Politik

25.04.2019

Grundsteuer: Ist ein wertunabhängiges Modell sinnvoll?

Die Grundstückssteuer muss am Wert des Bodens und an der durchschnittlichen Miete anknüpfen, fordert der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Schrodi. Für CSU-Fraktionsvize Hans Michelbach ein absolutes No-Go.

JA

Hans Michelbach, Vize-Vorsitzender der CSU im Bundestag und Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Finanzausschuss

Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat sich ideologisch festgelegt – trotz aller fachlicher Bedenken. Er will Grundstückswerte und Mieten in die Berechnung der Grundsteuer einbeziehen und nennt das eine „leistungsgerechte“ Grundsteuer – zum Schaden von Hauseigentümern, Mietern und Gewerbe, obwohl er damit keine Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit erzielt. Dazu kommt: Sein Plan ist auch weit ab vom Ziel der Koalition, die Reform einfach und transparent zu gestalten.

Die Grundsteuer war immer eine Objektsteuer mit einem Hebesatzrecht der Kommunen. Die einzige Leistung, an die die Grundsteuer anknüpfen darf, ist die Leistung der Kommune für ein Grundstück. Diese Leistung ist weder vom Bodenwert, noch von der Miet- oder Pachthöhe, noch vom Einkommen des Eigentümers oder Mieters abhängig. Abhängig ist sie einzig und allein von Größe und Nutzung der Grundstücks- und Gebäudefläche. Je größer die Fläche, desto größer die Leistung der Kommune und desto höher die Grundsteuer.

Das Einfach-Flächenmodell, das Bayerns Finanzminister Albert Füracker vorgelegt hat, setzt dies in idealer Weise um. Dabei werden Grundstücks- und Geschossfläche zur Bestimmung der Grundsteuer mit einem Nutzungsfaktor multipliziert. Damit kann sie praktisch jeder einfach ausrechnen nach der Gleichung: Gesamtfläche mal Nutzungsfaktor mal kommunaler Hebesatz gleich Grundsteuerschuld. Dieses Modell lässt sich auch am einfachsten an regionale Gegebenheiten anpassen. Es ist verwaltungsfreundlich und einfach, denn Änderungen sind nur erforderlich, wenn sich einer der drei Faktoren verändert.

Automatische Steuererhöhungen vor allem für Eigentümer, Mieter und Geschäftswelt in bereits teuren Ballungsgebieten und höherer Verwaltungsaufwand – wie beim Scholz-Modell mit den vielen Wertkomponenten – sind ausgeschlossen. Der Versuch von Scholz, die Verantwortung für dieses Steuerdesaster mit dem Hinweis auf das Hebesatzrecht den Kommunen zuzuschieben, ist für die Kommunalpolitik unzumutbar.

NEIN

Michael Schrodi (SPD), Mitglied des Finanzausschusses im Bundestag

Nach der Grundsteuerreform sollen alle Grundstücke weiterhin bundeseinheitlich, aber wieder gerecht bewertet werden. Das fordert das Bundesverfassungsgericht. Die aktuellen Einheitswerte, in den alten zuletzt 1964 und in den neuen Bundesländern zuletzt 1935 ermittelt, spiegeln die tatsächliche Wertentwicklung nicht wider.

Die Grundsteuer muss am Wert des Bodens und an der durchschnittlichen Miete am jeweiligen Standort anknüpfen. Beim CSU-Flächenmodell würden die teure Gewerbeimmobilie und das Penthouse des Fußballprofis mitten in München bewertet wie die Wohnung am Stadtrand, im Bayerischen Wald oder in Oberfranken. Das ist ungerecht und entspricht nicht den Vorgaben des Verfassungsgerichts.

Über die vom Eigentümer zu zahlende Grundsteuer entscheidet am Ende nicht die bundeseinheitliche Bemessungsgrundlage, sondern der von der jeweiligen Stadt oder Gemeinde festgelegte Hebesatz. Die Grundsteuerreform soll aufkommensneutral gestaltet werden. Das bundesweite Gesamtaufkommen von rund 15 Milliarden Euro und die Einnahmen in jeder Kommune sollen gleich bleiben. Durch die korrekte Neubewertung kann es größere Verschiebungen innerhalb einer Stadt oder Gemeinde nur geben, wenn bestimmte Grundstücke seit 1964 beziehungsweise 1935 im Vergleich zu anderen deutlich mehr an Wert zugenommen haben. Das ist gerecht.

Der CSU geht es um etwas anderes: Die letzte vermögensbezogene Steuer soll fallen. Das ist Interessenpolitik für Vermögende auf Kosten der Kommunen. Die kommunalen Spitzenverbände haben sich aus gutem Grund für das SPD-Modell ausgesprochen – und gegen das Flächenmodell der CSU.

Mieter bezahlen die auf dem Grundstück lastende Grundsteuer bisher nur deshalb, weil dies in der Betriebskostenverordnung so festgelegt ist. Sie ist lediglich eine Verordnung, kein Gesetz. Wir wollen die Umlage der Grundsteuer auf die Mieterinnen und Mieter streichen. Diese reale Entlas-tung lehnt die CSU aber ab.

Kommentare (1)

  1. Volljurist am 26.04.2019
    Es wäre hilfreich gewesen, wenn Herr Michelbach die Entscheidung des BVerfG kennen würde. Auch wenn die Grundsteuer eine Objektsteuer ist, gilt auch hier, dass Bemessungsgrundlage der Wert des der Besteuerung unterworfenen Grundstücks ist. "Die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Grundsätze zur Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes im Steuerrecht verlangen auch auf der Ebene der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen eine

    g l e i c h h e i t s g e r e c h t e A u s g e s t a l t u n g d e r W e r t b e m e s s u n g .

    Gleichheitsrechtlicher Ausgangspunkt im Steuerrecht ist der Grundsatz der Lastengleichheit. Die Steuerpflichtigen müssen dem Grundsatz nach durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden."

    Mithin ist der Gesichtspunkt der Objekt- und Aufwandsteuer, als dass in die Bemessung auch der Aufwand der Städte und Gemeinden als, denen das Steueraufkommen insoweit zufliesst, zu berücksichtigen.

    Es hat daher nichts, aber auch gar nichts mit Sozialismus oder Neiddebatte zu tun, wenn Herr Schrodi anderes fordert.
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