Politik

Glasfaser auf dem Land ist noch eher eine Seltenheit. Viele Kommunen wollen das ändern. (Foto: dpa/Jan Woitas)

06.09.2024

Glasfaser: noch ausbaufähig

Nicht nur im Freistaat fehlt noch einiges zum flächendeckenden Gigabit-Internet – doch der Bund kürzt die Förderung für die Kommunen

Bis 2030 sollen in Deutschland flächendeckend Glasfaseranschlüsse bis ins Haus verlegt sein. So formuliert es die Gigabitstrategie der Bundesregierung, die als Ziel Datenübertragungsgeschwindigkeiten von 1000 Mbit pro Sekunde, also einem Gigabit, ausgibt. Doch davon ist man noch meilenweit entfernt, auch in Bayern. Nur knapp 19 Prozent der Privathaushalte im Freistaat verfügen laut Bundesnetzagentur über einen Glasfaseranschluss, das ist noch einmal deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von knapp 25 Prozent. Dass der für den Netzausbau zuständige Bund derweil seine Förderung für den Ausbau zurückgefahren hat, erzürnt Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU).

„Ein drastischer Fehler bei einer der wichtigsten Zukunftsaufgaben überhaupt und ein erneuter herber Schlag für alle bayerischen Kommunen“, kritisiert Füracker. Mit Verweis auf die Haushaltslage hatte das von Volker Wissing (FDP) geleitete Digitalministerium die Förderung schon für das laufende Jahr von 3 auf 2 Milliarden Euro reduziert, für das kommende Jahr sollen insgesamt ebenfalls lediglich 2 Milliarden Euro für alle Länder zur Verfügung stehen.

Ohne Geld vom Staat wird es nicht gehen

Laut Füracker haben sich 515 bayerische Gemeinden – rund ein Viertel aller Gemeinden – am aktuellen Förderaufruf des Bundes beteiligt. Für sie steht nun nur noch ein Anteil von 295 Millionen statt der ursprünglich in Aussicht gestellten 460 Millionen Euro zur Verfügung. Im kommenden Jahr dürfte der finanzielle Rahmen des Bundes ähnlich sein. Wie es danach weitergeht, ist noch gänzlich unklar.

Ohne Geld vom Staat wird es aber gerade im ländlichen Raum kaum gehen. Im Vergleich zu den Städten müssen die Unternehmen auf dem Land deutlich mehr Kilometer Kabel verlegen und erreichen damit weniger Haushalte. Das ist dann natürlich weniger lukrativ, weswegen die Anbieter am Land nicht gerade Schlange stehen.

Und so ist der Ansturm besonders der ländlichen Kommunen auf die Förderung groß – trotz eines Eigenanteils von mindestens 10 Prozent der Investitionen. Stefan Graf, Telekommunikationsexperte des Bayerischen Gemeindetags, sagt: „Gigabitfähigkeit ist eine wichtige Standortfrage für die Zukunft. Wir brauchen das flächendeckend, die Anwendungen werden kommen.“

Noch freilich reicht für die meisten Privatnutzer*innen locker ein Internetanschluss mit einer Übertragungsrate von 30 Mbit pro Sekunde. Und da steht Bayern gut da, auch im Vergleich mit anderen Bundesländern. Laut bayerischem Finanzministerium verfügen 99 Prozent der Haushalte über einen Internetanschluss mit mindestens 30 Mbit pro Sekunde. Das ist nach EU-Vorgaben die Mindestbandbreite – der Bund hielt dagegen bislang noch 10 Mbit pro Sekunde für die unterste zumutbare Grenze. Die Vorgabe soll aber Ende des Jahres auf 15 Mbit erhöht werden. Für Bayern aber immer noch viel zu wenig. Aber auch für die doppelte Geschwindigkeit und mehr reichen die alten Telefonkupferkabel oder Glasfaser, die in Verteilerkästen geht und von da aus per Kupferkabel in die Haushalte verteilt wird, sogenanntes VDSL.

