Eigentlich sollten alle ehrenamtlichen Helfer im Freistaat gleichgestellt werden, beschloss kürzlich der Innenausschuss des Landtags. Doch dann funkte der Haushaltsausschuss dazwischen. Bei den Rettungsorganisationen herrscht jetzt massive Verunsicherung.
Kürzlich kam es in der zwischen Dachau und Freising gelegenen Gemeinde Hettenshausen zweimal hintereinander zu einem schweren Brand auf einem Bauernhof. In beiden Fällen handelte es sich um Brandstiftung. Es entstand Sachschaden von mindestens 500 000 Euro, bei einem der beiden Brände verendeten 70 Rinder. Die Feuerwehr war jedes Mal mit mehreren Brandbekämpfern im Einsatz, und auch das Rote Kreuz war vor Ort. Zwar gab es keine Verletzten zu versorgen, aber die Familie des Landwirts stand unter Schock und musste betreut und untergebracht werden. Die Rettungssanitäter kochten während des stundenlangen Löscheinsatzes Kaffee und Tee für die Feuerwehrmänner, richteten eine Brotzeit her. Doch während der Kommandant der Floriansjünger den Verdienstausfall seiner Männer bei der Kommune einreichen konnte, gingen die Rotkreuzler – wie bisher immer – leer aus.
Diese Ungerechtigkeit soll beseitigt werden. Das zumindest beschloss kürzlich der Innenausschuss des bayerischen Landtags. „Bisher dürfen wir finanzielle Ansprüche nur dann geltend machen, wenn wir über die Leitstelle offiziell alarmiert worden sind oder es sich um einen vom jeweiligen Landrat ausgerufenen Katastrophenfall handelt“, erläutert Leonhard Stärk, Geschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes. Und auch das gilt erst seit einer Änderung von Artikel 33a des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes vom März 2013. Davor gab es für die Ehrenamtlichen keinen müden Euro. Noch immer gilt: Fahren sie aus eigener Motivation zum Ort des Geschehens und helfen, müssen sie sehen, wie sie das Thema Verdienstausfall und Fehlzeiten mit dem Arbeitgeber klären.
Verantwortlich für die Ungleichbehandlung sind Entwicklungen, die geraume Zeit zurückliegen. Die Feuerwehr gilt als Teil der Daseinsvorsorge. Für diese sind schon immer die Kommunen zuständig. Weil sich aber, von den Metropolen abgesehen, keine Stadt eine Berufsfeuerwehr leisten kann, delegieren die Bürgermeister diese Aufgabe an die Freiwilligen. Dass die anschließende Abrechnung kein bürokratischer Marathon wird, dafür sorgt – gerade auf dem Land – in vielen Fällen der schlichte Umstand, dass der Bürgermeister selbst meist auch Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr ist oder dieser zumindest eng verbunden. Gleiches gilt übrigens auch für die ehrenamtlichen Mitglieder des Gemeinderats – nicht immer finden dessen Sitzungen ja erst nach Feierabend statt – beziehungsweise auch für die Schöffen am örtlichen Amtsgericht.
In den vergangenen drei Jahren wurden nur 50 000 Euro an die BRKler bezahlt
Der Rettungsdienst dagegen ist Landesaufgabe. In den genannten Fällen – wie auch bei der Sonderbelastung durch den Flüchtlings-ansturm im vergangenen Sommer – durften auch die BRKler entsprechende Anträge einreichen. Für sie zuständig ist allerdings die jeweilige Bezirksregierung.
Wer mit ehrenamtlichen Rettungssanitätern spricht, erfährt, dass sich die Beamten dort deutlich bürokratischer zeigen als der Bürgermeister daheim. Bevor die Mitarbeiter der Bezirksregierung Geld herausrücken, müssen zahlreiche Papiere eingereicht werden. „Es bestand die Angst seitens einiger Politiker, dass die Kosten in die Millionen gehen könnten“, erläutert Leonhard Stärk. „Dabei wurden in den vergangenen drei Jahren gerade mal 50 000 Euro an BRKler ausbezahlt.“
Es gehe dem Roten Kreuz auch nicht primär ums Geld, so der Geschäftsführer. „Aber die symbolische Geste ist uns wichtig, dass wir nicht weniger gelten als die Feuerwehr.“ Er habe auch die mündliche Zusage von Ministerpräsident Horst Seehofer, dass sich das ändern werde. „Und darauf vertraue ich.“
Leider hatte Stärk seine Rechnung ohne den Haushaltsausschuss des Landtags gemacht – genau genommen ohne die CSU-Fraktion. Die grätschten nämlich kürzlich dazwischen. „Dass solche Initiativen sorgfältig geprüft werden müssen – auch in Bezug auf mögliche finanzielle Auswirkungen – ist keine Kehrtwende, sondern verantwortungsvolle Haushaltspolitik“, so Peter Winter (CSU), der Ausschussvorsitzende. Dass die SPD-Fraktion nun über ein „Zweiklassensystem bei der Nothilfe“ schimpft, ficht ihn nicht an. Die Opposition würde das nur „medienwirksam aufbauschen“, sie verursache dabei allerdings „viel Lärm um nichts“, sagt Winter.
Im bayerischen Innenministerium wiederum kann man die Argumente der BRK-Spitze nicht recht nachvollziehen. In der Regel rückten die offiziellen Rettungssanitäter nur dann aus, wenn sie tatsächlich auch von der Integrierten Leitstelle dazu aufgefordert worden seien. Somit hätten sie auch einen Anspruch auf Erstattung des Verdienstausfalls. „Herrn Stärk geht es doch eher um eine andere Klientel: die Helfer in der zweiten Reihe, die beispielsweise die Wurstsemmeln schmieren“, so ein Sprecher von Ressortchef Joachim Herrmann (CSU).
Und die CSU-Fraktion will von einer völligen Gleichstellung, die der BRK-Chef von Seehofer glaubt erhalten zu haben, ohnehin nichts wissen. Angedacht sei lediglich eine Prüfung, ob es geboten sei, eine „maßvolle Ausweitung der Retterfreistellung auf ehrenamtliche Einsatzkräfte im Umfeld des Rettungsdienstes“ vorzunehmen, schreibt die CSU-Fraktion in ihrem Antrag an die Staatsregierung. Klingt so, als ob die Rotkreuzler auf Gleichbehandlung mit anderen Rettungskräften noch etwas warten müssen. (André Paul)
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