Politik

Voll besetzt oder ein weiterer Leerflug? (Foto: dpa/Daniel Karmann)

03.06.2022

Geisterflüge über München

Tausende Flüge starten ohne Reisende – die Staatsregierung sieht trotz der Umweltbelastung keinen Handlungsbedarf

Immer mehr Menschen versuchen, auf Flugreisen zu verzichten, oder haben zumindest ein schlechtes Gewissen beim Fliegen. Ein modernes Flugzeug verbraucht rund 3000 Liter Kerosin pro Stunde, beim Start ist es noch mal ein Drittel mehr. Da wirkt es geradezu grotesk, wenn jedes Jahr allein in Deutschland Zehntausende leere Flugzeuge abheben – besonders, wenn dies nur aus bürokratischen Gründen geschieht.

Fluggesellschaften benötigen an vielen Flughäfen in der Europäischen Union Zeitnischen für Starts und Landungen, sogenannte Slots. Weil diese sehr begehrt sind, gilt die Use it or lose it-Regel: Werden weniger als 80 Prozent der Zeitnischen genutzt, werden diese frei und können an eine andere Airline vergeben werden. Um das zu verhindern, lassen Unternehmen ihre Flugzeuge trotz der hohen Kosten ohne Passagier*innen abheben.

Allein am Münchner Flughafen gab es in den Jahren vor Corona jedes Jahr rund 2400 Leerflüge – das macht immerhin 0,6 Prozent aller Flüge des Flughafens aus. Durch die Pandemie sank die Zahl im Jahr 2020 auf 1200 und im Jahr 2021 auf 850 Leerflüge, wie das bayerische Verkehrsministerium auf eine schriftliche Anfrage des Grünen-Landtagsabgeordneten Johannes Becher mitteilte.

In Europa soll es allein in diesem Winter 100 000 Leerflüge gegeben haben

Handlungsbedarf sieht Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) nicht. Sein Haus betont, dass die Use it or lose it-Regel in den letzten zwei Jahren ausgesetzt beziehungsweise gelockert wurde. Dass es dennoch Leerflüge gab, begründet das Ministerium mit nicht vermeidbaren Positionierungsflügen, beispielsweise bei Störungen oder Wartungsmaßnahmen.

Laut Greenpeace gab es in Europa allein in diesem Winter 100 000 Leerflüge, die völlig unnötig 2,1 Millionen Tonnen Treibhausgase in die Atmosphäre geblasen haben. Das entspreche dem Ausstoß von 1,4 Millionen Autos im Jahr.

Das Verkehrsministerium hält dagegen, dass viele Leerflüge nicht wirklich ohne Reisende, sondern nur mit sehr wenigen Fluggästen stattfänden. Fluggesellschaften würden sie nur als solche bezeichnen, weil sie wirtschaftlich nicht rentabel sind. „Deutschland und andere Mitgliedstaaten haben sich bei der Europäischen Kommission stets für realistische Mindestnutzungsraten von Slots eingesetzt“, heißt es in der Antwort. Eine generelle Reform der SlotVergabe sei daher nicht notwendig.

Der Grünen-Abgeordnete Becher sieht das anders. „Flüge mit wenigen oder gar keinen Passagieren waren schon früher nicht tragbar und sind es heute – mit Blick auf den nötigen Klimaschutz – umso weniger.“ Aus seiner Sicht dient die Use it or lose it-Regel vor allem den großen Airlines als Schutz gegen den Wettbewerb – auf Kosten des Klimas. (David Lohmann)

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