Politik

Wie kann man den Wintersport in Bayern am Leben erhalten? Zum Beispiel mit klimafreundlicheren Angeboten. (Foto: dpa/Peter Kneffel)

03.02.2023

Der Wintersport wird klimafreundlich

Was die Tourismusbranche tun kann, um CO2 zu sparen – und ausbleibenden Schnee zu ersetzen

Regen, Wind, grüne Wiesen neben schmalen Kunstschneepisten: Wochenlang hatte man den Eindruck, der Skitourismus gehe geradewegs seinem Ende entgegen. Jetzt ist der Schnee zwar da. Aber das Problem Klimawandel bleibt.

Den künstlich am Leben gehaltenen Skizirkus einfach zu beenden: Das kann nur fordern, wer die große wirtschaftliche Bedeutung des Wintersports für die Alpenregion verkennt. Aber weitermachen wie bisher: Auch das ist unmöglich. Gefragt ist, mit der Welle zu surfen, mutig und kreativ neue Lösungen zu wagen und dabei das erforderliche Tempo vorzulegen. Denn gerade in niedrig gelegenen Regionen wird der Schnee künftig immer häufiger ausbleiben.

Bayerns Staatsregierung setzt darum nicht nur auf die Förderung umstrittener Beschneiungsanlagen und Seilbahnen, sondern auch darauf, den Wintertourismus weiterzuentwickeln. Bayern sei seit jeher eine „touristisch erfolgreiche Ganzjahresdestination“, so eine Sprecherin des bayerischen Wirtschaftsministeriums. Wandern, Naturbeobachtungen, kulturelle und kulinarische Angebote oder der Besuch einer Therme – all das lasse sich auch im Winter machen.

Dieter Janecek, grüner Tourismus-Koordinator der Bundesregierung, der gerade in Garmisch mit Akteur*innen aus Politik, Sport und Umweltverbänden zusammenkam, teilt diese Auffassung: „Die Schönheit der Alpen besteht schließlich ganzjährig.“

Vielerorts wird bereits versucht, das Angebot an sportlichen Aktivitäten auszubauen, die auch ohne Schnee möglich sind. Im Skigebiet Oedberglifte bei Gmund am Tegernsee etwa wurden eine Sommerrodelbahn, ein Kletterwald, ein Abenteuerspielplatz und ein Campingplatz eingerichtet. In Oberstdorf gibt es eine Allwetterrodelbahn; weil der Trend zum Winterwandern geht, will man das Winterwegenetz weiter ausbauen.

Im Skigebiet Brauneck, Wallberg, Spitzingsee kann man klettern, Gleitschirm fliegen und Mountaincart fahren. Der Luftkurort Garmisch wirbt unter anderem mit Trailrunning, Barfuß- und Vollmondwandern und einigen Indoor-Angeboten wie einem Golfsimulator. Weil Höhenwanderungen ganzjährig stark nachgefragt werden, will Bayrischzell eine Bergbahn bauen, die vom Ort hoch aufs Sudelfeld führt. In den Hörnerdörfern wiederum laufen die Bergbahnen schon seit einigen Jahren auch an schönen Novemberwochenenden durch. Die Hotels haben Saunen und Schwimmbäder ausgebaut, Handwerker bieten Workshops an. Und der E-Bike-Vermieter hat seinen Laden für ein paar Tage wieder aufgesperrt, weil es im Winter warm war. Das passt durchaus zum Gesamtkonzept. Schließlich will man in den Hörnerdörfern das Winterradfahren verstärkt zum Thema machen. Und: die Sonne. Denn die scheint dort oben oft gerade dann, wenn das Allgäu illerabwärts im Nebel versinkt.

Aber das Ringen mit dem Klimawandel verlangt nicht nur, das touristische Angebot auszubauen. Es müssen auch im Wintertourismus Energie und CO2 gespart werden. „Jedes Zehntelgrad Erderhitzung, das wir durch eine entschiedene Klimapolitik verhindern können, hilft auch unseren Tourismusdestinationen“, so der Grüne Janecek.

E-Busse für Oberstdorf

Während Österreich mit einigen Leuchtturmprojekten an den Start geht, sieht es auf bayerischer Seite mit innovativen Konzepten eher mau aus. Immerhin: In Oberstdorf hat man sich von den Nachbarn anstecken lassen und eine „Mission-OK-Strategie“ aufgelegt nach dem Motto „Für Ideen gibt es keine Grenzen“. Das Ergebnis: Die Pistenfahrzeuge fahren neuerdings mit HVO-Kraftstoff, was nach eigenen Angaben zu bis zu 90 Prozent weniger Treibhausgasemissionen führen soll. Busse, die Skifahrende zur Piste bringen, sollen Schritt für Schritt auf E-Mobilität umgerüstet werden. Auf Sitzheizungen in den Liften wurde diesen Winter verzichtet. Kabinen und Sessel fahren in schneefreien Nächten nicht in die Garage. Und: Wenn weniger Gäste im Skigebiet sind, drosseln die Betreiber die Fahrgeschwindigkeit der Bahnen.

Ein Wasserkraftwerk an der Mittelstation der Nebelhornbahn erzeugt außerdem schon seit Jahren genau so viel Strom, wie die Kabinenbahn selbst verbraucht. Zwei Photovoltaikanlagen wurden ebenfalls eingerichtet.

Ungelöst bleibt allerdings hier wie dort das Problem der Anreise, und zwar auch dann, wenn das Skifahren in Zukunft tatsächlich so teuer wird, dass es sich immer weniger Menschen leisten können, wie es der Alpenforscher Werner Bätzing prophezeit. Denn was den CO2-Ausstoß angeht, ist die größte Sünde bekanntlich die Fahrt im eigenen Pkw. Das gilt fürs Skifahren genauso wie für Wandern, Spazierengehen oder Trailrunning. „Einig waren wir uns vor Ort, dass für ein gutes klimaneutrales Tourismusangebot der weitere Ausbau von Bus und Bahn entscheidend ist“, bilanziert der Grüne Janecek nach seinem Besuch in Garmisch.

Gefragt sind flexible Mobilitätskonzepte, die den Verkehr von der Straße auf die Schiene holen – mit oder ohne schwere Skischuhe im Gepäck. (Monika Goetsch)

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