Die Corona-Lage in Bayern verschärft sich zusehends. Nachdem die Inzidenz im Freistaat am Montag erstmals über 500 gelegen hatte, mahnte Ministerpräsident Markus Söder zu entschlossenem Handeln. "Es ist die vielleicht letzte Chance um gegenzusteuern", sagte er am Montag. Die nächsten Tage seien eine "Woche der Wahrheit" im Kampf gegen die vierte Welle. Danach könne die Lage dramatisch und unkontrollierbar werden.
"Wir stehen wie kaum eine Staatsregierung vor schweren Zeiten", sagte Söder. "Wären wir alle geimpft, mit hohem Prozentsatz, wären wir in einer leichteren Situation."
Besonders dramatisch entwickelte sich die Situation eine Woche nach den Herbstferien bei Kindern und Jugendlichen. Für die Altersgruppe der Sechs- bis Elfjährigen meldete das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) inzwischen eine Inzidenz von 1073. Bei den Zwölf- bis 15-Jährigen beträgt sie 979. Beides sind in etwa Verdoppelungen im Vergleich zu den Werten der Vorwoche.
Am Montag beschloss das Kabinett wie angekündigt schärfere Regeln, die schon von Dienstag (16. November) an gelten sollen. "Am Ende geht es darauf hinaus: Es ist eine Art Lockdown für Ungeimpfte. Anders kann es gar nicht sein", sagte Söder.
Auch in Gaststätten und Hotels gilt dann ab Dienstag die 2G-Regel. Zudem kommt wegen der zunehmenden Zahl von Impfdurchbrüchen eine Maskenpflicht auch in den Bereichen, in denen nach der 2G-Regel nur Geimpfte und Genesene Zugang haben - es sei denn, der 1,5-Meter-Mindestabstand wird eingehalten.
In Alten- und Pflegeheimen werden mehr Tests verlangt. In Kitas sollen mehr Tests angeboten werden, zudem werden wieder feste Gruppen eingerichtet. Söder forderte zudem "klare Regeln für die Drittimpfung". Es bedürfe auch einer Regelung zur Haftungsfreistellung für Ärzte, um bereits fünf Monate nach einer zurückliegenden Impfung eine Auffrischungs-Spritze zu setzen. Die Impfpflicht für bestimmte Berufe - etwa im Gesundheitswesen - hält Söder ebenso für notwendig.
Offener Brief von Bayerns Notärzten
Auch Bayerns Notärzte forderten am Montag in einem offenen Brief eine Impfpflicht für medizinisches Personal. Zudem wollen sie unter anderem schnellere "Booster"-Impfungen, eine Aberkennung des Geimpften-Status neun Monate nach der letzten Impfung sowie Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte.
Die Situation in den Krankenhäusern bezeichneten die Mediziner als "dramatische Entwicklung", viele Kliniken könnten eine Versorgung von akuten Notfällen nicht mehr vollumfänglich gewährleisten. Es müsse nun dringend gehandelt werden, um eine Triage - das ist das Priorisieren und Auswählen von medizinischen Fällen etwa aufgrund des Mangels an Ressourcen - noch zu verhindern.
In München könnte unterdessen am Dienstag die Entscheidung über eine Absage des Christkindlmarktes fallen. Dann werde man das Thema im Krisenstab der Stadt intensiv diskutieren, sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Wenn ihm dann die Gesundheitsbehörde sage, die Veranstaltung sei nicht verantwortbar, "dann werden wir auch nicht anders entscheiden".
Entscheidung über Christkindlmarkt in München
Zudem will sich Reiter mit seinen Kollegen aus Nürnberg und Augsburg abstimmen. Wenn überhaupt will Reiter den Christkindlmarkt nur mit FFP2-Masken und 2G-Bereichen für die Gastronomie stattfinden lassen.
Der Präsident des Bayerischen Landkreistages, Christian Bernreiter (CSU), appellierte an Bürger und Veranstalter, Kontakte zu vermeiden. "Jder soll sich in der aktuell sehr ernsten Situation gut überlegen, ob er eine Veranstaltung oder einen Weihnachtsmarkt abhält", sagte er.
Die vom Robert Koch-Institut (RKI) gemeldete bayernweite Sieben-Tage-Inzidenz stieg zu Wochenbeginn auf 525,7. Vor einer Woche lag sie noch bei 316,2.
(dpa)
Die Regeln in Bayern im Überblick:
2G fast überall:
Bei roter Krankenhaus-Ampel wie derzeit gilt nun auch in Gaststätten, in Hotels und anderen Beherbergungsbetrieben, dass nur noch Geimpfte und Genesene (2G) Zutritt haben. Ein alternativer PCR-Test reicht also künftig nicht mehr aus. Schon seit vergangene Woche gilt 2G für Theater, Kinos, Museen, Schwimmbäder und andere Freizeiteinrichtungen - lediglich Kinder unter 12 Jahren, für die noch keine Impfung zugelassen wurde, haben weiterhin Zugang, und für 12- bis 17-Jährige gilt für sportliche und musikalische "Eigenaktivitäten" eine Übergangsfrist bis Jahresende. Bei körpernahen Dienstleistungen wie Friseuren bleibt es bei 3G plus - Ungeimpfte haben also weiter Zutritt, aber nur mit einem negativen PCR-Test. Schülerinnen und Schüler, die regelmäßig in der Schule getestet werden, gelten dabei laut Gesundheitsministerium als getestet, brauchen also beim Friseur keinen negativen PCR-Test.
Maskenpflicht auch bei 2G:
Es ist eine Reaktion auf die zunehmende Zahl von Impfdurchbrüchen: Auch in allen Bereichen, in denen nach der 2G-Regel nur Geimpfte und Genesene Zugang haben, gilt nun eine Maskenpflicht - es sei denn, der 1,5-Meter-Mindestabstand wird eingehalten. Die Maskenpflicht greift also bei Veranstaltungen aller Art, in Kinos, Theatern, aber auch in der Gastronomie (außer am Platz). Auch unter 3G-Plus-Bedingungen gilt die Maskenpflicht.
Clubs und Diskotheken: Die Maskenpflicht gilt damit grundsätzlich auch in Clubs, Diskotheken und Bordellen - außer die Veranstalter und Betreiber verlangen zusätzlich einen Schnelltest von den Gästen (2G plus), dann kann auf die Maske auch weiterhin verzichtet werden.
Alten- und Pflegeheime:
Wenn die Krankenhaus-Ampel auf Gelb oder Rot steht, müssen alle Beschäftigten, die nicht geimpft oder genesen sind, zweimal wöchentlich einen negativen PCR-Test oder an jedem Arbeitstag einen negativen Schnelltest vorlegen. Besucher, auch in Kliniken, müssen jedes Mal einen negativen Schnelltest vorlegen.
Kitas:
Ab sofort sollen in den Kitas dreimal statt zweimal wöchentlich Corona-Tests angeboten werden. Wenn die Krankenhaus-Ampel auf Rot steht, sollen zudem wieder feste Gruppen eingerichtet werden.
(dpa)
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