Politik

Lange Zeit kam man nur mit FFP2-Maske in Innenräume. Was hat's gebracht? (Foto: dpa/Christophe Gateau)

17.02.2023

Genau hinschauen – das wollen nicht alle

Fachleute fordern eine Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen – FDP und Freie Wähler eine Enquetekommission im Bund

Die Exzesse der Corona-Zeit sind bekannt: Das bayerische Verbot, auf einer Parkbank zu sitzen, zählt dazu, ebenso wie bundesweite Schulschließungen oder die Absperrung von Kinderspielplätzen. Darüber, dass derlei Maßnahmen unsinnig waren, herrscht mittlerweile Konsens. Sogar Corona-Dauermahner Karl Lauterbach kommt nicht umhin, Fehler einzugestehen. Im ZDF nannte er derlei vergangene Woche „Schwachsinn“.

Weil in der Pandemie aber noch weitere gravierende Dinge passiert sind, werden Rufe nach einer Aufarbeitung immer lauter. Neben der Politik sehen hier auch Wissenschaftler*innen Bedarf. So plädiert die Virologin Ulrike Protzer von der TU München dafür, Pandemie-Entscheidungen „kritisch zu hinterfragen, um für das nächste Mal besser gerüstet zu sein“. Wichtig sei, dass dies „unabhängig von Parteiinteressen“ geschehe. Auch der Infektiologe Christoph Spinner von der TU München wünscht sich ein Resümee: „Nach drei Jahren Pandemie sollten wir die Chance nutzen, zurückzublicken, um aus unseren Erfahrungen zu lernen.“

Auf politischer Ebene ist der Aufklärungseifer allerdings sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die am weitesten gehende Forderung, nämlich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss im Bundestag zu den Maßnahmen, vertritt nur die AfD.

Die CSU will lieber "nach vorn" schauen, die Grünen nur für Bayern Bilanz ziehen, dabei wurde das Grundsätzliche im Bund beschlossen

Ein anderes Instrument, nämlich eine Enquetekommission aus Abgeordneten und Fachleuten, findet mehr Zustimmung: Zumindest FDP und Freie Wähler wollen das. Viele Pandemie-Entscheidungen seien falsch gewesen, so Bayerns FDP-Vorsitzender Martin Hagen, der auch Fraktionschef im Landtag ist. Er sagt: „Der intolerante Umgang mit anderen Meinungen hat die Gesellschaft gespalten.“ Aufklärung und Reue tue not. Das finden auch die Grünen. Jedoch wollen sie keine Aufarbeitung im Bund, sondern nur in Bayern – so der Rechtspolitiker Toni Schuberl. Dabei kamen die grundsätzlichen Pandemievorgaben vom Bund.

Konsequenzen ziehen will auch die CSU – aber nur ein bisschen. Bernhard Seidenath, Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Landtag, sieht jedenfalls „keine zwingende Notwendigkeit für eine Enquetekommission“. Es sei „wichtiger, nach vorne zu schauen und die Dinge, die wir aus der Corona-Pandemie mitgenommen haben, auch umzusetzen“. Ihm geht es dabei vor allem um Missstände im Gesundheitswesen.

2G beim Sport auch für Kinder, in Gastronomie und Kultur gehören für Seidenath offenbar nicht zu den Fehlleistungen deutscher Pandemiepolitik. Das sehen nicht nur Betroffene anders. Zumindest im Omikron-Winter 2022 sei die 2G-Regel „überzogen“ gewesen, meint Fabian Mehring, Parlamentarischer Geschäftsführer der FW-Landtagsfraktion. FW-Chef Hubert Aiwanger ärgert sich noch immer über „die Ausgrenzung und Anprangerung der Ungeimpften durch Medien und Mitbürger“ – und darüber, dass „differenzierte Denkansätze“ über den Sinn der Maßnahmen „nicht zugelassen“ waren.

Da ist er in guter Gesellschaft: Im ZDF beklagte der SZ-Journalist Heribert Prantl, dass Andersdenkende namentlich von Bundesgesundheitsminister Lauterbach als „Verschwörungstheoretiker“ abgetan wurden. Lauterbach habe „hysterisiert“ und dadurch „die Querdenkerei mit großgezogen“. Prantls Vorhalt blieb in den meisten Medien übrigens unerwähnt. Dafür las man anderntags Interviews mit Lauterbach oder Beiträge darüber, wie gefährlich Corona noch immer sei. (Waltraud Taschner)

 

Kommentare (1)

  1. am 20.02.2023
    Zu den Exzessen der Corona-Zeit sollen Untersuchungsausschusse im Bundestag und in den Landtagen entstehen. Das wäre Hauptaufgabe für FDP.
    Vernachlässigung führt zum Misstrauen der Wähler und Verstärkung Rechtsradikalen AfD,
    welche sonst für Freiheit und Demokratie gefährlich ist.
    So macht FDP hara-kiri.
    Generell Misstrauen zum System und Regierenden wachst.
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