Ein eigene Immobilie: Für die meisten Familien in der Nähe von Ballungsräumen bleibt das ein unerfüllbarer Traum. Damit der zumindest für einige näher rückt, hat Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) jetzt ein Konzept ausgegraben, das von 1996 bis 2005 schon mal galt: das Baukindergeld.
Geplant ist, dass der Bund Familien, die ein Eigenheim erwerben wollen, das aber finanziell nicht stemmen können, unterstützt werden. Eltern von drei Kindern beispielsweise können auf diese Weise bis zu 20 000 Euro Förderung erhalten, wenn ihr Jahreseinkommen 70 000 Euro nicht überschreitet.
Viel ist das nicht, wenn man bedenkt, dass eine Dreizimmerwohnung im Raum München 500 000 Euro und mehr kostet. Etwas anders funktionieren die Einheimischenmodelle der Kommunen, die ortsansässigen Familien günstige Grundstücke zur Verfügung stellen. Doch auch sie wenden sich an Familien, die nicht zu den wirklich Bedürftigen zählen. „Großen Druck nehmen Einheimischenmodelle nicht raus“, sagt etwa Alois Hingerl (SPD), Bürgermeistervon Poing (Landkreis Ebersberg). Er rechnet vor: Via Einheimischenmodell zahlen Familien in Poing für den Quadratmeter Baugrund 476 Euro statt 1000 Euro. Allerdings müssten die Berechtigten immer noch die hohen Baukosten für das Haus tragen.
Skeptische Kommunalpolitiker
Das Wohnen wird in immer mehr Gegenden immer teurer. „In einem Drittel Bayerns haben wir inzwischen Hochpreislagen mit Zuzugsdruck“, sagt Matthias Simon vom Bayerischen Gemeindetag. In all diesen Regionen gebe es Einheimischenmodelle. Wobei um diese Streit mit der EU-Kommission herrscht, die darin eine unerlaubte Beihilfe sieht. „Bis Frühjahr/Sommer 2017 werden wir uns aber mit der Kommission geeinigt haben“, hofft Simon.
Laut bayerischem Innenministerium gibt es im Freistaat zirka 220 Gemeinden, die von 1975 bis 2013 Einheimischenmodelle praktiziert haben. Im Schnitt seien pro Jahr rund 100 Grundstücke im Rahmen von Einheimischenmodellen bebaut worden. In ganz Bayern. Viel ist das nicht.
In Nürnberg wiederum gibt es das Progamm „100 Häuser für 100 Familien“ Es ist nicht auf Einheimische begrenzt. „Sondern es können alle, die in Nürnberg wohnen, gefördert werden“, erläutert Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD). 60 bis 70 derartige Förderungen erfolgten pro Jahr. Der Zuschuss beträgt 10 000 Euro und erhöht sich um jeweils 3000 Euro für das zweite und jedes weitere Kind. „Wir unterstützen damit Familien, die gerade so das nötige Eigenkapital zusammenkratzen können, um sich eine Immobilie zu kaufen“, so Maly. Er begrüßt das Hendricks’sche Familienbaugeld, da es „ziemlich genau“ dem Nürnberger Programm entspricht und für zusätzlichen Wohnraum sorgt.
Auch Einheimischenmodelle nützen nur wenigen
Auch die Landeshauptstadt bietet ein Einheimischenmodell an. Es bietet vor allem familiengerechte Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen, gelegentlich auch Reihenhäuser. Im Zentrum steht ein verbilligter Grundstückspreis. So liegt zum Beispiel eine 75 Quadratmeter große Drei-Zimmer-Wohnung 75 000 Euro unter dem üblichen Marktpreis.
Stefan Schindler, Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank Nürnberg, verweist darauf, dass das geplante Familienbaugeld die Darlehensbeschaffung erleichtern könne: Weil der Zugang zu Immobilienfinanzierungen in der letzten Zeit durch strengere Auflagen der Wohnimmobilienrichtlinie deutlich schwieriger geworden ist, begrüße er die Initiative der Bundesbauministerin.
Kritischer gibt sich der Bayerische Industrie- und Handelskammertag (BIHK). Denn die Umsetzungsmöglichkeiten seien sehr begrenzt. Die beispielsweise im Stadtgebiet München üblichen Durchschnittskaufpreise von derzeit 6500 Euro pro Quadratmeter Neubauwohnung zeigten, dass das Familienbaugeld in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt nur ein Mini-Zuckerl sein kann. Für den überwiegenden Teil der Familien in dem ins Auge gefassten Einkommenssegment werden die aufgerufenen Immobilienpreise trotz Förderung unerschwinglich sein.
So sehen das auch einige Kommunalpolitiker in Ballungsräumen. „Ein Tropfen auf den heißen Stein“, sei das geplante Baukindergeld, kommentiert etwa Poings Bürgermeister Hingerl das Vorhaben seiner Partei. Um Familien im großen Stil zu helfen, brauche es mehr sozialen Wohnungsbau: also günstige Mietwohnungen in großer Zahl. Bedürftigen Familien helfe das Familienbaugeld ebenso wenig wie Einheimischenmodelle.
Fazit: Die Politik kann ihre Versäumnisse bei der Wohnraumversorgung so schnell nicht korrigieren. Es muss einfach mehr gebaut werden. Wichtig wären neben steuerlichen Anreizen für Investoren schnellere Genehmigungsverfahren, das Zurückfahren teurer Baustandards sowie der Ausbau der Infrastruktur, damit auch Bauland im Umkreis von Ballungsräumen erschlossen werden kann.
(Ralph Schweinfurth)
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