Das Plastikstrohhalm-Verbot war nur der Anfang: Seit 1. Januar müssen Gastronomiebetriebe für ihre To-go-Produkte Mehrwegalternativen anbieten. Die Anzahl der erlaubten Ausnahmen ist dabei hoch, die Zahl der Betriebe, die gegen das Gesetz verstoßen, ebenfalls. Auch die Akzeptanz bei den Gästen ist ausbaufähig.
Vorschrift ist: Wer Essen in Boxen mit Plastikanteil und Getränke in Bechern zum Mitnehmen verkauft oder liefert, muss auch Mehrwegverpackungen anbieten. Ohne Aufpreis. Ein Pfand darf verlangt werden. Die Betriebe können ein eigenes Mehrwegsystem einführen, sich an ein bestehendes System anschließen oder mit benachbarten Betrieben kooperieren. Von der Pflicht ausgenommen sind kleine Betriebe wie Dönerläden oder Imbissbuden mit maximal fünf Beschäftigten und bis zu 80 Quadratmeter Verkaufsfläche. Sie müssen allerdings ihren Kund*innen ermöglichen, eigene Behältnisse mitzubringen.
Eine bundesweite Recherche des Umweltschutzvereins Greenpeace zeigt: Mehr als die Hälfte der Mitte Januar stichprobenartig besuchten Gastrobetriebe hält sich an keine Vorschrift. Heißt: Es werden gar keine Mehrwegverpackungen angeboten. Nur 24 Prozent erfüllten alle Vorgaben des Gesetzes. Große Fast-Food-Ketten und Lieferdienste fielen dabei offenbar besonders negativ auf. Greenpeace hat nun ein Meldeportal ins Leben gerufen. Dort sollen bundesweit Verstöße gemeldet werden. 1130 Nachrichten gingen seit Ende März bereits ein, die auch an die zuständigen Landesbehörden weitergegeben werden. Wie viele Meldungen aus Bayern kamen, kann Greenpeace aus Datenschutzgründen nicht sagen. Es ist aber klar, dass es auch in Bayern Nachholbedarf gibt.
Kommunen überwachen die Einhaltung
Die jeweiligen Kommunalverwaltungen überwachen die Einhaltung. In der Landeshauptstadt München rückten die städtischen Beschäftigten seit Mitte Februar bislang 50-mal aus. Laut dem Referat für Klima und Umweltschutz waren die dabei festgestellten Vergehen überwiegend Verstöße gegen die Hinweispflicht.
Ein Bußgeld – immerhin drohen bei Missachtung bis zu 10.000 Euro Strafe – wurde in München bislang noch nicht verhängt. Dieses soll auch nur bei wiederholten Verstößen zum Tragen kommen. Im Vordergrund steht erst einmal die Aufklärung der Betriebe. Und das aus gutem Grund: Nicht wenige erfuhren erst von den städtischen Kontrolleur*innen, dass jetzt eine Mehrwegpflicht gilt.
Dabei stammt die Novelle des Gesetzes noch aus der Zeit der Großen Koalition. Die Vorlaufzeit betrug zwei Jahre. Außerdem gab es schon im vergangenen Jahr mehrere Informationskampagnen. Die Stadt München etwa bot in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) und mehreren Innungen Veranstaltungen an. Dazu gab es einen Zuschuss in Höhe von 500 Euro, um den Umstieg der Betriebe auf Mehrweg zu erleichtern. Auch das bayerische Umweltministerium startete dazu im Vorjahr mit dem Dehoga eine Infokampagne. Doch offenbar kam diese Nachricht nicht bei allen an.
Das hat sicher auch mit der Pandemie, dem dramatischen Fachkräftemangel und den deutlich gestiegenen Energiepreisen zu tun. Wenn es um die Existenz geht, hat man womöglich andere Sorgen als die Einführung einer Mehrwegpflicht.
Dehoga: Petz-Aktion von Greenpeace ist schäbig
Thomas Geppert, der Landesgeschäftsführer des Dehoga, sieht dennoch die meisten Gastronomiebetriebe in Bayern dank der Informationskampagnen gut vorbereitet. „Es wird gemacht“, sagt er. „Es steht ja auch außer Frage, dass Mehrweg besser als Einweg ist.“ Nur zwei Dinge stören ihn: Das Greenpeace-Meldeportal – für ihn der Aufruf zum Denunziantentum – findet er „schäbig“. Und beim Gesetz hätte er sich mehr gesunden Menschenverstand gewünscht.
Tatsächlich krankt das Bundesgesetz an mehreren Stellen. Es lässt sich nämlich leicht umgehen: Statt Müll zu vermeiden, haben etliche Gastrobetriebe, unter anderem McDonald’s, einfach das Plastik in den Boxen durch anderes Wegwerfmaterial ersetzt. Und dass die kleinen Läden außen vor sind, ist zwar nachvollziehbar. Allerdings fällt dort ein nicht unerheblicher Teil der 770 Tonnen Verpackungsmüll pro Tag in Deutschland an. Die wenigsten Menschen dürften künftig mit ihren eigenen Mehrwegboxen zum Dönerholen gehen.
Ebenso gering ist zum jetzigen Zeitpunkt die Akzeptanz der Mehrwegangebote in den größeren Betrieben. Diese müssen nur ihre eigenen Mehrwegverpackungen zurücknehmen – was die Nutzung sehr unattraktiv macht. Entsprechend bleiben viele der Betriebe, die mit Engagement die Mehrwegpflicht bei sich umgesetzt haben, auf den eigens angeschafften Behältern sitzen. So berichtet es das Münchner Umweltschutzreferat. Die Leute greifen lieber weiter zur Einwegbox. Die kann man in jedem Mülleimer entsorgen – statt sie die ganze Zeit mit sich herumzuschleppen.
(Thorsten Stark)
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