Normalerweise ist in den Schulferien Entspannung angesagt. Aber die Inzidenz steigt, die Impfbereitschaft sinkt. Das nährt die Furcht davor, was Mitte September auf Schüler*innen und Eltern zukommt.
Fest steht bereits jetzt: Auch im Herbst kommen die bekannten AHA+L-Regeln zum Einsatz. Es wird zweimal pro Woche getestet, mit einem PCR-Test, einem Schnelltest oder einem Selbsttest in der Schule. Sogenannte PCR-Pool-Tests werden an Grund- und Förderschulen eingesetzt. Es werden außerdem, soweit vorhanden, Luftfilter eingesetzt. Und es wird, je nach Inzidenz, Maske in Schulhaus und Unterricht getragen. An Grundschulen gilt dabei: Maskenpflicht am Platz ab Inzidenz 50, an weiterführenden und beruflichen Schulen ab 25.
Um die Ansteckungsgefahr auf dem Schulweg zu senken, sollen weiterhin Verstärkerbusse eingesetzt werden. Bis zum Beginn der Weihnachtsferien würden dafür 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, so eine Sprecherin des bayerischen Verkehrsministeriums.
Eine kleine Sonderregel hat der bayerische Ministerpräsident Markus Söder darüber hinaus aus dem Hut gezaubert: Um Infektionen gleich nach den Ferien zu minimieren, sollen Schülerinnen und Schüler in den ersten beiden Wochen des neuen Schuljahrs Maske auch am Sitzplatz tragen. Und zwar unabhängig von der Inzidenz. Das nimmt der „Reiserückkehr“, die seit den Faschingsferien 2020 als ein Treiber der Pandemie gilt, einen Teil ihres Schreckens.
Kritik an der Maßnahme kommt von der Initiative Familien. „Wir akzeptieren eine Maskenpflicht bei sehr hohem allgemeinen Infektionsgeschehen und als Vorsichtsmaßnahme bei positiven Fällen in einer Klasse, aber nicht als Pauschalmaßnahme“, so Sabine Kohwagner. Die vier Bayerischen Lehrerverbände (abl) dagegen begrüßen die Maskenpflicht nach den Ferien. Ihre Forderung nach einem verpflichtenden PCR-Test kurz vor Schulbeginn dagegen lief ins Leere: Um Infektionen gleich am ersten Schultag zu erkennen, so ein Sprecher des Kultusministeriums, sollen die bekannten Selbsttests eingesetzt werden.
Wozu das viele Testen? In Schulen gab’s nur sehr wenige Infektionen
Aber ist Testen überhaupt nötig? Dem Münchner Gesundheitsreferat wurden für die Kalenderwochen 15 bis 31 fast 1,6 Millionen an Schulen durchgeführte Tests gemeldet. Nur 445 davon waren positiv. Eine verschwindend geringe Zahl – allerdings in einer entspannten Phase der Pandemie. Im Herbst dagegen dürften die Infektionen durch die Decke gehen. Umso wichtiger, sie rechtzeitig zu erkennen. Und die Schulen so sicher wie möglich zu machen.
Groß ist der Ärger der Pädagog*innen deshalb in Sachen Raumluftreiniger: „Ein Jahr nach Beginn der Diskussion über Luftreinigungsgeräte hätte diese Maßnahme des Infektionsschutzes in den Klassenzimmern bereits ihren Abschluss finden können“, so der Präsident der abl, Pankraz Männlein. „Die jetzt eingetretene Verzögerung durch Mangel an politischer Entschiedenheit und finanzielle Erwägungen ist mehr als ärgerlich.“
Tatsächlich sind die Raumluftfilter, die für so viel Unmut sorgen, laut Umweltbundesamt nur eine Ergänzung zum Lüften. Und damit lediglich ein Puzzleteil im Maßnahmenkatalog zur Pandemiebekämpfung. Eines, das noch dazu einigen Sachverstand verlangt, will man optimale Ergebnisse erzielen. Und das jeden narrt, der sich allzu sehr auf die Macht der Technik verlässt.
Dennoch verwundert es, wie spät sich etwa München dazu durchgerungen hat, solche Geräte anzuschaffen. Erst Ende Juli entschied der Stadtrat, in alle Unterrichtsräume der Klassen eins bis sechs mobile Raumluftreinigungsgeräte zu stellen. In den Grundschulklassen kommen Geräte für Fachlehrsäle und Aufenthaltsräume hinzu. Die nötigen 21,7 Millionen Euro für die rund 6200 Geräte werden zur Hälfte mit städtischen Mitteln, zur Hälfte mit Fördermitteln des Freistaats finanziert. Wie viele Geräte zu Schuljahresbeginn tatsächlich vorhanden sein werden, das hängt, so ein Sprecher des Referats für Bildung und Sport, von der Marktsituation ab. Und die sei bei dem hohen derzeitigen Bedarf „schwer einschätzbar“.
Um die Kommunen bei der Anschaffung der Geräte zu entlasten, hat der Bayerische Elternverband in einem offenen Brief an die Staatsregierung gefordert, dass der Freistaat die Finanzierung in voller Höhe übernimmt. Darüber hinaus verlangen die Eltern, den Distanzunterricht für Schülerinnen und Schüler bis zur sechsten Jahrgangsstufe gänzlich auszuschließen und in höheren Jahrgangsstufen nur „in besonderen Ausnahmesituationen und sehr begrenzt“ anzuordnen. Außerdem fordert der Verband, die Quarantäneregeln für Kontaktpersonen zu überarbeiten, damit nicht mehr ganze Klassen geschlossen werden müssten – eine Zumutung.
Ein Sprecher des bayerischen Kultusministeriums erklärte auf Nachfrage, dass Quarantäneanordnungen „differenziert und dosiert, nicht pauschal“ sein sollten, die Entscheidungen allerdings von den Gesundheitsämtern getroffen würden.
Das Thema Impfen wiederum beschäftigt Nevio Sebastiano Zuber vom bayerischen Landesschülerrat. Er begrüßt das Impfangebot für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren und fordert Impfaktionen in der Schule. Außerdem müsse Aufklärung zum Thema Impfen auch in den Schulen betrieben werden, „um kuriosen Verschwörungstheorien vorzubeugen, die in der Gesellschaft kursieren und die Pandemiebekämpfung erschweren“. (Monika Goetsch)
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