Politik

Das Wirthaus ist im ländlichen Raum oft der einzige Ort für den sozialen Austausch. Aber bereits in 500 Kommunen im Freistaat gibt es kein Wirtshaus mehr. (Foto: dpa/Armin Weigel)

10.05.2019

Die Nöte der Wirtshäuser

Bayern investiert 30 Millionen Euro in ein Förderprogramm – was bringt das?

Zum Abschied trugen alle Gäste schwarze Krawatten: Ende letzten Jahres musste die „Bürgerstube“ im unterfränkischen Bischbrunn für immer schließen. Es war das letzte Wirtshaus der 2000-Einwohner-Gemeinde. Bereits in 500 Kommunen im Freistaat gibt es kein Wirtshaus mehr. Dabei ist es oft der einzige Ort für den sozialen Austausch. Bayernweit hat seit 2006 ein Viertel der Schankwirtschaften dichtgemacht. Bayerns Staatsregierung langt’s jetzt.

Das Kabinett hat nun ein Förderprogramm für Wirtshäuser in Höhe von 30 Millionen Euro beschlossen. Ab 17. Mai können sich Wirte bis zu 40 Prozent ihrer Investitionen in Sanierungs-, Modernisierungs- oder Erweiterungsmaßnahmen zurückholen. Ausgeschlossen sind Wirtshäuser in Städten mit über 100 000 Einwohnern – die Förderung soll ländlichen Regionen zugutekommen.

Benötigt wird das Geld vor allem für eine moderne Ausstattung, erklärt Thomas Geppert vom bayerischen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Aber ob sich zum Beispiel durch eine elektronische Kasse mehr Gäste gewinnen lassen?

Immer nur Schweinshaxn ist keine Strategie für die Zukunft

„Das Förderprogramm wird in vielen Fällen die Initialzündung geben, den Betrieb zukunftsfähig aufstellen zu können“, hofft Geppert. Die Opposition im Landtag ist skeptisch: „Die bayerische Wirtshauskultur gehört nicht an den Subventionstropf“, schimpft die FDP. „Maximal ein Tropfen auf dem heißen Stein“, heißt es von den Grünen. Nur die SPD begrüßt das Förderprogramm.

Die Gründe für das Wirtshaussterben sind vielfältig. Das Rauchverbot macht die Branche nicht mehr dafür verantwortlich. Jetzt klagen Wirte vor allem über die Dokumentationspflicht. 13 Stunden pro Woche müssten sie dafür aufwenden. Wobei der Nachweis über Hygienemaßnahmen sicher berechtigt ist. Hinzu komme die Ungleichbehandlung bei der Mehrwertsteuer: Essen im Sitzen kostet 19 Prozent, im Gehen und Stehen nur sieben Prozent. Viele Hungrige gingen daher zum günstigeren Imbiss.

Um künftig Wirtshäuser vor der Schließung zu bewahren, braucht es außerdem Fachkräfte. Viele Wirte finden keinen Nachfolger. Als Konsequenz fordert Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) vom Bund „endlich mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit im Gastgewerbe.“ Personal solle länger als die erlaubten zehn Stunden arbeiten dürfen. Das will auch die FDP – Grüne und SPD sind dagegen. Sie plädieren für höhere Löhne, um Personal zu gewinnen.

Damit Wirtshäuser den Sprung in die Zukunft schaffen, müssen aber auch die Wirte umdenken. Immer nur Schweinshaxn reicht eben nicht. Viele Menschen wollen vegetarische oder vegane Alternativen. Auch EC-Kartenzahlung und eine Online-Speisekarte sollte im 21. Jahrhundert Standard sein. Die Dehoga-Kampagne „Zukunft für das bayerische Gastgewerbe“ empfiehlt, auf Inszenierung à la Instagram zu setzen. Initiator Geppert: „Wirte sollten anfangen, nochmals richtig anzupacken. Am besten jetzt.“ (David Lohmann)

Kommentare (1)

  1. Beispiel am 16.05.2019
    Rauchverbot abschaffen - das ist die Lösung !
Die Frage der Woche
X
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.