Politik

Minsterpräsident Markus Söder (CSU) will ein Gender-Verbot für Schulen und die Verwaltung. (Foto: dpa/Uwe Lein)

08.12.2023

Gender-Verbot und Ampel-Bashing

Markus Söders erste Regierungserklärung nach der Wahl enthält Ambitioniertes, Erwartbares und Überraschendes

Früher, als die CSU in Bayern noch allein regierte, wartete das ganze Land gespannt auf die erste Regierungserklärung nach einer Landtagswahl. Was der Ministerpräsident verkünden würde, war bis dahin eine Art Staatsgeheimnis. Anno 2003 wusste nicht einmal die CSU-Fraktion im Landtag, dass Edmund Stoiber den Freistaat mit harten Schnitten auf maximale Effizienz umkrempeln würde. Für Markus Söder war diese Woche der längst bekannte Koalitionsvertrag mit den Freien Wählern Grundlage seiner Ausführungen. Dass er trotzdem 75 Minuten redete, lag vor allem daran, dass ihm die Berliner Ampel ausreichend Gelegenheit bot, die Unterschiede zwischen gutem – also natürlich seinem – und schlechtem Regierungshandeln darzulegen.

In das Erwartbare hinein baute Söder einige unbekannte Details, allen voran das Gender-Verbot. „Wir werden das Gendern in Schule und Verwaltung untersagen“ kündigte er an. Ein Satz für die konservative Wählerschaft und die bundesweiten Schlagzeilen. Interessant daran vor allem, dass Söder wenige Minuten vorher noch das bayerische Motto vom „Leben und leben lassen“ hervorgehoben hatte. „Die Grundidee, alles mit Verboten und Ideologie zu machen, lehnen wir für Bayern ab“, erklärte er. Ausnahmen bestätigen da offenbar die Regel.

Konkreter als der Koalitionsvertrag wurde Söder in Sachen Bürokratieabbau. Man werde ein „Entbürokratisierungsgesetz“ ausarbeiten, mit dem unter anderem das Baurecht, die Landesplanung und der Denkmalschutz „entrümpelt“ werden sollen. Zudem soll es ein „Gaststättenbefreiungsgesetz“, Erleichterungen beim Ladenschluss und die Erlaubnis zum „durchgängigen Betrieb“ von personalfreien Kleinstsupermärkten geben.

KI-Uni und Magnetschwebebahn für Nürnberg

Zur Zukunftssicherung will Söder die Mittel für die High-Tech-Agenda um weitere zwei auf dann 5,5 Milliarden Euro aufstocken. Die Technische Universität Nürnberg soll dabei zu Deutschlands ersten rein auf Künstliche Intelligenz spezialisierten Hochschule werden. In seiner Heimatstadt Nürnberg soll zudem eine Teststrecke für eine Magnetschwebebahn geprüft werden. Es scheint, als wolle Söder die Transrapid-Schmach seines politischen Ziehvaters Stoiber mit 20 Jahren Verspätung auswetzen.

In einigen Passagen seiner Rede ist Söder zumindest verbal nach rechts gerutscht. Teilweise so sehr, dass AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner frohlocken konnte: „AfD wirkt!“ Schließlich hatte sie bei Söder einige Formulierungen entdeckt, die Standard in AfD-Wahlkampfreden waren: Die „patriotische Wirtschaftspolitik“, den „grünen Sozialismus“, das Gender-Verbot und so manche Forderung zu Migration und Integration. Es war an CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek, die Brandmauer zu den Rechtsaußen im Parlament wieder hochzuziehen. Die hätten „kein Konzept für dieses Land – nichts!“ Und AfD wirke? „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie den Verfassungsschutz“, knarzte Holetschek. Was Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl zu der Bemerkung animierte, die AfD wirke „höchstens wie Rizinusöl: Da wissen wir, was hinten rauskommt: Braune Soße.“

Eine gewisse Inhaltsleere

Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze stellte in Söders Ausführungen eine gewisse Inhaltsleere fest. „Wir leben in Zeiten vieler Herausforderungen, und Sie geben hier eine Regierungserklärung ab, die darin besteht, auf Berlin zu schimpfen und ambitionslose Ideen als Durchbruch zu feiern“, klagte sie. Bayern habe „mehr verdient als diese Kraftlos-Koalition“. So habe Söder keine konkreten Maßnahmen zur Erreichung seiner Ziele beim Klimaschutz oder dem Ausbau der Kinderbetreuung genannt und den Arten- und Naturschutz nicht einmal gestreift. Söders „grüne Phase“ rund um das Bienen-Volksbegehren scheint in der Tat weit mehr als zwei oder drei Jahre zurückzuliegen.

Für die SPD erklärte Fraktionschef Florian von Brunn, der Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern werde den Herausforderungen für eine sozial gerechte und ökologische Transformation des Landes nicht gerecht. Statt des „ewigen Fingerzeigs auf Berlin“ brauche es eine Vision für Bayern, monierte er. Klaus Holetschek ordnete die kritisierten Fingerzeige nicht als „Ampel-Bashing“ ein. Man müsse eben immer wieder thematisieren, welche negativen Auswirkungen die Berliner Politik auch auf Bayern habe, rechtfertigte er das Vorgehen.
(Jürgen Umlauft)

 

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