Politik

Wer wird Nachfolger von Peter Müller als Richter*in im Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts? (Foto: Bundesverfassungsgericht)

22.11.2023

CSU und CDU ringen um Verfassungsrichter

Ende September endete die Amtszeit des Saarländers Peter Müller als Richter am Bundesverfassungsgericht. Doch er ist noch immer im Amt. So einfach der Grund dafür ist, so schwer scheint bisher die Lösung

Fast zwei Monate nach dem altersbedingten Ablauf der Amtszeit von Verfassungsrichter Peter Müller konnten sich CSU und CDU offenkundig noch immer nicht auf einen Nachfolger einigen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur laufen hinter den Kulissen zwar Gespräche über die Nachbesetzung - eine spruchreife Entscheidung kam dabei trotz des Zeitdrucks zunächst wohl nicht heraus.

In der Union hoffen sie nun, dass die Entscheidung noch in dieser Woche fallen könnte, damit der Kandidat am Freitag im Bundesrat gewählt werden kann. Die Zeit drängt also.

Wie die dpa aus Unionskreisen erfuhr, ist der zwischenzeitlich von vielen Medien als Nachfolger bereits genannte frühere bayerische Justizminister Winfried Bausback (CSU) keine Option mehr. Auch der als Nachfolgekandidat gehandelte Bundestagsabgeordnete Günter Krings (CDU) ist dem Vernehmen nach nicht mehr im Rennen. Auf wen die Wahl nun fallen soll, war zunächst unklar.

Die CSU hat wegen einer geltenden Absprache zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien das Vorschlagsrecht für die Nachbesetzung - sie muss sich aber dabei mit der CDU abstimmen. Dem Vernehmen nach hatte es sowohl von der CDU als auch aus der CSU derart massive Kritik an Bausback gegeben, dass seine Benennung als Kandidat vom Tisch ist.

Zeitliche Grenzen

Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz setzt für die Nachfolgesuche aber zeitliche Grenzen: "Kommt innerhalb von zwei Monaten nach dem Ablauf der Amtszeit oder dem vorzeitigen Ausscheiden eines Richters die Wahl eines Nachfolgers auf Grund der Vorschriften des § 6 nicht zustande, so hat das älteste Mitglied des Wahlausschusses unverzüglich das Bundesverfassungsgericht aufzufordern, Vorschläge für die Wahl zu machen", heißt es in Paragraf 7a.

CDU und CSU würden also ihr Vorschlagsrecht verlieren, sollten sie nicht zeitnah einen Nachfolgekandidaten oder eine Nachfolgekandidatin gefunden haben, die im Bundesrat die notwendige Zweidrittelmehrheit der Stimmen erhält. So gesehen ist die Sitzung der Länderkammer am Freitag mehr oder weniger ihre letzte Chance. Der Bundesrat kommt in diesem Jahr noch einmal Mitte Dezember zusammen.

Vieles spricht daher dafür, so ist zu hören, dass es auf einen Kandidaten herauslaufen werde, der nicht als CSU-Mitglied wegen Befangenheit in die Bredouille zu kommen droht. Beste Chancen werden einem Juristen oder einer Juristin oder einem Verfassungsrechtler aus Bayern gegeben. Es bleibt spannend. Denn erst wenn die Nachfolge entschieden ist, kann Müller endgültig aus seinem Amt ausscheiden.

Angst vor Befangenheit

Die Gründe, die dem Vernehmen nach am Ende gegen Bausback (und Krings) ausschlaggebend waren, sind politisch durchaus spannend und heikel zugleich: So gab es in der Union zum einen Befürchtungen zu einer absehbaren Befangenheit Bausbacks wegen dessen CSU-Parteibuch im anstehenden Klageverfahren in Karlsruhe gegen das Bundestagswahlrecht.

Nachdem der Bundestag im Juni mit den Stimmen der Ampel-Parteien eine Reform des Bundestagswahlrechts beschlossen hatte, hatten zunächst der Freistaat Bayern und die CSU Klage gegen die Reform in Karlsruhe eingereicht. Sie monieren, das Gesetz sei verfassungswidrig, da zur Reduzierung der Abgeordnetenzahl Überhang- und Ausgleichsmandate sowie die sogenannte Grundmandatsklausel weggefallen sind.

Auch Bausbacks Dissertation aus dem Jahr 1998 soll die Vorbehalte in der Union verstärkt haben. Auf 315 Seiten setzt er sich darin ausgerechnet mit den verfassungsrechtlichen Grenzen des Bundestagswahlrecht auseinander. Besonders brisant dabei: Bausback kommt in seiner Analyse mit Fokus auf die Linkspartei zum Ergebnis, dass die von der CSU per Klage zurückgeforderte Grundmandatsklausel verfassungsrechtlich zumindest bedenklich ist.

Der Wegfall der Grundmandatsklausel könnte aber dazu führen, dass die CSU zwar alle Direktmandate in Bayern gewänne, bundesweit aber bei der Bundestagswahl unter der Fünf-Prozent-Marke landen würde und damit nicht mehr im Bundestag vertreten wäre.
(Marco Hadem, Jörg Blank und Marco Krefting, dpa)

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