Politik

Markus Söder: Einst umarmte er Bäume und fand schwarz-grüne Koalitionen reizvoll. Letzteres hat sich geändert. (Foto: dpa/Daniel Vogl)

18.11.2022

Erkaltete Liebe

Es gab eine Zeit, da Söder die Grünen umgarnte – das ist vorbei. Woran liegt das?

Es ist wohl das Symbolbild für die grüne Phase des Markus Söder: Der CSU-Ministerpräsident steht im Hofgarten hinter der Staatskanzlei und umarmt einen Baum. Es war die Zeit, als er das von Öko-Opposition und Naturschutzverbänden initiierte Volksbegehren „Rettet die Bienen“ kaperte und eine Koalition mit den Grünen für „reizvoll und spannend“ hielt. Und davon redete, wie in einer Koalition aus CSU und Grünen „das Beste aus beiden Welten“ verbunden werden könnte.

Der Flirt blieb kurz, und mehr wird wohl so schnell auch nicht draus werden. Die Zäsur hat ein Datum, den 26. September 2021. An diesem Tag verlor die Union krachend bei der Bundestagswahl. Seither liegen die Welten von CSU und Grünen so weit auseinander wie ferne Galaxien. Das hat vor allem einen Grund: die strategische Rückbesinnung Söders auf das Bürgerlich-Konservative, die CSU-Stammwählerschaft auf dem Land und in jenen Milieus, die sich schwertun mit Veränderungen in ihrem Lebensumfeld. Nicht ohne Grund polemisiert Söder nun regelmäßig gegen Gendersternchen, veganes Essen und die linke Wokeness.

Schwarz-Grün ist für Bayern keine Option

Mit dem Augsburger Parteitag vor drei Wochen scheint Söders grüne Phase endgültig beendet zu sein. Schwarz-Grün sei für Bayern „keine Option“, stellte er da klar, die CSU müsse „nicht krampfhaft Wähler irgendwo links der Mitte suchen“. Sein klares Ziel für die Landtagswahl 2023: die Fortsetzung der „Bayern-Koalition“ mit den Freien Wählern. CSU-Generalsekretär Martin Huber erklärt die Abkehr von der grünen Option so: „Seit die Grünen im Bund regieren, bröckelt ihre bürgerliche Fassade und die alte, ideologiegetriebene Verbotspartei kommt wieder zum Vorschein.“ Er erinnert an Debatten zum kürzeren Duschen oder zu Konsumverzicht. Dieser Politikansatz der Grünen sei „mit unserer Liberalitas Bavariae nicht kompatibel“.

Dass in Hessen und Baden-Württemberg schwarz-grüne Koalitionen schon seit Jahren im Großen und Ganzen geräuschlos funktionieren, bringt Huber nicht von seiner Meinung ab. Koalitionen aus Union und Grünen seien „absolut kein Vorbild für Bayern, wir schließen das für Bayern definitiv aus“. Im Freistaat regiere eine „bürgerlich-konstruktive Mehrheit“, die Koalition aus CSU und Freien Wählern arbeite gut zusammen – ganz anders als die Bundesregierung. „Die bayerische Staatsregierung ist das erfolgreiche Gegenmodell zum Ampel-Chaos in Berlin“, zieht Huber eine scharfe Grenze.

Kein freier Süden mehr

Genau in dieser Konfrontation sieht Ursula Münch, Direktorin der Tutzinger Akademie für Politische Bildung, den Hauptgrund für die erkaltete CSU-Liebe zu den Grünen. „Würde in Bayern eine schwarz-grüne Regierung nach der nächsten Landtagswahl installiert werden, wäre Söders Lieblingsargument dahin: dass er vom freien Süden sprechen könnte im Vergleich zum Ampel-Norden oder zu Ampel-Deutschland“, erklärte sie nach dem CSU-Parteitag.

Bei den Grünen ist man sich keiner Schuld bewusst. „Vor der Bundestagswahl hat uns Markus Söder mit seinen Avancen fast erdrückt, dann hat er seine Haltung binnen kürzester Zeit komplett verändert“, rekapituliert Grünen-Landeschef Thomas von Sarnowski. Er räumt durchaus ein, dass sich seine Partei seit dem Eintritt in die Ampel-Regierung verändert habe. Aber gewiss nicht so, wie die CSU behaupte. „Wir sind eher noch pragmatischer geworden“, sagt Sarnowski und verweist auf die Beschlüsse zur Sicherstellung der Energieversorgung im Winter oder zu den Waffenlieferungen an die Ukraine. „Ich weiß nicht, was daran nicht bürgerlich sein soll“, rätselt er.

Die Hauptursache für die CSU-Attacken auf die Grünen sieht Sarnowski in der Beliebtheit von Wirtschaftsminister Robert Habeck. „Ein erfolgreicher grüner Vizekanzler ist gefährlich für die Union“, sagt er. Binnen weniger Monate habe es Habeck geschafft, die Energiewende auf neue Füße zu stellen, den Weg für ein Flüssiggasterminal freizumachen und die Gasspeicher zu 100 Prozent zu füllen. Weil die CSU dagegen argumentativ nicht ankomme, hole sie alte Schlagworte wie das von der „Verbotspartei“ aus der Mottenkiste. Trotzdem, ein apodiktisches Nein zu Schwarz-Grün kommt Sarnowski nicht über die Lippen.
(Jürgen Umlauft)

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