Politik

Mit Söders selbst verordneter Leisetreterei ist es vorbei. Diese Woche meldete sich der CSU-Chef mit aller Macht zurück. (Foto: dpa/Sven Hoppe)

05.11.2021

Der neue alte Söder

Härtere Corona-Maßnahmen, schärferes Parteiprofil

Für die CSU bricht nach der Schlappe bei der Bundestagswahl eine neue Zeit an. Keine feschen Regierungsposten mehr in Berlin, keine wahlweise markigen oder staatstragenden Statements nach Koalitionsrunden, stattdessen das harte Brot der Opposition, wie Parteichef Markus Söder nach der jüngsten CSU-Vorstandssitzung verlauten ließ. In Bayern stehe der Partei bis zur Landtagswahl 2023 zudem ein „steiniger Weg“ bevor. Wie ernst die Lage ist, zeigt ein kleines Detail am Rande. Söder hat für die Vorstandssitzungen ein Handyverbot verordnet. Keine Ablenkung, keine Durchstechereien: Mit dem Verdikt dürfte auch dem Letzten klar sein, was die Stunde geschlagen hat.

Söder hat einige Zeit gebraucht, um sich vom Schock des Wahlabends zu erholen. Den ganzen Oktober wirkte er wie abgetaucht. Sogar Ratschläge an die im Umbruch befindliche CDU verkniff er sich. In die Neustrukturierung der CDU nach dem Rückzug von Parteichef Armin Laschet werde sich die CSU nicht einmischen, versprach Söder. Und dass er sich zuletzt anders als in den 18 Monaten davor trotz sprunghaft steigender Corona-Zahlen nicht wieder zum obersten Mahner und Aktionisten aufschwang, hatte offenbar auch seinen Grund. Den CSU-Abgeordneten im Landtag hat er seine Zurückhaltung dem Vernehmen nach damit erklärt, dass er dem von „Querdenkern“ initiierten Volksbegehren zur Auflösung des Landtags keinen zusätzlichen Wind in die Segel pusten wollte.

Leisetreterei ist vorbei

Doch mit der selbst verordneten Leisetreterei ist es vorbei. In der Herbstferienwoche hatte Söder zur Corona-Sondersitzung seines Kabinetts geladen, die anschließende Unterrichtung der Öffentlichkeit übernahm der Regierungschef wieder selbst. Corona sei „mit aller Macht zurück“, die Situation in vielen Krankenhäusern „besorgniserregend“. Um Schulen offen und Kliniken einsatzfähig zu halten, müsse man wieder schärfere Maßnahmen anordnen – einmal mehr gab Söder den Mahner und gleichzeitig den Anführer der Impfkampagne. „Wenn sich die Impfquote nicht verbessert, stehen wir vor schwierigen Zeiten“, sagte er. Impfen sei der „einfachste Weg zur Freiheit“. Söder hat sein Betriebssystem wieder hochgefahren.

Auch auf der bundespolitischen Bühne hat er sich zurückgemeldet. „Als Unionsfamilie stehen wir vor einer tiefgreifenden Zäsur“, analysierte er dieser Tage mit Blick auf die sich abzeichnende Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Es entstehe ein „völlig neuer politischer Block“, der bis in die Länder hinein „durchregieren“ wolle. Es sei klar absehbar, dass das Bündnis bei den anstehenden Landtagswahlen eigene Mehrheiten anstrebe, um auch im Bundesrat eine Machtbasis zu haben.

Bayerische Ampel

Tatsächlich gibt es dafür auch in Bayern zarte Ansätze. In Interviews propagiert SPD-Landeschef Florian von Brunn schon die „bayerische Ampel“, auch wenn Grüne und FDP da noch zurückhaltender sind. Immerhin haben die „demokratischen Oppositionsfraktionen“, wie sich die drei in Abgrenzung zur AfD nennen, schon einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der CSU-Maskenaffäre auf den Weg gebracht und gemeinsame bildungspolitische Initiativen gestartet. Auf anderen Politikfeldern kämpft man noch getrennt.

Für die CSU bedeutet die Ampelkoalition laut Söder, sich noch stärker als Interessenvertreter des Südens in Deutschland zu profilieren. „Die Ampel ist nördlicher und preußischer“, meinte er. Auch sein Kabinett werde er „bundespolitisch stärker aufstellen“. Die Minister der Freien Wähler bezieht Söder dabei mit ein. Ganz ohne Ansage in Richtung CDU kommt der neue alte Söder aber doch nicht aus. Die Rolle als Opposition in Berlin müsse die Union „konstruktiv und kraftvoll“ annehmen und „klare Kante“ zeigen gegen ungebremste Neuverschuldung, massenhafte Zuwanderung und die Vernachlässigung der sozial Schwachen, ließ er wissen. Ohne die „Konsensmaschinerie der GroKo“ könne man sich deutlicher positionieren.

Aus ihrem schlechtesten Bundestagswahlergebnis seit 1949 werde auch die CSU Konsequenzen ziehen, kündigte der Parteichef an. Aus den laufenden Basisgesprächen und vermehrten Kontakten mit den Bürger*innen wolle man die Themen herausfiltern, die die Menschen am meisten bewegten. Daraus soll im kommenden Jahr ein „Bayern-Programm“ und ein „Bayern-Narrativ“ abgeleitet werden. Gebündelt werden soll das in zahlreichen Foren und Kommissionen, die unter der Leitung von 30 mehr oder minder namhaften Parteimitgliedern stünden. Ein Signal wohl an alle in der CSU, die – laut wie die Junge Union oder unterschwellig wie Parteivize Manfred Weber – ein Ende von Söders One-Man-Show gefordert hatten.
(Jürgen Umlauft)

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