Politik

Stuhlreihen in der bayerischen Staatsoper - geschlossen ist sie nicht, aber es gilt 2G plus und eine Auslastungsgrenze von 25 Prozent. (Foto: dpa/Sven Hoppe)

03.12.2021

Faktisch ein Kultur-Lockdown

25 Prozent Auslastung, 2G-Regelung plus Test: Viele Kulturstätten spielen unter diesen Bedingungen erst gar nicht

Als jüngst im Münchner Cuvilliéstheater die Premiere eines Aristophanes-Projekts stattfand, fiel die Corona-Teststation beim Theater aus. Lange Warteschlange. Chaos. Der Start der Premiere musste um einige Minuten verschoben werden.
Die Staatsregierung scheint wieder mal alles zu tun, um es der Kultur so schwer wie möglich zu machen. Wer in Bayern ins Theater, Konzert, Kino oder in die Oper will, muss sich testen lassen: auch bei Genesung und vollständiger Impfung. Gleichzeitig gilt eine Auslastungsgrenze von 25 Prozent. Nicht nur für die freie Szene ist das ein schwerer Schlag.

In München hat das Residenztheater alle Projekte im Marstall vorerst abgeblasen. Bis Weihnachten spielt zudem das Münchener Kammerorchester (MKO) nicht mehr. Die laufenden Kosten führen zu einem Verlust, und das berichten auch Kinobetreiber*innen. Ob das Stadttheater in Fürth, das Theater an der Rott in Eggenfelden oder das Konzerthaus in Blaibach: Alles bleibt dicht, mitunter bis Ende Dezember. Auch die InselKonzerte auf Herrenchiemsee von Star-Bratschist Nils Mönkemeyer und Pianist William Youn bleiben vorerst still. Das benachbarte Festivo in Aschau im Chiemgau wird seinen Jahresausklang wohl ebenfalls absagen.

Erneut wird die Kultur voll ausgebremst

Erneut wird die Kultur voll ausgebremst. Im Vergleich zu Friseursalons, dem Einzelhandel, Gottesdiensten oder der Luftfahrt fällt die Ungleichbehandlung besonders auf. Eine 2G-plus-Regel bei zusätzlicher Auslastungsgrenze von 25 Prozent gilt dort nicht. Die Staatsregierung misst erneut mit zweierlei Maß. Minister Bernd Sibler (CSU) wiegelt ab. „Als Kunstminister blutet mein Herz. Selbstverständlich habe ich für die Sorgen und Nöte der Kulturschaffenden großes Verständnis. Mir ist bewusst, dass diese erneuten Einschränkungen die Kultur hart treffen.“ Noch schmerzlicher, so Sibler, wären aber landesweite Schließungen. Dies wolle man so lange wie möglich verhindern.

Diese Maßnahmen sind indessen faktisch ein Lockdown, weil sich ein Spielbetrieb nicht rentiert. Eine Auslastungsgrenze von 50 Prozent zumindest für private Veranstalter*innen, wie von der SPD-Fraktion gefordert, lehnt Sibler genauso ab wie generelle Ausnahmen. Dafür aber betont er, dass die bayerischen Hilfsprogramme für Kunstschaffende bis Ende März 2022 verlängert würden. In Kooperation mit dem Bund werde zudem ein Sonderfonds über das Jahresende hinaus geboten: ein „echtes Stabilisierungspaket“, so Sibler. Ob und in welcher Form die Hilfen darüber hinaus verlängert werden, könne erst Anfang 2022 entschieden werden. „Fest steht, dass sich Kunstminister Sibler massiv für eine weitere Verlängerung einsetzen wird, sollte diese notwendig sein“, heißt es aus dem Ministerium.

Das klingt nett, reicht aber nicht. Mit solchen Trippelschritten schafft man keine Planungssicherheit. Christian Höppner, Präsident des Deutschen Tonkünstlerverbandes (DTKV), fordert eine Verlängerung der Hilfen „bis zum Ende der Pandemie“. Gleichzeitig sollten Anträge „entbürokratisiert“ und die Künstlersozialkasse (KSK) gestärkt werden.

Tatsächlich ist bis heute nicht klar, ob Freischaffende ihren KSK-Status verlieren, wenn sie wegen der Pandemie unter die geltende Einnahmegrenze rutschen. Dass zudem Hilfsgelder bereits zurückgefordert wurden, nennt Höppner „ein Unding“. Noch dazu befürchtet er, was in der Staatszeitung längst thematisiert wurde, nämlich das Wegbrechen der künstlerischen Berufe. Schöne neue Welt!
(Marco Frei)

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