Politik

21.11.2019

Deutschpflicht für Imame: eine sinnvolle Idee?

Die Bundesregierung plant strengere Regeln für ausländische Geistliche. Sie sollen Deutsch sprechen, bevor sie einreisen. Ein wichtiger Schritt, um Desintegration und Parallelgesellschaften zu verhindern, erklärt CSU-Generalsekretär Markus Blume. Das löse keine Probleme, sagt dagegen die Linke Christine Buchholz. Im Gegenteil: Es schüre antimuslimische Stimmungen

JA

Markus Blume, Generalsekretär der CSU

Wer in Deutschland predigt, muss auch Deutsch sprechen können. Dies soll künftig für alle ausländischen Religionsbediensteten gelten, so hat es das Bundeskabinett jüngst beschlossen. Bundessozialminister Hubertus Heil und Bundesinnenminister Horst Seehofer haben eine entsprechende Verordnung vorgelegt.

Eigentlich eine Selbstverständlichkeit: Der Schlüssel zur Integration in ein fremdes Land ist der Erwerb der Landessprache. Umso weniger verständlich ist die Debatte, die die Verordnung zur Deutschpflicht für Imame auslöst. Denn Glaubens- und Wertevermittlung können ebenso wie interreligiöser Dialog nur gelingen, wenn man sich gegenseitig versteht. Und in Deutschland gelingt das am besten auf Deutsch.

Bei Imamen gilt dies umso mehr, weil sie als Geistliche für viele Zuwanderer auch Bezugs- und Orientierungspunkt, kurz Vorbild, sind. In den Moscheegemeinden stammen achtzig bis neunzig Prozent der in Deutschland beschäftigten Imame aus dem Ausland. Die Imame des größten deutschen Moschee-Verbands Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) kommen fast alle aus der Türkei. Sie nehmen in ihren Gemeinden oft eine wichtige Rolle ein, die für ein gemeinsames Zusammenleben verschiedener Kulturen und Religionen sowie für die erfolgreiche Integration neu Zugewanderter in Deutschland von entscheidender Bedeutung ist.

Kommunizieren Religionsbedienstete ausschließlich in einer Fremdsprache, kann das zu Desintegration und Parallelgesellschaften führen. Wenn wir also den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland erhalten wollen, müssen wir dafür sorgen, dass man sich gegenseitig auf Deutsch verständigt und auch die Werte unseres Landes lebt. Deshalb ist die Deutschpflicht für Religionsbedienstete ein erster und wichtiger Schritt; das Verinnerlichen und Vorleben unserer Werte dann der zweite.
 

NEIN

Christine Buchholz, religionspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag

Die von der Bundesregierung beschlossene Deutschpflicht für ausländische Religionsbedienstete löst keine Probleme. Sie schürt stattdessen antimuslimische Stimmungen und stigmatisiert Imame. Warum soll es überhaupt eine Deutschpflicht für eine Berufsgruppe als Bedingung für den Aufenthalt geben? Für ausländische Manager von DAX-Unternehmen etwa gibt es sie nicht. Die Deutschpflicht trifft Religionsbedienstete aller Religionen: christliche, jüdische und muslimische. Aber es ist klar: Es geht um Imame, die türkisch oder arabisch sprechen.

Damit wird suggeriert, dass nicht Deutsch sprechende Imame an sich ein Problem darstellen. Das halte ich besonders in einer Zeit, wo von rechts außen Rassismus gegen Muslime geschürt wird, für gefährlich. Muslimische Gemeinden sind auf ausländische Imame angewiesen, weil es keine ausreichenden Möglichkeiten zur Ausbildung von Imamen in Deutschland gibt. Muslimische Verbände fordern seit Jahren die Ausbildung von Imamen an Universitäten in Deutschland. Sie hat an vier Hochschulen begonnen, sie ist aber noch nicht vergleichbar mit der von Pfarrerinnen und Pfarrern. Eine mit den Ausbildungsgängen anderer Religionen gleichwertige Imamausbildung für Muslime ist überfällig.

Innenminister Horst Seehofer argumentiert mit der Integration von Gemeindemitgliedern. Wenn ihm diese am Herzen liegt, soll er für ausreichend Deutschkurse und Integrationsangebote in Zusammenarbeit mit Moscheen und Moschee-Verbänden sorgen. Denn Integration, oder besser Teilhabe, kann nur dann funktionieren, wenn die Betroffenen eingebunden werden – auf Augenhöhe.

Statt einer Deutschpflicht für Religionsbedienstete brauchen wir endlich die Anerkennung der muslimischen Religionsgemeinschaften und Finanzierungsmöglichkeiten für Imame in den Gemeinden. Und einen Umgang mit Muslimen, der nicht durch Generalverdacht und Stigmatisierung geprägt ist, sondern von Akzeptanz und Gleichberechtigung.

Kommentare (3)

  1. reisi am 22.11.2019
    Es ist immer wieder bewundernswert. Noch grün hinter den Ohren aber die Gesellschaft ständig zu Toleranz bei allem Erdenklichen aufrufen. Diese Äußerungen sind die Rufer - nicht in der Wüste - sondern in einem funktionierendem Land, wo der deutsche Michel täglich brav alles erledigt was ihm aufgetragen wird. Familienmutter und- vater, nat. beide berufstätig, damit die Mieten bezahlt werden, Autofahrer und Auto Neukäufer, damit das Land nicht vor die Hunde geht, Hausbauer, damit die Immobilienpreise steigen und wenige Spekulanten über ganz viel Geld verfügen können, in Demut lebende Erinnerungskinder, damit die Politiker irgendwelche Mitleidsphrasen dreschen können. In einem Land, wo stabile STrukturen einen sicheren Lebensraum gewähren, gerade eben weil wir so sind, wie wir sind, da kann man leicht mit andersartigen Lebensweisheiten Eindruck schinden.

    In diesem Umfeld gibt es immer Lehrer, die uns sagen dass wir geschlechtlos denken sollen, fleischlos essen sollen, vorbehaltlos alles fremde akzeptieren sollen, benzinlos fahren sollen glaubenlos leben sollen und unsere Häuser emissionslos heizen sollen. Eine aktuell gelebte Schande der Toleranz ist der Antisemitismus, den wir im eigenen Land akzeptieren müssen und der nicht zuletzt aus dieser muslimischen Ecke kommt.

    Mensch wacht doch auf! Ihr alle mit Euren Umhängetaschen, die ihr planlos durch die Gegend streift, Selfies postet und teil habt an dieser super tollen Welt. Wohnt weiter als Singles in den Großstädten und belehrt als kinderlose uns alle, die täglich den Laden am Laufen halten.
  2. Dieter Lenzen am 21.11.2019
    Es mag Argumente für die Ansicht von Frau Buchholz geben. Aber sie ist geheuchelt, weil ihre Partei eben nur für muslimische Geistliche keine Reglementierung wünscht. Als aber der frühere Papst Benedikt XVI. vor zehn Jahren ankündigte, die Möglichkeit für die Rückkehr zur tridentinischen Messe (also Gottesdienste auch wieder in Latein) zu eröffnen, da war Die Linke ganz vorn mit dabei als es galt, diesen Schritt als „reaktionär“ zu brandmarken. Vor den geistigen Erben des Christenhassers Wladimir Iljitsch Lenin sind eben einige Religionen gleicher als andere.
  3. patriot_whiteblue am 21.11.2019
    Die Weltfremdheit und Ignoranz der politischen Linken Deutschlands in Fragen der Integration ist augenscheinlich grenzenlos.
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