Der Sommerurlaub hält dieses Jahr viele Überraschungen bereit. Noch Anfang Juli schloss Außenminister Heiko Maas (SPD) aus, dass Spanien bald als Hochinzidenzgebiet eingestuft wird. Markus Weiß (Name geändert) aus München buchte daraufhin wie über hunderttausend andere Deutsche einen Urlaub mit seiner Familie auf den Balearen.
Doch obwohl die Krankenhausauslastung in Spanien gering ist, warnt das Auswärtige Amt (AA) seit dieser Woche wegen steigender Inzidenzwerte wieder vor touristischen Reisen in das Land. Zwar sind Weiß und seine Frau geimpft, müssten also bei der Rückkehr nicht in Quarantäne – die sechsjährige Tochter allerdings schon. Obwohl sich Kinder unter zwölf nicht impfen lassen können, gelten für sie keine Ausnahmen. Sie würde daher den Schulanfang verpassen, Familie Weiß musste stornieren.
Wer aktuell auf Nummer sicher gehen will, sollte über einen Urlaub in Albanien, Belgien, Estland, Montenegro, Rumänien, Schweiz und Ungarn nachdenken. Dort können Deutsche aufgrund der niedrigen Inzidenz sogar ohne Test- oder Impfnachweis einreisen. In Bulgarien, Kroatien, Österreich, Polen, Schweden und Tschechien wird zwar für Ungeimpfte ein Test verlangt, in Italien und Frankreich auch für Besuche in Restaurants, Kinos oder Museen. Diese Länder gelten aber ebenfalls nicht als Risikogebiet. Doch wie lange das gilt, kann natürlich keiner sagen.
Auch das noch: Eine Testpflicht für alle, die zurückkehren
Auch auf Druck von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wird der Bund jetzt wohl eine Testpflicht für alle Ungeimpften einführen, die von einer Reise zurückkehren. Obwohl noch Fragen offen sind, soll es bereits am 1. August losgehen. Rechtlich möglich wäre das. Gemäß einer EU-Empfehlung vom Juni dieses Jahres reicht es, wenn Deutschland oder andere Mitgliedstaaten 48 Stunden vor einer Änderung der Einreisebestimmung darüber informieren. „Wobei zu berücksichtigen ist, dass bei epidemiologischen Notfällen eine gewisse Flexibilität erforderlich ist“, sagt ein AA-Sprecher. Es geht also auch noch kurzfristiger.
Meiden sollten Ungeimpfte Malta. Sie müssen dort in eine vierzehntägige Quarantäne. Kurzzeitig wurden selbst Personen mit der in Deutschland gängigen Kreuzimpfung, also einer Impfung mit zwei verschiedenen Vakzinen, nicht als vollständig geimpft anerkannt. Finnland lässt inzwischen zwar wieder Ungeimpfte ins Land, sie müssen allerdings drei Tage in Quarantäne. Noch drastischer ist es in Norwegen. Wer keine Impfung nachweisen kann, darf dort nicht mit dem Kreuzfahrtschiff einreisen.
Der deutsche Kreuzfahrtveranstalter Tui Cruises hat bereits reagiert: Künftig wird es für diese Destination ein spezielles Schiff geben, auf dem nur geimpfte Erwachsene Zutritt haben. Hapag-Lloyd Cruises (ab Herbst) und US-Unternehmen wie Carnival Cruise Line lassen bei Kreuzfahrten generell ausschließlich geimpfte Gäste an Bord. In den USA ist die Situation komplizierter: Dort müssen mindestens 95 Prozent aller Passagiere geimpft sein, wobei Reedereien in Florida und Texas keinen Impfnachweis verlangen dürfen.
Deutschland-Urlaub ist beliebt, dennoch sind die Unterkünfte halb leer
Allerdings sind für Deutsche Reisen in die USA sowieso weiterhin unmöglich. US-Präsident Joe Biden beharrt auf dem Einreiseverbot – wegen der sich ausbreitenden Delta-Variante in Europa. Dabei gehen auch in den USA mittlerweile 85 Prozent der gemeldeten Fälle darauf zurück. Andererseits macht es auch Deutschland anderen Nationen schwer, beispielsweise weil deren Impfstoff bei uns nicht anerkannt wird.
Wer außerhalb Europas Urlaub machen will, hat aber andere Ziele zur Auswahl. Zwar bietet Tui aktuell keine Reisen mehr in das Hochinzidenzgebiet Tunesien oder auf die Kapverden an. Im Angebot sind aber zum Beispiel die Türkei, Dominikanische Republik, Dubai, Jamaika, Kenia, Abu Dhabi und die Malediven beziehungsweise Seychellen (trotz Hochinzidenz). Für alle Flüge ab Deutschland sind trotz Tests und Impffortschritt mindestens OP-Masken Vorschrift. „Da an Bord Mindestabstände nicht einzuhalten sind, halten wir bis auf Weiteres an der Maskenpflicht fest“, heißt es auf Anfrage vom Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft.
Angesichts der Unsicherheiten bleibt noch der Urlaub im eigenen Land. Tatsächlich liegt laut Hotel- und Gaststättenverband Dehoga Deutschland wie bereits im Vorjahr im Trend. Besonders beliebt sind neben Nord- und Ostsee der Bayerische Wald und die bayerischen Alpen. Geimpfte sind von der Testpflicht bei der Anreise im Hotel ausgenommen. Allerdings fehlen weiterhin die ausländischen Gäste. Selbst in den Ferienhotels liegt die Auslastung laut Dehoga bundesweit nur bei 45 Prozent.
Die Reisebranche fordert daher, die reine Inzidenzbetrachtung bei der Einstufung von Risikogebieten endlich abzuschaffen. „Stattdessen“, unterstreicht Verbandschef Norbert Fiebig, „muss die tatsächliche Gefährdungslage für Reisende sowie die Belastung des Gesundheitssystems in den Mittelpunkt der Überlegungen gerückt werden.“ (David Lohmann)
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