Politik

Egal ob hetero oder homo: Die "Ehe für alle" kommt. (Foto: dpa)

27.06.2017

Merkel gibt Abstimmung über Ehe für alle frei

CDU und CSU heben den Fraktionszwang auf. Innerhalb der Union gehen die Meinungen auseinander

Bei einer Bundestagsabstimmung über die völlige Gleichstellung der Homosexuellen-Ehe müssen sich die CSU-Abgeordneten nicht mehr an die Position der Partei halten. Die Grundposition der CSU beinhalte nicht die sogenannte Ehe für alle, teilte die Partei am Dienstag nach einer kurzfristigen Telefonschalte der Parteispitze in München mit. "Gleichwohl haben wir Respekt und Verständnis, wenn Bundestagsabgeordnete der CSU bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag ihrem Gewissen folgend eine abweichende Entscheidung treffen." Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hob den Fraktionszwang in der Union für die von der SPD verlangte Abstimmung ebenfalls auf. Die CSU reagierte mit der Entscheidung auf die von Merkel angedeutete Meinungsänderung bei dem Thema. Sie war am Montagabend vom klaren Nein der CDU abgerückt und hatte erklärt, sie wünsche sich eine Diskussion, die "eher in Richtung einer Gewissensentscheidung geht". Nach dpa-Informationen hatte Merkel diese Linie mit CSU-Chef Horst Seehofer abgesprochen. An der generellen Haltung der CSU zur Ehe für alle hat sich aber nichts geändert. "Die Ehe von Mann und Frau steht zu Recht unter dem besonderen Schutz des Staates. Wir wenden uns gegen jegliche Relativierungsversuche", hieß es in der Mitteilung. Diese Position hat die CSU auch in ihrem neuen Grundsatzprogramm verankert.

Wird am Freitag abgestimmt?

Seehofer hatte am Montag erklärt, die CSU respektiere, dass in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften Verantwortung ausgeübt werde. "Es ist richtig, dass der Staat mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft eine eigene Institution dafür vorhält. Jegliche Form von Diskriminierung gegenüber diesen Partnerschaften lehnen wir entschieden ab", teilte die Partei weiter mit. Innerhalb der Bundestagsfraktionen gehen die Meinungen zur Ehe für alle weit auseinander. Mit der geforderten Bundestagsabstimmung bricht die SPD laut CSU-Landesgruppengeschäftsführer Max Straubinger den Koalitionsvertrag. "Der Koalitionsvertrag besagt, dass wir uns damit in dieser Legislaturperiode nicht beschäftigen", sagte er der Mediengruppe "Straubinger-Tagblatt/Landshuter Zeitung" (Mittwoch). Generell lehne er die Ehe für alle ohnehin ab: Für ihn bedeuteten "Ehe und Familie noch immer die Verbindung von Mann und Frau". Dagegen lobte die CSU-Bundestagesabgeordnete Gudrun Zollner gegenüber der Mediengruppe den Kurswechsel von Merkel: "Es tut sich was, auch in der CSU." Mit einer Abstimmung darüber noch in dieser Legislaturperiode - oder gar wie von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz gefordert sogar noch in dieser Woche - rechne sie allerdings nicht mehr. Zollner geht davon aus, dass der Begriff Ehe aber auch künftig Verbindungen von Mann und Frau vorbehalten bleibe - unabhängig von einer rechtlichen Gleichstellung. Aus Unionsfraktionskreisen hieß es allerdings, es werde damit gerechnet, dass am Freitag abgestimmt werde.
 (dpa)

INFO: Europa und die Homosexuellen-Ehe
Die Ehe gleichgeschlechtlicher Partner ist in mehr als einem Dutzend europäischer Länder bereits erlaubt. Nicht immer ist damit auch ein Adoptionsrecht verbunden - wie es nun in Deutschland wieder diskutiert wird.

Die NIEDERLANDE waren ein Vorreiter. In Amsterdam wurden 2001 die weltweit ersten homosexuellen Ehen standesamtlich geschlossen. Seit 1998 konnten gleichgeschlechtliche Paare ihre Partnerschaft bereits bei den Standesämtern registrieren lassen. Eine Adoption ist möglich.

BELGIEN war nach den Niederlanden weltweit das zweite Land, das heterosexuelle und homosexuelle Paare 2003 gleichstellte. Im Jahr 2006 kam das Adoptionsrecht hinzu.

DÄNEMARK ließ 1989 als erster Staat der Welt eine registrierte Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare zu. Seit 2010 haben homosexuelle Dänen dasselbe Recht auf Adoption von Kindern wie heterosexuelle. Seit Sommer 2012 können sie heiraten. Auf den Färöer-Inseln, zu Dänemark gehörend, waren allerdings noch bis Juni 2017 gleichgeschlechtliche Ehen nicht erlaubt.

FINNLAND: Das Parlament stimmte 2014 für die sogenannte Homo-Ehe. Das Gesetz trat 2017 in Kraft und umfasst auch das Recht auf Adoption.

FRANKREICH: Trotz heftiger Proteste von Konservativen trat das Gesetz zur Ehe für alle im Mai 2013 in Kraft. Schwule und Lesben haben zudem ein Adoptionsrecht.

GROSSBRITANNIEN: England und Wales stimmten 2013 für die Homo-Ehe, Schottland folgte 2014. Eine Adoption ist in England und Wales bereits seit 2005 möglich, in Schottland seit 2009. Nordirland hat bei der Ehe bisher nicht nachgezogen, eine Adoption ist aber seit 2013 erlaubt. Auf den Bermuda-Inseln ist seit 2015 die Adoption und seit 2017 die Ehe für alle rechtmäßig.

IRLAND ließ die Eheschließung homosexueller Paare im Mai 2015 zu - als erstes Land weltweit per Volksentscheid. Das Gesetz zur Adoption wurde 2015 beschlossen, ist aber noch nicht vollständig in Kraft getreten.

ISLAND: Das Parlament ermöglichte die Homo-Ehe im Sommer 2010. Gleich darauf heiratete die damalige Regierungschefin Jóhanna Sigurdardóttir ihre Lebensgefährtin.

LUXEMBURG: Homosexuelle Paare können sich im Großherzogtum seit Anfang 2015 das Jawort geben und Kinder adoptieren. Im Mai 2015 heiratete Premierminister Xavier Bettel seinen langjährigen Partner.

NORWEGEN: Homosexuelle können heiraten und sind anderen Ehepaaren auch bei der Adoption gleichgestellt. Das Parlament in Oslo verabschiedete das Gesetz 2008.

PORTUGAL: Ehen gleichgeschlechtlicher Partner sind seit 2010 möglich. Seit Februar 2016 haben sie auch das Adoptionsrecht.

SCHWEDEN: Seit 1995 können sich homosexuelle Paare amtlich registrieren lassen, 2003 wurden sie auch beim Adoptionsrecht gleichgestellt. Seit 2009 ist die Ehe möglich.

SLOWENIEN: Im März 2015 verabschiedete das Parlament ein Gesetz zur Einführung der Homo-Ehe. In einem Referendum im Dezember 2015 kippten die Bürger mit großer Mehrheit das Gesetz wieder.

SPANIEN erlaubte homosexuellen Paaren 2005 die Eheschließung ebenso wie die Adoption von Kindern. (dpa)

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