, zu einer Entschuldigung aufgefordert wurde, sagte Marx im SZ-Interview: "Ich will jetzt nicht über die Medien eine Forderung stellen, sondern eine Hoffnung äußern. Dass er sich, so wie angekündigt, umfassend äußert. Und dass die Erklärung auch ein gutes Wort der Anteilnahme mit den Betroffenen enthält."

Gutachter der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl hatten Benedikt Fehlverhalten im Umgang mit Missbrauchstätern in seiner Zeit als Münchner Erzbischof von 1977 bis 1982 vorgeworfen. Benedikt, ehemals Kardinal Joseph Ratzinger, wies das zurück und rechtfertigte sich in einer langen Verteidigungsschrift. In einem wesentlichen Punkt musste er später aber eine Falschaussage einräumen. Er hat angekündigt, sich demnächst noch einmal ausführlicher zu dem Gutachten äußern zu wollen.
(dpa)

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