Politik

21.04.2023

Merkel-Ehrung: Überflüssige Ordenhuberei

Ein Kommentar von Waltraud Taschner

Die frühere Kanzlerin Angela Merkel ist geehrt worden: mit dem höchsten Bundesverdienstkreuz. Derlei Orden werden verliehen für „hervorragende Leistungen“ um das Gemeinwohl – so steht es auf der Webseite des Bundespräsidenten, der darüber entscheidet, wem die Ehrung zuteil wird. Nur zwei Kanzler vor Merkel haben diesen Orden in der obersten Kategorie erhalten: Konrad Adenauer und Helmut Kohl.

Zweierlei irritiert: Zum einen ist nicht nur bei der Opposition umstritten, wo genau Merkels „hervorragende“ Leistungen tatsächlich liegen. Immerhin hat die Ex-Regierungschefin dem Land gravierende Probleme hinterlassen beziehungsweise diese erst verursacht. Dazu zählen die Migrationspolitik, die Russlandstrategie, das Agieren in der Pandemie. Dass hier einiges schieflief, hat die Ex-Kanzlerin nie auch nur ansatzweise zugegeben.

Es drängt sich der Eindruck auf: Hier klopft sich die politische Kaste gegenseitig auf die Schulter

Selbst der Vorsitzende der CDU-Grundwertekommission hält die Merkel-Ehrung für falsch. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier pries bei der Ordensverleihung vor allem Merkels Durchsetzungsfähigkeit. SPD-Chefin Saskia Esken und andere rühmten deren „uneitle Art“ und ihren „feinen Humor“. Mit Verlaub: Durchsetzungskraft und Humor sind untaugliche Kriterien für eine Kanzlerinnenehrung.

Wobei man zweitens bei der Frage wäre, was überhaupt die besondere Auszeichnung von Politiker*innen rechtfertigt. Sich bestmöglich ums Gemeinwohl zu kümmern ist die Hauptaufgabe der politisch Verantwortlichen. Warum muss man ihnen dafür einen Orden umhängen? Der offenkundige Automatismus ist ohnehin befremdlich: Jeder Kanzler hat bisher ein Bundesverdienstkreuz erhalten, wenngleich in abgestufter Form. Die ganze Ordenhuberei wirkt aus der Zeit gefallen.

Auch in Bayern und anderen Ländern werden munter Orden und Auszeichnungen an Regierungsmitglieder, Abgeordnete oder Gemeindeoberhäupter verliehen, die sich diese dann mit stolzgeschwellter Brust ans Revers heften. Es drängt sich der Eindruck auf: Hier klopft sich die politische Kaste gegenseitig auf die Schulter – für Selbstverständlichkeiten. Das andere Wort für Abgeordnete lautet: „Volksvertreter“. Daran sollten sich die Damen und Herren bei ihrer Arbeit erinnern. Orden für Politiker*innen gehören abgeschafft.

 

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