Politik

Ein Flüchtlingskind aus dem Balkan rennt über den Flur eines Wohnhauses auf dem Gelände des Rückführungszentrums für Balkanflüchtlinge in Ingolstadt. (Foto: dpa)

05.01.2016

Diakonie-Chef kritisiert Umgang mit Flüchtlingen in Rückkehrzentren

Michael Bammessel fordert: Mehr als ein paar Wochen soll niemand in den Rückführungszentren in Bamberg und Manching verbringen

Der Präsident des Diakonischen Werks Bayern, Michael Bammessel, hat den Umgang mit Flüchtlingen in den bayerischen Rückführungszentren Bamberg und Manching kritisiert. So lasse die Staatsregierung dort nicht einmal eine Asylberatung für die Betroffenen zu - "nach dem Motto, die Leute brauchen keine Beratung mehr. Die sollen einfach nur noch weg", beklagte Bammessel. Tatsächlich sei aber gerade in solchen prekären Situationen, "wenn Hoffnungen gescheitert sind und wenn man zurückkehren muss in ein Land, wo man Hab und Gut verkauft hat, um den Schlepper zu bezahlen, gerade da ist der Beratungsbedarf sehr groß".

Für problematisch hält Bammessel auch die zunehmende Praxis, bereits längere Zeit in konventionellen Flüchtlingsunterkünften untergebrachte Asylbewerber in die Rückkehrzentren nach Manching oder Bamberg zu verlegen. "Da sind Kinder, sie sind jetzt monatelang in die Schule gegangen, haben hier Deutsch gelernt, sind gerade dabei, sich hier zu integrieren und Fuß zu fassen. Und da wird von einem Tag auf den anderen gesagt: Ihr müsst jetzt nach Bamberg." Dort gebe es für die Kinder keinen regulären Schulunterricht mehr. Auch werde oft nicht ausreichend Rücksicht auf gesundheitliche Probleme oder auf Schwangere genommen, kritisiert der Diakoniechef.

Die Flüchtlingshelfer fühlen sich und ihre Arbeit missachtet

In den Rückkehrzentren werden in Bayern vor allem diejenigen Asylbewerber untergebracht, die aus Ländern mit einer geringen Wahrscheinlichkeit auf ein Bleiberecht stammen. Die kurzfristige Verlegung von Flüchtlingen nach Bamberg und Manching finde auch bei den ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern an den bisherigen Unterbringungsorten der Betroffenen wenig Verständnis, berichtete Bammessel. "Da gibt es Unterstützerkreise, die tief frustriert werden." Sie fühlten sich und ihre Arbeit missachtet. "Die erleben das so, dass ihr Engagement nichts mehr zählt", sagte Bammessel.

Zu den kritischen Punkten gehört nach Bammessels Einschätzung auch die Vorstellung der Staatsregierung und der Unionsparteien beim  Familiennachzug. So sollen Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien erst nach zwei oder drei Jahren ihre Familien nachholen können. "Da produziert man wirklich große menschliche Tragödien. Oder zwingt Familien dazu, sich doch noch irgendwelchen Schleppern anzuvertrauen", sagte der Diakoniechef. "Das passt aus meiner Sicht nicht zu dem Verfassungsrang, den die Familie bei uns hat."

"Viele Armutsmigranten machen sich falsche Hoffnungen"

Bammessel räumte ein, dass ein Teil der Asylantragsteller gar keine Flüchtlinge im Sinne des Grundgesetzes, sondern Armutsmigranten sind. "Das ist natürlich menschlich legitim. Dafür ist aber unser Asylrecht nicht da." Er sei daher ebenfalls dafür, Fehlanreize für eine Flucht nach Deutschland zu vermeiden. Daher müsste die Menschen in den wichtigsten Herkunftsländern dieser Asylsuchenden noch umfassender über die Aussichtslosigkeit einer Flucht nach Deutschland informiert werden. "Ich glaube, dass sich viele der Armutsmigranten falsche Hoffnungen machen. Sie machen sich oft nicht klar, was das für ein langer Weg ist, hier Fuß zu fassen. Auch Schlepper arbeiten mit falschen Erwartungen. Dem muss man entgegentreten." (dpa) Bild: Michael Bammessel, Präsident des Diakonischen Werks Bayern; dpa

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