Politik

Krankenpfleger der München Klinik kümmern sich auf der Intensivstation um einen Corona-Patienten. Müssen sich Ungeimpfte bald an den Kosten beteiligen? (Foto: dpa/Peter Kneffel)

27.12.2021

Holetschek will Ungeimpfte stärker zur Kasse bitten

Falls eine allgemeine Impfpflicht kommt, scheinen Verstöße angesichts der Proteste von Impfgegnern fast unvermeidlich. Wie soll damit umgegangen werden? Überlegungen von Bayerns Gesundheitsminister stoßen unter anderem bei Patientenschützern auf Kritik

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat vorgeschlagen, bei Verstößen gegen die geplante allgemeine Corona-Impfpflicht nicht nur Bußgelder zu verhängen, sondern auch finanzielle Konsequenzen bei der Krankenkasse zu erwägen. "Wir sollten zusätzlich auch prüfen, ob Malus-Regelungen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung möglich und sinnvoll wären", sagte Holetschek dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Sonntag). "Denn das Risiko für Ungeimpfte, an Corona schwer zu erkranken, ist deutlich erhöht", sagte der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz. "Die Prüfung, ob dies gegebenenfalls möglich und sinnvoll wäre, hat durch den Bund zu erfolgen im Kontext der Umsetzung einer allgemeinen Impfpflicht."

Kritik an diesen Überlegungen kam vom Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. "Holetschek sollte nicht mit dem Feuer spielen. Das setzt Fliehkräfte frei, die wir nicht mehr beherrschen können", sagte Brysch der Deutschen Presse-Agentur. Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, lehnte höhere Krankenkassenbeiträge für Impfunwillige und Impfgegner strikt ab. "Die solidarische gesetzliche Krankenversicherung mit über 100-jähriger Geschichte kennt keine risikoadaptierten Prämien", sagte Gassen der "Rheinischen Post".

Höhere Kassenbeiträge für Ungeimpfte?

Holetschek nannte keine Präferenzen. Infrage kämen dem RND-Bericht zufolge höhere Kassenbeiträge für Ungeimpfte, eine Beteiligung an den Behandlungskosten oder die Streichung des Krankengeldes. Die beiden letztgenannten Möglichkeiten sind schon geregelt, nämlich bei Folgebehandlungen nach medizinisch nicht indizierten ästhetischen Operationen, Tattoos oder Piercings. Dann habe "die Krankenkasse die Versicherten in angemessener Höhe an den Kosten zu beteiligen und das Krankengeld für die Dauer dieser Behandlung ganz oder teilweise zu versagen oder zurückzufordern", heißt es im Sozialgesetzbuch.

Brysch sagte, wenn dies im Zusammenhang mit einer Impfpflicht gelten solle, müsse alles auf den Prüfstand, was ein Risiko für den Menschen bedeute. "Das fängt bei Sport an und geht über das Rauchen weiter", sagt Brysch. Etwa Raucher oder Adipöse an den Kosten ihrer Behandlung beteiligen, wenn sie als Folge ihres Lebenswandels erkrankten, "wäre ein Irrweg". Bei Schönheits-OPs, Piercings oder Tattoos gehe um risikoreiche Eingriffe. "Nicht-geimpft ist damit in keiner Weise vergleichbar. Unterlassen ist etwas ganz anderes als Handeln. Es wäre eine 180-Grad-Wende im Sozialgesetzbuch", sagte Brysch.

"In der Logik des bayerischen Gesundheitsministers müsste es zukünftig auch Zuschläge für Raucher oder Patienten mit Übergewicht geben, da auch diese regelhaft hohe Behandlungskosten auslösen", sagte auch Gassen. Es bleibe zudem rätselhaft, wie Malusregelungen bei Menschen greifen sollen, die im Rahmen von Transferleistungen krankenversichert sind. "Es wäre besser, die Menschen zu überzeugen", sagte der KVB-Chef der "Rheinischen Post".

92 000 Euro kostet Behandlung eines beatmeten Corona-Patienten

Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin hatte sich hingegen kürzlich für eine Kostenbeteiligung Ungeimpfter an Krankenhausleistungen ausgesprochen. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland zitiert Zahlen der AOK, nach denen die Behandlung eines Corona-Patienten, der mit einer Ecmo-Maschine beatmet wird, im Schnitt 92 000 Euro kostet. Rund 34200 Euro seien es bei künstlicher Beatmung ohne Ecmo und im Schnitt rund 5800 Euro bei Corona-Patienten, die nicht beatmet werden.

