Zwei Tage hatte der Biergarten am Münchner Chinesischen Turm geöffnet. Dann war wieder geschlossen. Anderen Gastronomen erging es ähnlich. Die niedrigen Inzidenzen erlauben der Außengastronomie zwar vielerorts Öffnungen. Aber Regen und Kälte haben den Saisonstart erst mal verhagelt. Oder, wie es eine Sprecherin der Paulaner-Wirtschaft am Nockherberg in München sagt: „Das Wetter ist es, das uns so in die Suppe spuckt.“
Die Hürden auf dem Weg zum ersten Draußen-Bier sind groß. Da ist der Dauerregen, der die Gastronomen zwingt, täglich neu zu entscheiden, ob geöffnet oder geschlossen wird. Andere Wirt*innen lassen gleich zu, um sich das Hin und Her zu ersparen. Sollte doch offen sein, ist mancherorts eine Reservierung nötig. Registrieren lassen muss man sich auf jeden Fall. Und wenn man nicht gerade mit dem eigenen Hausstand Küchentisch gegen Restaurantterrasse tauscht, sondern einen befreundeten zweiten Haushalt treffen will, sind Corona-Tests gefragt. Zur Auswahl stehen: ein negativer PCR-Test, ein Antigentest oder die Alternative, die zu langen Schlangen am Biergartenzaun führen könnte: Man bringt einen Selbsttest mit und schiebt das Stäbchen vor aller Augen in die Nase.
Sich testen lassen, bevor man das befreundete Paar trifft? Das ist natürlich unerfreulich. Zumal sich viele fragen dürften, was das eigentlich soll: Im Biergarten ist man doch schließlich an der frischen Luft. Also dort, wo Aerosole bei der Infektionsübertragung keine große Rolle spielen. Die Kritik verkennt, dass das Infektionsrisiko auch draußen steigt, wenn man einander beim lauten Sprechen nah gegenüber sitzt.
Die Bierdurstigen jedenfalls scheint das Testen nicht abzuschrecken. Gleich am ersten Tag, als um zwölf Uhr geöffnet wurde, bildete sich vor der Teststation am Nockherberg eine Schlange. Drei Hütten stehen dort fürs Testen zur Verfügung, in zweien werden Termine abgearbeitet, die dritte ist spontanen Gästen vorbehalten. Der Biergarten selbst war tatsächlich „gut gefüllt“, wie die Sprecherin erklärt. Unter den überdachten Plätzen könnte man eigentlich auch bei Regen sitzen. Trotzdem entschied man sich bei Paulaner dazu, bei Regen unter der Woche zuzusperren. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen.
Eine Teststation steht auch am Chinesischen Turm. Wie Maria Pinzger von der Haberl Gastronomie erklärt, rechnet der Betrieb allerdings eher damit, dass Besucher einen Test aus der Apotheke mitbringen, statt sich vor Ort anzustellen. Und wenn sich doch Schlangen bilden sollten? Dann wird halt mehr Personal abgestellt, das auf Abstandhalten drängt.
Aber wie will man nachprüfen, ob da ein oder zwei Haushalte am Tisch ihre Maßkrüge schwingen? Wird nicht auf einmal jeder und jede von sich behaupten, in einer Wohngemeinschaft zu wohnen?
Die Wirte sehen sich nicht als Ersatzpolizei
Der Landesgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands DEHOGA, Thomas Geppert, ist da entspannt. „Wir sind nicht die Polizei.“ Die Eigenverantwortung der Gäste sei gefragt. „Wir vertrauen unseren Gästen.“ Die Wirte machen keine Ausweiskontrollen, sondern sogenannte Plausibilitätsprüfungen. Dass mitunter geschummelt wird: sei’s drum. Das Bessere sollte in dem Fall nicht des Guten Feind sein.
Bleibt die Inzidenz stabil unter 50, fällt das Testen ohnehin weg. Zugleich schielt die Branche sehnsüchtig nach Baden-Württemberg, wo Restaurants bereits seit vergangener Woche auch drinnen öffnen dürfen. In Bayern könnte das ab dem 10. Juni der Fall sein, so Ministerpräsident Markus Söder. Entscheiden will man darüber in der zweiten Woche der Pfingstferien.
Die Registrierung der Gäste und ihrer Testergebnisse klappt bis dahin hoffentlich wie am Schnürchen. Zwar werden Gästelisten auch weiterhin auf Papier geführt. Schneller geht es allerdings mit der Luca-App oder den sogenannten Schnittstellenlösungen wie Darfichrein. Im Zentrum steht dabei der QR-Code mit dem Testergebnis, der mal vom Wirt, mal vom Gast mit dem Handy abfotografiert werden muss. Im Idealfall enthält der QR-Code des Schnelltests gleich beides: das Testergebnis und die Daten des Kunden. Die Wirte könnten alle nötigen Informationen dann in einem Aufwasch erfassen.
Die ganz großen Feste, die man gern im Wirtshaus begeht, dürften allerdings erst mal ausbleiben. Ralf Sanktjohanser, Wirt in Andechs, erzählt von einem Brautpaar, das seine Hochzeitsfeier zunächst von April auf September 2020, dann auf diesen April verschoben hat. Und jetzt auf die ganze Feierei resigniert verzichtet. „Die hatten die Faxen dicke.“
(Monika Goetsch)
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