Auch wenn es sich gerade nicht so anfühlt, es wird heuer in Bayern ein politisches Leben jenseits von Corona geben. Dafür sorgt schon ein Termin im Herbst 2023: die Landtagswahl. CSU-Chef Markus Söder will seine Partei beginnend im ersten Quartal auf dieses Ereignis ausrichten, das für die weitere Zukunft der CSU wegweisend werden könnte. Die laufenden Basisgespräche sollen abgeschlossen werden, dazu kommt die konzeptionelle Arbeit in mehreren parteiinternen Foren. All das soll in einen „Bayern-Programm“ der CSU münden, hat Söder angekündigt. Da werden die anderen Parteien nicht tatenlos zusehen.
Eine der in diesem Jahr zumindest vorentscheidend zu klärenden Fragen wird die nach den Spitzenkandidaten sein. Bei der CSU und ihrem Koalitionspartner, den Freien Wählern, stellen sich die Frontleute Söder und Hubert Aiwanger praktisch von selbst auf. Für die Opposition gilt das nicht unbedingt, aber es gibt klare Favoriten. Bei den Grünen dürfte es wieder auf Ludwig Hartmann zulaufen, denn er hat als Alleinstellungsmerkmal die „Gnade der frühen Geburt“. Hartmann ist der Einzige aus dem Führungsquartett von Partei und Fraktion, der am Wahltag die verfassungsrechtliche Vorgabe erfüllen und mindestens 40 Jahre alt sein wird, um im Falle des Falles Ministerpräsident werden zu können.
Bei der SPD scheint alles auf Florian von Brunn hinzudeuten. Der machtbewusste Münchner hat nach dem Partei- auch den Fraktionsvorsitz übernommen und seine Äußerungen bezüglich einer Spitzenkandidatur klingen nicht nach einem klaren Nein. Ähnlich ist die Lage bei der FDP, wo sich Martin Hagen nach dem Fraktions- nun auch den Parteivorsitz gesichert hat. Damit dürfte dem redegewandten Oberbayern der Erstzugriff auf die Spitzenkandidatur der Liberalen nicht zu nehmen sein. Völlig offen ist die Sache bei der AfD. Katrin Ebner-Steiner, das Gesicht der Wahlkampagne 2018, hat den Fraktionsvorsitz im Landtag abgeben müssen, auch in der Partei hat sie kein Spitzenamt. Die neue Fraktionsführung um Ulrich Singer und Christian Klingen gibt sich zwar selbstbewusst, aber die Machtbalance zwischen Fraktion und Landespartei ist längst nicht austariert. Ein natürlicher Spitzenkandidat ist bei der AfD aktuell nicht in Sicht.
Keine großen Würfe mehr
Thematisch ist für den Rest der Legislaturperiode mit keinen großen Würfen mehr zu rechnen. Nach einer CSU-Vorstandssitzung hat Söder jüngst angekündigt, es gehe nun vorwiegend um die Umsetzung begonnener Projekte. So ist mit einer Reihe von Spatenstichen und Startschüssen für Forschungsvorhaben im Rahmen der Hightech-Agenda zu rechnen. Auch die kürzlich erfolgte Verabschiedung des nachgebesserten Klimaschutzgesetzes erfordert mehr Anstrengungen, um dem ehrgeizigen Ziel des klimaneutralen Bayern möglichst schon im Jahr 2040 näherzukommen. Ein Konfliktfeld zeichnet sich dabei bereits ab, nachdem die neue Bundesregierung 2 Prozent der Landesfläche als Vorranggebiet für Windkraftanlagen reservieren will. Das beißt sich mit der in Bayern gültigen 10H-Abstandsregel, an der zumindest die CSU nicht rütteln will.
Ein großes Gesetzesvorhaben hat die Staatsregierung dennoch auf den Weg gebracht. Als erstes Bundesland soll Bayern in diesem Jahr ein eigenes Digitalisierungsgesetz bekommen. Vorrangiges Ziel ist es, die Digitalisierung in Wirtschaft, Forschung, Gesundheitswesen und Verwaltung voranzubringen. Zudem sollen digitale Rechte von Bürger*innen und Unternehmen verankert und der Datenschutz im digitalen Raum gestärkt werden. Auch ein neues Rettungsdienstgesetz soll im ersten Quartal verabschiedet werden, es will gemeinnützige Rettungs- und Hilfsorganisationen bei der Notfallrettung und im Katastrophenschutz stärken.
Für Schlagzeilen wird der im neuen Jahr startende Untersuchungsausschuss „Maske“ sorgen. Er soll die Umstände der umstrittenen Schutzmaskendeals zu Beginn der Corona-Pandemie aufklären, bei denen mehrere CSU-Abgeordnete und der Partei nahestehende Personen Millionenprovisionen kassiert haben. Der Abschlussbericht wird erst 2023 vorliegen. Einen ähnlichen Zeitrahmen gibt es für die geplante Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms. Ein Schwerpunkt wird das Flächensparen sein. Immerhin hat die Staatsregierung bis 2030 eine maximale tägliche Neunutzung von landesweit fünf Hektar als Ziel ausgegeben. Aktuell sind es mehr als doppelt so viel.
Mitte 2022 wird zudem die ganze Welt auf Bayern blicken: Vom 26. bis 28. Juni ist der Freistaat zum zweiten Mal Gastgeber des G7-Gipfels im Schloss Elmau. Das bayerische Innenministerium schätzt die Kosten des Treffens auf rund 166 Millionen Euro. Rund 80 Prozent davon entfallen auf Sicherheitsmaßnahmen.
(Jürgen Umlauft)
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