Politik

Sie gehört zu den chancenloseren unter den Kleinparteien: Die Frauenliste.

06.09.2013

Der große Hürdenlauf

Alle reden über Schwarz, Gelb und Rot-Grün-Orange - doch was ist eigentlich mit den Kleinparteien im Freistaat?

Auf  10,5 Prozent der Stimmen kamen sie bei der Landtagswahl 2008 – und damit auf mehr, als FDP, Grüne und auch die Freien Wähler jeweils für sich erzielten. Zusammengenommen hätten die neun Parteien und Wählergruppen, die vor fünf Jahren an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sind, den Sprung in den Landtag also locker geschafft. Am knappsten war damals die Linke mit 4,4 Prozent gescheitert.
Bei der Wahl in gut einer Woche tritt die Linke erneut an. Mit den anderen neun nicht im Landtag vertretenen Parteien eint sie das gleiche Schicksal: Auf TV-Duelle vor Millionenpublikum muss sie verzichten. Immerhin: In Umfragen wird die Linke (3 Prozent) ebenso wie die Piraten (2 Prozent) separat berücksichtigt.  Alle anderen Kleinparteien finden sich  unter „Sonstige“ wieder. Klaus Mrasek, den Landesvorsitzenden der bayerischen ÖDP, regt das maßlos auf: „Mit Umfragen wird Politik gemacht“, wettert er. Und auch Aufmerksamkeit generiert. Demoskopen sehen Mraseks Partei unter dem Ergebnis von 2008: Das lag damals bei 2 Prozent.
In einem sind sich die drei gewichtigsten Nichtparlamentsparteien einig: Von den Ergebnissen der Umfragen will man sich nicht entmutigen lassen. Wie Mrasek betont auch der bayerische Piratenchef Stefan Körner, dass es „bei der letzten Landtagswahl um die Genauigkeit der Umfragen auch nicht allzu gut bestellt war“.

Der Galgenhumor der Linken


Xaver Merk, Chef der bayerischen Linken, sieht das genauso: „Ich hab meinen Optimismus noch nicht verloren“, erklärt er tapfer. Und kontert die Aussage, die Linke sei in der medialen Versenkung verschwunden, mit Galgenhumor: „Jedenfalls“, stöhnt Merk, „hört man nichts Negatives“. Einen bayernweiten Spitzenkandidaten haben die Linken wie schon bei der letzten Landtagswahl nicht. Merk selbst kandidiert auf Platz drei der Schwabenliste. Prominentester bayerischer Kandidat? Da gerät Merk ins Grübeln. In der Woche vor der Landtagswahl will er sich vor allem darum kümmern, potenzielles Linken-Klientel dazu zu animieren, überhaupt zur Wahl zu gehen. Und dabei linke Themen wie Mindestlohn, regionale Disparitäten im Freistaat und Einheitsschule bis zur zehnten Klasse postulieren.
Gnadenlosen Optimismus praktizieren auch die Piraten. Vor einem Jahr lagen sie in Umfragen noch bei bis zu 8 Prozent. Doch selbst vom NSA-Abhörskandal kann die Partei aktuell nicht profitieren. „Keine Ahnung, warum das so ist“, sagt Piraten-Chef Stefan Körner. Man habe das Thema mit Demos und Flashmobs bestmöglich bespielt. Dennoch posaunt Körner: „Wir schaffen es in den Landtag.“ Die Landtags-Affären sollen helfen. „Die etablierten Parteien neigen dazu, sich selbst zu bedienen“, sagt er. „Wir  wollen für die nötige Transparenz sorgen.“ In der Gruppe der jungen Nichtwähler sieht er großes Potenzial, ihnen will er „eine vernünftige Möglichkeit jenseits der verstaubten Politik“ bieten.
Das Piraten-Wahlprogramm enthält neben der Legalisierung von Drogen Skurriles wie Aufklärungsunterricht in Schulen anhand von Pornos.

1000 Euro Familienentgelt: Das will die ÖDP


Aufsehenerregendes hat auch die ÖDP zu bieten. Eine zentrale Forderung ist das Familienentgelt. Für alle Kinder bis zu drei Jahren soll es pauschal 1000 Euro pro Monat geben. Die Partei will das „wertkonservative Milieu“ ansprechen. Und Mrasek glaubt zu wissen, wie das geht: „Die überwiegende Zahl möchte ihre Kinder unter drei Jahren selber betreuen.“
Wachstumskritik, Ökologie und ein Mindestlohn von 11 Euro pro Stunde, der aus dem Soli finanziert werden soll, sind weitere Themen. Mit ihnen tourt der Bundesvorsitzende Sebastian Frankenberger  mit dem Radl durch Bayern. Nicht überall ist er willkommen – noch immer verzeihen ihm einige sein erfolgreich initiiertes Volksbegehren zum Rauchverbot nicht. Aktuell sammelt die ÖDP, die in Bayern 3700 Mitglieder hat, erneut Unterschriften – für ein Volksbegehren zur Direktwahl des Ministerpräsidenten. Doch in neun Monaten kamen gerade mal 6000 der benötigten 25 000 Unterschriften zusammen. Eine andere Zahl freut Mrasek da um einiges mehr: „12 Prozent der Wähler wollen sich für eine Nichtparlaments-Partei entscheiden“, erklärt er euphorisch. Auch das sagen die Umfragen, und in diesem Punkt glaubt er ihnen gern.
Nicht einmal einen Hauch einer Chance, in den Landtag einzuziehen, haben die übrigen Landtagsaspiranten. Darunter die Frauenliste Bayern, die in Oberfranken und Schwaben antritt. 40 ausschließlich weibliche Mitglieder hat bislang die parteiunabhängige Gruppe, die sich für „echte Gleichberechtigung in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik“ einsetzt. In der Kommunalpolitik sind Vertreterinnen der Liste – vor allem berufstätige Mütter – seit bald 20 Jahren aktiv.
Die Vorsitzende Regina Thum-Ziegler erhofft sich durch die Teilnahme an der Landtagswahl Aufmerksamkeit für ihre Themen und einen Effekt für die Kommunalwahlen im kommenden Jahr. Eine Hauptforderung neben Quote und gleicher Bezahlung ist die kostenlose Betreuung für Kinder von 0 bis 16 Jahren.
Thum-Ziegler nutzt die Wahlkampfzeit auch für Mitgliederwerbung. Und auch hier nimmt sie die Geschlechtergerechtigkeit ernst und betont: „Auch Männer sind herzlich willkommen.“
(Angelika Kahl, Waltraud Taschner)

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