Der Bundestag hatte am 10. Dezember eine Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken oder Pflegeheimen beschlossen. Bis zum 15. März müssen alle Beschäftigten in diesen Bereichen eine vollständige Impfung nachweisen. Um die Impfquote zu erhöhen, ist nun auch eine allgemeine Impfpflicht im Gespräch. Geplant ist, dass der Bundestag ohne Fraktionszwang darüber abstimmt.

Holetschek forderte die Bundestagsparteien auf, die Impfpflicht noch im Januar auf den Weg zu bringen. "Wir müssen die allgemeine Impfpflicht zeitnahe zum Wirksamwerden der einrichtungsbezogenen Impfpflicht starten." Viele Beschäftigte in Kliniken und Pflegeheimen fühlten sich durch die Neuregelung stigmatisiert. "Mit einer allgemeinen Impfpflicht sorgen wir für eine Gleichbehandlung und verhindern zudem, dass noch mehr Pflegekräfte ihren Beruf verlassen."
(dpa)

Corona-Inzidenz sinkt in Bayern auf 190,4
Der Corona-Inzidenzwert ist in Bayern über die Feiertage weiter gesunken. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Montag (Stand 3.25 Uhr) für den Freistaat einen Sieben-Tage-Wert von 190,4. Die Zahl lag damit unter dem Bundesschnitt von 222,7.

Vor den Feiertagen hatte die Inzidenz in Bayern noch bei knapp 250 gelegen. Das RKI wies allerdings darauf hin, dass während der Feiertage wegen einer geringeren Test- und Meldeaktivität die Daten nur ein unvollständiges Bild der Lage geben könnten.

Die bayernweit höchste Inzidenz meldete das RKI mit 350,9 für den Landkreis Dillingen an der Donau, gefolgt vom Landkreis Unterallgäu mit 341,4 und der Stadt Schweinfurt, die am Sonntagabend mit gewalttätigen Corona-Protesten Schlagzeilen machte, mit 330,1.

Die niedrigsten Inzidenzen hatten der Landkreis Main-Spessart (112,7), die Stadt Landshut (120,4) und der Landkreis Wunsiedel (120,9).

Insgesamt sind laut RKI in Bayern bisher mehr als 1,3 Millionen Menschen an Corona erkrankt - 19 407 starben mit oder an Corona.
(dpa)

Kommentare (1)

  1. Nachdenker am 27.12.2021
    Herr Holetschek, auf was für abstruse Gedanken kommen sie denn. Sie treiben mit diesen Gedanken die Spaltung unserer Gesellschaft immer mehr voran. Sie verunglimpfen damit Menschen wie mich, die sich mit dem Thema Corona Impfung kritisch auseinander setzten und sich mit den z. Zt. bedingt zugelassenen Impfstoffen nicht impfen lassen. Ich warte auf die neuen Impfstoffe. Dieses Recht seht mir zu!
    Ich lasse mich deshalb auch nicht in die Ecke der Querdenker und sonstiger Gruppierungen stecken,
    wie es z. Zt. in der Politik jedoch üblich ist.
    Langsam gewinne ich den Eindruck, dass ganz speziell in Bayern von großen Fehlern in der Gesundheitspolitik abgelenkt werden soll - Betten- und Personalabbau in der Pandemiezeit!
    Es werde immer größer Drohkulissen aufgebaut.
    Tun Sie lieber etwas für die Pflegekräfte, wie akzeptable Arbeitszeiten und angemessene Bezahlung.
    Klatschen auf dem Balkon und reine Absichtserklärungen reichen nicht.
    An unseren Ministerpräsidenten: Immer auf andere zeigen und sich selbst keine Fehler einzugestehen, ist meiner Ansicht nur ein Zeichen von Selbstherrlichkeit und Arroganz.
    Anmerkung: Von welcher Partei sind die Personen, die sich beim Maskenkauf bereichert haben? Ach ja, von einer Partei, die das Wort "Christlich" im Namen trägt!!! So viel zum Thema Gewissen in in der Politik.
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