Eine Studie der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) sieht in Bayern auch bei Geschwindigkeiten von mehr als 100 bit pro Sekunde nur noch wenige weiße Flecken auf der Landkarte. Mehr als 90 Prozent der Haushalte verfügten mittlerweile über so schnelle Anschlüsse, auch hier wieder mit einem Stadt-Land-Gefälle (98 zu 81 Prozent), aber jeweils mit Werten über dem Bundesdurchschnitt. Das, so betont die vbw, liege auch an der eigenen Breitbandförderung des Freistaats.

Bayern holt nach verschlafenem Start auf

Insgesamt 2,5 Milliarden Euro gab Bayern dafür seit der Einführung aus eigenen Mitteln freiwillig. Allein 775 Millionen Euro davon hat der Freistaat über die Bayerische Gigabitrichtlinie gewährt, mit der die Förderung des Bundes aufgestockt wird.

„Bis vor acht Jahren hat Bayern das Thema Breitbandausbau verschlafen“, sagt Stefan Graf vom Gemeindetag. „Dann hat man aber den Turbo mit dem bayerischem Förderprogramm gezündet.“

Für aktuelle Anwendungen reichten die Bandbreiten aus, deswegen habe sich auch der Aufschrei der Kommunen angesichts der Kürzungen des Bundesprogramms in Grenzen gehalten. „Ein oder zwei Jahre hin oder her ist nicht schlimm“, sagt Graf. „Viele sagen: Dann stellen wir den Antrag halt im nächsten Jahr. Wichtig ist: Wir müssen dranbleiben.“ Das fordert auch die vbw, die dabei natürlich besonders die Unternehmen im Blick hat. Die digitale Transformation schreite dort voran, deswegen brauche es auch schnell einen flächendeckenden Ausbau von gigabitfähigen Internetverbindungen.

Was Kommunen und Politik an Anstrengungen unternehmen, wird von den Nutzer*innen aber nicht unbedingt honoriert. Laut bayerischem Finanzministerium bucht bisher deutschlandweit nicht einmal jeder beziehungsweise jede Zehnte eine Gigabitbandbreite, wenn diese verfügbar wäre. Klar: Ein Glasfaseranschluss oder ein anderer Gigabitanschluss, etwa per Kabel-TV-Anbieter, ist teurer als ein normaler DSL-Anschluss. Und wer keine hochauflösenden Onlinespiele mit anderen spielt, in keinem Haushalt lebt, in dem vier, fünf Personen gleichzeitig Filme in UHD streamen wollen, oder nicht regelmäßig sehr große Dateien hoch- und runterladen muss, braucht keine Bandbreite von mehr als 100 Mbit pro Sekunde. Zumindest jetzt noch nicht. Der Freistaat appelliert allerdings an alle, die können, die Chance zu nutzen.

Jeder Anbieter darf sein eigenes Kabel verlegen

Kurios: Während auf dem Land jede Kommune froh ist, wenn sich überhaupt ein Anbieter meldet, konkurrieren in den Metropolen mitunter sogar mehrere Firmen in den gleichen Straßenzügen. In München (Glasfaserabdeckung 68,3 Prozent) etwa droht gerade das Szenario einer Doppelverlegung von Glasfaserkabeln in der Innenstadt, da sich die Anbieter M-Net und Telekom nicht auf die gemeinsame Nutzung des Glasfasernetzes einigen konnten.

Gemäß Telekommunikationsgesetz wäre eine Firma nicht einmal dazu gezwungen, ein von der Kommune verlegtes Leerrohr zu nutzen. Sie dürfte die Straße nach entsprechender Beantragung einfach wieder aufreißen und ihr eigenes Kabel verlegen. Ändern ließe sich das Telekommunikationsgesetz laut Bundesnetzagentur nicht so leicht. Denn der freie Wettbewerb in der Telekommunikation hat Verfassungsrang und ist auch im EU-Recht festgeschrieben. (Thorsten Stark)
 

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