Es klingt simpel: Steigt die Inzidenz über 35, dann tritt seit Montag die 3G-Regelung in Kraft. Heißt: Nur wer geimpft, genesen oder negativ auf Corona getestet ist, darf noch ins Kino, zum Friseur, ins Restaurant oder Fitnessstudio.
Für betroffene Unternehmen ist die Sache jedoch kompliziert. „3G wirkt sich bei uns massiv aus“, sagt Markus Giegold, Geschäftsführer der Firma Fit-Star in München, die bundesweit 16 Fitnessstudios betreibt. Vor allem wegen des verwaltungstechnischen Aufwands bei der Überprüfung der Trainingswilligen. Denn streng genommen genügt der Blick auf den jeweiligen Nachweis nicht. Es muss dazu auch noch ein Ausweis inspiziert werden, um sicherzugehen, dass niemand das Zertifikat einer anderen Person nutzt.
Kopfzerbrechen bereiten der Firma auch ungeklärte Rechtsfragen. Darf ein Kunde etwa seinen Vertrag vorzeitig kündigen, wenn er sich nicht testen lassen will? „Da hätte man sich vorher besser mit den Unternehmen abstimmen müssen“, sagt Giegold.
Wer soll Leute kontrollieren, die sich selbst testen?
Auch die Sache mit den Selbsttests ist für Fitnessstudios, Restaurants, Friseure und andere betroffene Betriebe nicht so einfach zu handhaben. Deren Ergebnisse können zwar laut 3G-Regelung anerkannt werden, allerdings nur dann, wenn sie unter Aufsicht vorgenommen werden. Was letztlich darauf hinausläuft, dass der Kunde die Prozedur direkt vor den Augen der Mitarbeiter durchführt – mit einem vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte anerkannten Testkit, egal ob mitgebracht oder vor Ort gekauft.
Insgesamt bewirke 3G weiteren wirtschaftlichen Schaden für die ohnehin schwer gebeutelte Fitnessbranche, befürchtet Markus Giegold: „Das ist eine zusätzliche Belastung, die fast nicht mehr stemmbar ist.“ Rund 30 Prozent ihrer Kundschaft hätten die Studios seit Beginn der Pandemie verloren – weitere dürften folgen. Dabei habe die Branche viel Geld für Lüftungsanlagen und Hygienekonzepte investiert. Dennoch seien die Regelungen für sie deutlich strenger als beispielsweise diejenigen für Einzelhandel und Kirchen, wo 3G bisher nicht gilt. Obwohl die Fitness-Angebote doch die allgemeine Gesundheit förderten, wie etliche Studien belegten. „Warum wird ein Geschäftszweig, der das Gesundheitssystem nachweislich entlastet, so stark reglementiert?“, fragt sich der Unternehmer.
Von den Friseuren ist ebenfalls Kritik zu hören. Wie ein Hilfssheriff fühle man sich, wenn man jetzt auch noch 3G überprüfen müsse, seufzt Petra Zander vom Landesinnungsverband des bayerischen Friseurhandwerks. Dabei habe die Branche schon mit den vorher geltenden Corona-Vorschriften zu kämpfen: Kontaktnachverfolgung, Maskenpflicht, Hygieneauflagen. Dazu die Bedingung, dass pro Kunde mindestens zehn Quadratmeter zur Verfügung stehen müssen, die vor allem kleineren Salons zu schaffen macht. „Mit den bisherigen Regeln war es bei uns schon fast wie im OP“, sagt Petra Zander. „Und jetzt auch noch 3G. Das ist bei unserem Arbeitspensum eine große Belastung.“
Auch die Kinos sind genervt
Die Medienwelt Vesper, die mehrere Kinos in Passau und Freyung betreibt, ist von 3G zwar noch nicht betroffen, weil die Region bisher unter dem Inzidenz-Grenzwert von 35 liegt. Angesichts steigender Zahlen dürfte sich das jedoch bald ändern. „Wir machen uns Sorgen im Hinblick auf die Akzeptanz“, sagt Geschäftsführerin Julia-Marie Vesper. Schon bei Einführung der Maskenpflicht seien ihre Mitarbeiter von verärgerten Besuchern angegangen worden. Vesper hofft darauf, dass zumindest die strengen Abstandsregelungen in den Kinos gelockert werden. Denn momentan könne selbst bei ausverkauften Vorstellungen nur rund ein Drittel der Sitze besetzt werden.
Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga Bayern, pocht ebenfalls auf Vereinfachungen. Man wünsche sich eine Regelung wie in Baden-Württemberg, wo der Zugang zur Gastronomie inzwischen generell durch 3G geregelt werde, während andere Auflagen wie Personenbegrenzungen wegfielen. „Wir brauchen ein klares, planungssicheres Modell“, fordert Geppert. „Momentan sind wir in Bayern im Klein-Klein verfangen.“
Einen Schritt weiter geht die FDP, die sogar sämtliche Corona-Regeln infrage stellt. Wenn jeder die Möglichkeit habe, sich impfen zu lassen, sei irgendwann der Zeitpunkt gekommen, „dass das vorbei sein muss mit den ständigen Beschränkungen“, sagt Matthias Fischbach, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion. Stattdessen müsse man auf Eigenverantwortung setzen. „Es muss mal wieder ein normales Leben möglich sein“, findet Fischbach. Ähnlich äußern sich die Freien Wähler, die ebenfalls eine Perspektive für das Ende der Corona-Regelungen anmahnen.
Auch wenn man nicht so weit gehen will – Nachbesserungen bei den Regelungen wären angebracht.
(Brigitte Degelmann)
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