Politik

Karl-Heinz Lambertz (rechts) im Europaausschuss mit Ausschusschef Tobias Gotthardt (Freie Wähler) (Foto: Rolf Poss/Bildarchiv Bayerischer Landtag)

12.07.2019

Mehr Bürgernähe gegen den Europa-Frust

Der Präsident des europäischen Ausschusses der Regionen über Postengeschacher und Besserwisser in der EU

Die Menschen in ihren Köpfen – und vor allem ihren Herzen davon zu überzeugen, dass die Europäische Union für sie einen Mehrwert darstellt – und keine Gefahr, dafür kämpft Karl-Heinz Lambertz. Der Belgier, Präsident des europäischen Ausschusses der Regionen (AdR), appelliert bei seinem Besuch des Europaausschusses im Landtag: „Wir müssen allen Europäern klarmachen, dass Europa nicht nur in Brüssel oder Straßburg stattfindet, sondern zuallererst vor Ort, wo die Menschen leben.“ In den 100 000 Kommunen und 300 Regionen Europas.

Dumm nur, dass die Menschen dieses Gefühl gerade eher nicht haben. Einmal mehr werden die Spitzenjobs in Hinterzimmern vergeben. Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) soll Kommissionspräsidentin werden – eine Frau, die bei der Europawahl auf keiner Liste stand. „Dieses Gemurkse hinterlässt bei den Menschen den Eindruck, dass mit Europa etwas nicht stimmt“, sagt Lambertz im Gespräch mit der Staatszeitung. Ein Geschenk für Populisten und ihre antieuropäische Stimmungsmache. Das Posten-Geschachere sei aber leider ein charakteristisches Beispiel für die Dysfunktion des europäischen Systems, das im Wesentlichen immer noch nach den Regeln für eine Union aus sechs Mitgliedern funktioniere, erklärt Lambertz.

"Zu viele glauben: Die dummen Bürger verstehen das nicht"

Den Glauben an die Europäische Union und ihren Reformwillen hat Lambertz nicht verloren, das stellt er im Ausschuss unter Beweis. Sein Credo: Ein bürgernahes Europa schaffen. „Die Wirklichkeit und Betroffenheit der Menschen muss das Maß für alle Entscheidungen in Brüssel sein.“ Einhergehen müsse damit auch ein Mentalitätswandel mancher Leute in den EU-Administrationen. Zu viele glaubten, sie wüssten am besten, was gut für die Menschen in Europa sei, so Lambertz. „Sie denken, die dummen Bürger würden das nur nicht verstehen.“

Der Einfluss, den die Regionen und Kommunen über den AdR auf Entscheidungen in Brüssel nehmen können, ist allerdings noch ausbaufähig. Bei bestimmten Vorhaben hat der Ausschuss zwar ein Mitspracherecht, bindend sind seine Beschlüsse allerdings nicht. Gegen Verstöße gegen das Subsidiaritätsprinzip kann er zumindest klagen. Ein „Hammerargument“ bei Verhandlungen zu neuen EU-Gesetzen, sagt Lambertz. Denn die Androhung, vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen, habe bis jetzt immer gewirkt.

Das Gebot der Stunde sei nun ein Paradigmenwechsel: Statt defensiv zu agieren, müsse man verstärkt gestalterisch tätig werden, so Lambertz. Regionalparlamente könnten etwa als „Hubs“, also Knotenpunkte eines Netzwerks für die EU fungieren, um grenzübergreifende Reformen anzustoßen. Lambertz wünscht sich den bayerischen Landtag als Pilotpartner für ein solches neues Beteiligungsinstrument. Bei Ausschusschef Tobias Gotthardt (Freie Wähler) stößt er damit auf offene Ohren: „Ein verführerisches Angebot.“
(Angelika Kahl)

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