Politik

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts, Heinrich Amadeus Wolff (l-r), Henning Radtke, Stephan Harbarth, Vorsitzender des Senats und Präsident des Gerichts, Yvonne Ott, eröffnet die mündliche Verhandlung zu Zeugnisvermerke bei Legasthenikern (Aufnahme mit Lensbaby Objektiv). Es geht dabei um die Frage ob, Legasthenikerinnen und Legastheniker einen Zeugnisvermerk darüber akzeptieren müssen, dass ihre Rechtschreibleistungen nicht in die Noten eingeflossen sind. (Foto: dpa/Uli Deck)

28.06.2023

Kultusminister verteidigt Zeugnisvermerke bei Legasthenie

Der bayerische Kultusminister hat Regelungen im Freistaat zum Umgang mit Zeugnisvermerken bei Legasthenikerinnen und Legasthenikern vor dem Bundesverfassungsgericht verteidigt. Solche Bemerkungen schafften die nötige Transparenz, dass vom allgemeinen Bewertungsstandard abgewichen worden sei, sagte Michael Piazolo (Freie Wähler) am Mittwoch in Karlsruhe. Das sei wichtig, weil gerade Schulabschlusszeugnisse objektiv vergleichbar sein müssten.

Piazolo machte dabei einen Unterschied zwischen Maßnahmen zum Ausgleich äußerer Bedingungen, die die Leistungsfähigkeit der Schüler und Schülerinnen beeinträchtigen, und Beeinträchtigungen beim Erbringen der geforderten Leistungen. Im ersten Fall könne zum Beispiel mit mehr Zeit kompensiert werden, dass Betroffene langsamer lesen und schreiben.

Im zweiten Fall gehe es etwa darum, dass viele Rechtschreibfehler gemacht würden. Hier könne vom sonst anzuwendenden Leistungsmaßstab ausnahmsweise abgewichen werden, sagte Piazolo. Das werde dann aber vermerkt. Die bayerische Gesetzeslage sei dabei nicht einmalig, mehrere andere Bundesländer handhabten es ähnlich.

Das höchste deutsche Gericht verhandelte am Mittwoch über Klagen dreier ehemaliger Abiturienten aus Bayern, die sich wegen solcher Vermerke diskriminiert fühlen. Ein Urteil wird erfahrungsgemäß erst in einigen Monaten erwartet.

Die Kläger gegen Zeugnisvermerke wegen Legasthenie haben zu Beginn des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht bekräftigt, dass die Kommentare sie im Berufsleben einschränken. "Das ist, als ob wir einen Stempel bekommen mit der Aufschrift: Vorsicht, willst du mich wirklich einstellen?", ließen die drei ehemaligen Abiturienten mit Legasthenie in einer Stellungnahme von ihrem Anwalt Thomas Schneider in Karlsruhe verlesen.

Nach Auffassung der Schulbehörden sollen die Vermerke die Aussagekraft von Zeugnissen sicherstellen, sagte der Vorsitzende des Ersten Senats, Stephan Harbarth.

"Nach Angaben der bayerischen Staatsregierung betrug der Anteil der Schüler mit einer Lese-Rechtschreib-Störung an den Gymnasien in Bayern im Jahr 2019 etwa 1,8 Prozent und an allen Schulen durchschnittlich etwa 3,4 Prozent", sagte der berichterstattende Verfassungsrichter Josef Christ. Ihm zufolge hatten die drei Kläger ein sehr gutes bis gutes Abitur abgelegt. 

Für die Prüfungen hätten sie auf Antrag einerseits eine verlängerte Schreibzeit bekommen, andererseits wurde ihre Rechtschreibung bei der Notengebung außer Acht gelassen. Die abweichende Leistungsbewertung tauchte dann - wie in Bayern und anderen Bundesländern vorgesehen - als Vermerk im Zeugnis auf. (Valeria Nickel und Marco Krefting, dpa)

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