Politik

Nur noch ein Museum: Schlafliegen und Schalensitze in einem Bunker in Nürnberg. (Foto: dpa/Karmann)

25.03.2022

Ein Bunker für 10 000 Euro auf Ebay

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine fragen sich viele auch hierzulande: Wie gut ist die Bevölkerung geschützt?

Ein Bunker auf Ebay-Kleinanzeigen? 10 000 Euro soll der dort angebotene Atomschutzbunker im Kreis Altötting kosten. Neu sind Schutzräume im Netz ab 50 000 Euro zu haben. In Standardgröße oder maßgefertigt, mit Luftaustauschsystem und Notausgangsluke, entwickelt, wie es bei einem Hersteller heißt, „um Ihre Familie in einer sauberen und sicheren Umgebung vor Katastrophen und Gefahren zu schützen“. Lieferzeit: 111 bis 180 Werktage.
Alles ist anders seit Putins Krieg in der Ukraine. Der Zivilschutz, eine Aufgabe des Bundes, steht auf einmal im Fokus der Aufmerksamkeit. Eine wichtige Aufgabe: der Schutzbau. Bunker, bei deren Anblick man sich einst wohlig gruselte, wecken heute die Sehnsucht nach Sicherheit – sind aber eine Rarität.

Der größte Teil der öffentlichen Schutzräume, so eine Sprecherin des bayerischen Innenministeriums, dürfte aktuell nicht mehr funktionsfähig sein. Denn 2007 haben Bund und Länder ihr Schutzraumkonzept aufgegeben. Die 2000 öffentlichen Schutzräume der Bundesrepublik wurden nach und nach aus der Zivilschutzbindung entlassen, darunter auch 500 bayerische. Ein Fehler? Aus heutiger Sicht: ja. Vor dem Hintergrund des russischen Überfalls auf die Ukraine hat der Bund angekündigt, die aktuellen Vorkehrungen im Zivilschutz zu prüfen.

Auch das bayerische Innenministerium erklärt, die Fähigkeiten zum Schutz der Zivilbevölkerung seien neu zu bewerten und auszubauen.
Die geplante vollständige Bestandsaufnahme der Schutzräume ist tatsächlich dringend erforderlich. Allerdings sollten die Erwartungen nicht zu hoch gespannt sein: Selbst in ihren besten Zeiten boten Schutzräume Unterschlupf nur für 2 bis 3 Prozent der Bevölkerung, und das lediglich für maximal zwei Wochen. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), zuständig für den Schutz der Bevölkerung im Kriegsfall, allerdings beruhigt: „Auch ohne öffentliche Einrichtungen gibt es natürlich Schutzmöglichkeiten.“

Guten Schutz bietet laut BBK generell die vorhandene Bebauung. Im Fall eines Angriffs, so die Empfehlung, zieht man sich in innenliegende Räume zurück, die über möglichst wenige Außenwände, Türen und Fenster verfügen. Ist man draußen unterwegs, sollte man ein Gebäude aufsuchen. Am besten: unterirdische Bauteile wie etwa eine U-Bahnstation. Grundsätzlich sollte man keine Fahrstühle benutzen, um bei einem Stromausfall nicht eingeschlossen zu werden.

Ein weiteres wichtiges Element im Zivilschutz ist die Zivile Notfallreserve und die Bundesreserve Getreide – vom Bund gekaufte Lebensmittel, die deutschlandweit an 150 geheimen Orten gelagert werden. Zuständig ist das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung. Zu den Vorräten gehören Getreide, Reis, Hülsenfrüchte und Kondensmilch, die in einer Krisenlage vom Technischen Hilfswerk oder anderen Organisationen verteilt werden. So sollen kurzfristige Engpässe in der Versorgung überbrückt werden. Eine Vollversorgung der Bevölkerung über längere Zeit ist damit allerdings weder bezweckt noch möglich.

Bitte nicht hamstern: Ein Notvorrat an Nahrung für zehn Tage reicht

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft rät der Bevölkerung darüber hinaus, stets einen Nahrungsmittelvorrat im Haus zu haben. Auf der Checkliste des BBK stehen neben Lebensmitteln unter anderem auch Toilettenpapier und Müllbeutel, Kerzen und Batterien. Dabei betont das BBK den Unterschied zum immer wieder beobachteten Hamstern. „Hamsterkäufe sind impulsiv und wenig durchdacht. Sollten Güter tatsächlich einmal knapp werden, ist es zudem ziemlich unsolidarisch, Produkte über den persönlichen Bedarf hinaus zu horten.“ Ein Notvorrat dagegen dient dazu, zehn Tage problemlos zu überbrücken.

Auch der Handelsverband Lebensmittel (BVLH) bittet Kundinnen und Kunden, Produkte nur in handelsüblichen Mengen einzukaufen. „Nicht wenige sollen zu viel, sondern viele nicht zu wenig bekommen“, so ein Sprecher des BVLH. „Wer bei einem knappen Angebot mehr kauft als unmittelbar für den eigenen Gebrauch nötig, schadet anderen, die nichts mehr bekommen.“

Sollte es zu einer nuklearen Katastrophe kommen, bildet das bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz zusammen mit dem Landesamt für Umwelt einen radiologischen Stab, der die Verteilung von Jodtabletten empfiehlt.

Das A und O allerdings ist in Krisenfällen die Kommunikation. Dazu gehört neben der nötigen Aufklärung vor allem die Warnung der Bevölkerung. Hier herrscht Verbesserungsbedarf, wie nicht nur das bayerische Innenministerium kritisiert.

Der Ausbau eines flächendeckenden Sirenennetzes und die Einführung des Mobilfunkdienstes Cell Broadcast hätten, so eine Sprecherin, oberste Priorität. Das Sirenenförderprogramm des Bundes müsse finanziell aufgestockt werden, um eine flächendeckende Ausstattung mit Sirenen zu gewährleisten.

Die berechtigte Kritik am Sirenennetz ist nicht neu: Schon nach der Flutkatastrophe im Ahrtal hat Bayerns Innenminister Joachim Herrmann angekündigt, die Zahl der Sirenen zu verdoppeln. Seit März 2021 können Kommunen Fördermittel beantragen, um neue Sirenen anzuschaffen oder bestehende Technik zu modernisieren.
(Monika Goetsch)

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