Politik

Ob es seit dem Start der Corona-Warn-App eine erhöhte Nachfrage von potenziell Infizierten bei den Gesundheitsämtern gibt, weiß das Bundesgesundheitsministerium nicht. (Foto: Revierfoto/dpa)

26.06.2020

Risikoermittlung nicht möglich

Die Corona-Warn-App hat noch gravierende Mängel und Verbraucherschützer warnen vor einem möglichen Nutzungszwang

Gut eine Woche nach dem Start haben sich bereits über zwölf Millionen Deutsche die Corona-Warn-App heruntergeladen. Für die Bundesregierung ist die Zahl ein Erfolg: Damit wurde eine kritische Marke erreicht, ab der die App eine Wirkung erzielen kann. Laut der App-Entwickler haben sich diese Woche 341 App-Nutzer*innen als infiziert gemeldet. Wie viele Kontaktpersonen gewarnt wurden, können die Programmierer*innen wegen der dezentralen Datenspeicherung nicht einsehen. Zahlen für Bayern liegen Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) nicht vor. Die Zahl der infizierten App-User deckt sich aber prozentual mit der vom Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldeten Zahl der bundesweiten Neuinfektionen in den letzten sieben Tagen. Ist die App also ein großer Erfolg? Das sehen nicht alle so.

Zum Start der App kam es trotz der langen Entwicklungszeit und Gesamtkosten von über 60 Millionen Euro zu gravierenden Mängeln: Wer nicht mindestens ein iPhone 6s oder Android 6 als Betriebssystem hat, kann die App gar nicht installieren. Das betrifft rund 15 Prozent der Deutschen – insbesondere ältere Menschen, die zur Risikogruppe gehören. Selbst Menschen mit neueren Smartphones erhielten Fehlermeldungen. „Covid-19-Kontaktmitteilungen werden in dieser Region möglicherweise nicht unterstützt“, hieß es beispielsweise bei iPhone-Usern. Android-Nutzer erhielten die Fehlermeldung, dass die Risikoermittlung nicht möglich sei. Laut RKI sind dafür Energiesparmodi oder die Akkueinstellung verantwortlich.

Die Freien Wähler mahnen bei der App zur Zurückhaltung

Während Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) zum Download der App aufruft, mahnt der Koalitionspartner im Landtag zur Zurückhaltung. „Solange die Gefahr von Datenmissbrauch nicht ausgeräumt ist, sehe ich die App gespalten“, sagt die Abgeordnete Susann Enders (Freie Wähler). Sie sorgt sich um Sicherheitslücken und Fehlalarme aufgrund falscher oder gefälschter Daten. „Auf Biegen und Brechen mit der App zu versuchen, etwas abzuliefern, was nicht garantiert, dass Corona-Infektionen verhindert werden“, ist aus Sicht von Enders kurzsichtig. Die AfD rät gänzlich von der Nutzung ab.

Die Grünen halten die App zwar für ein sinnvolles Instrument zur Corona-Bekämpfung, sie vermissen aber ein Begleitgesetz. Verbraucherschützer sorgen sich, dass aus der freiwilligen Nutzung ein Zwang werden könnte. Aktuell ist etwa nicht klar, ob der Arbeitgeber die App-Installation auf Diensthandys vorschreiben kann. Zuletzt hatten auch konservative Politiker*innen eine Nutzungspflicht gefordert, um Geschäfte, Restaurants oder Veranstaltungen zu besuchen. Bisher sind weder dem bayerischen Handelsverband noch dem Hotel- und Gaststättenverband Mitglieder bekannt, die eine App zur Voraussetzung für das Betreten ihrer Räume machen. Das kann sich aber bei einer zweiten Welle schnell ändern. Die Bundesregierung hält ein Begleitgesetz dennoch für „nicht notwendig“. (David Lohmann)

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