Politik

Der Tag nach der Wahl: Ministerpräsident Horst Seehofer will trotz der historischen Wahlschlappe weitermachen.

25.09.2017

Seehofer übernimmt Verantwortung für CSU-Pleite

Am Tag nach dem historischen Stimmverlust bei der Bundestagswahl läuft die Suche nach einem Plan B. Einen Rücktritt lehnt der CSU-Chef ab

CSU-Chef Horst Seehofer hat die Verantwortung für das schlechteste CSU-Bundestagswahlergebnis seit 1949 übernommen - einen Rücktritt lehnt er aber weiterhin ab. Das verlautete aus Teilnehmerkreisen der CSU-Vorstandssitzung. Als Konsequenz auf das desaströse Ergebnis will Seehofer den CSU-Vorstand auch über die Fortsetzung der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU im Bundestag abstimmen lassen. Gleichzeitig kündigte er aber bereits an, an der ersten Unions-Fraktionssitzung in Berlin teilnehmen zu wollen.

Die CSU war am Sonntag nach Auszählung aller Wahlkreise auf nur noch 38,8 Prozent abgestürzt. Das bedeutet ein dramatisches Minus von mehr als zehn Prozentpunkten im Vergleich zur Bundestagswahl 2013 (49,3 Prozent). Die CSU gewann aber alle 46 Direktmandate im Freistaat.

An einen Rücktritt denkt Seehofer nicht: "Wenn jemand das anders will, dann soll er es sagen", sagte er schon vor Beginn der Sitzung. Teilnehmer gehen davon aus, dass Seehofer im Verlauf der Sitzung auch über die Vertrauensfrage abstimmen lassen will.

Seehofer kündigt harten Kurs an

Für die anstehenden Koalitionsverhandlungen in Berlin kündigte Seehofer erneut einen harten Kurs seiner Partei an. Eine Regierungsbildung sei ohne die CSU nicht möglich, betonte er, fügte aber sofort an, dass die CSU verantwortungsvoll mit der Situation umgehen werde. "Für uns geht's vor allem um einen klaren Kurs Mitte-Rechts für die Zukunft", sagte er.

An der Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU im Bundestag will Seehofer aber weiter festhalten. Er halte es nicht für den richtigen Weg, diese aufzukündigen, sagte der Ministerpräsident. Auch darüber will Seehofer den Angaben zufolge im Vorstand entscheiden lassen.

"Wir werden bestehen auf den Dingen, die wir der Bevölkerung versprochen haben in unserem "Bayernplan"." Die CSU müsse jetzt nachweisen, dass sie die eigenen Wahlversprechen mit aller Konsequenz weiterverfolge. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer kündigte unterdessen an, von der Schwesterpartei CDU eine intensive Debatte über den künftigen politischen Kurs der Union einfordern zu wollen.

JU-Landeschef: Ohne Obergrenze in die Opposition gehen

Rückendeckung für einen harten Kurs erhielt Seehofer noch vor der Sitzung von zahlreichen Vorstandsmitgliedern. "Ohne eine Obergrenze, die auch Obergrenze heißt, brauchen wir nicht aus Berlin zurückzukehren", sagte JU-Landeschef Hans Reichhart. Ohne Obergrenze für Flüchtlinge müsse die Partei den Gang in die Opposition antreten - auch wenn in der Folge gar keine Koalitionen mehr möglich wären. "Dann muss es eben Neuwahlen geben", betonte er. CSU-Vize Manfred Weber sagte: "Wir müssen jetzt unseren Kampfanzug anziehen."

Die von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vollzogene Positionierung der Union zur politischen Mitte sei gescheitert, ein "weiter so kann es jetzt nicht mehr geben", sagte CSU-Vize Barbara Stamm. "Eine Volkspartei braucht die ganze Bandbreite der Bevölkerung." Die Begrenzung auf die politische Mitte reiche nicht aus.

Der CSU droht aber nach Ansicht von Spitzenkandidat Joachim Herrmann jetzt kein genereller Rechtsruck. "Wir müssen die rechte Flanke schließen, das heißt aber nicht, dass wir nach rechts rücken", sagte der bayerische Innenminister. Die CSU müsse weiter eine Partei der Mitte bleiben. Bei der Wahl habe sie nicht nur Stimmen an die AfD verloren, "sondern genauso viele an die FDP".

Söder: "Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen"

Bayerns Finanzminister Markus Söder hat indes eine schonungslose Analyse der Ursachen gefordert: Das CSU-Ergebnis sehe so aus, dass man "ganz logischerweise nicht zur Tagesordnung übergehen kann, insbesondere deswegen, weil wir nächstes Jahr die Landtagswahl haben". Er sei aber gegen "Hau-Ruck- und Schnell-Analysen".

"Das Wahlergebnis gestern hat Deutschland verändert und ein Stück weit auch Bayern und die CSU", sagte Söder. Die CSU stehe als kleinste Partei im Bundestag vor einer "epochalen Herausforderung", auch wegen des Erstarkens der AfD. "Wir müssen jetzt sehr aufpassen, dass die AfD nicht das wird, was die Linkspartei für die SPD ist: eine dauerhafte strukturelle Veränderung der Parteienlandschaft."

Zu seinen eigenen Karriereambitionen äußerte sich Söder, der als potenzieller Nachfolger Seehofers gilt, nicht. Eine offene Revolte gegen Seehofer zum jetzigen Zeitpunkt wurde CSU-intern ausgeschlossen. "Ich würde uns dringend davor warnen, über einen personellen Neuanfang auch nur nachzudenken", sagte Stamm. (Christoph Trost, Marco Hadem)

Info: Die AfD-Hochburgen in Bayern 
Es gibt nur wenige Wahlkreise in Bayern, in denen sie unter zehn Prozent blieb - in einigen Regionen allerdings trumpfte die AfD mit Ergebnissen von über 15 Prozent auf und verdrängte damit die SPD vom Platz zwei. Nach dem Bundestagswahlergebnis vom Sonntag liegen die Hochburgen der rechtspopulistischen Partei im Freistaat in Niederbayern, der Oberpfalz sowie Teilen Schwabens und Oberbayerns. Hier die Top 10 der Wahlkreise mit den höchsten AfD-Stimmenanteilen bei den Zweitstimmen:

1. Wahlkreis Deggendorf: 19,2 Prozent
2. Wahlkreis Straubing: 18,4 Prozent
3. Wahlkreis Schwandorf: 17,4 Prozent
4. Wahlkreis Rottal-Inn: 16,5 Prozent
5. Wahlkreis Passau: 16,1 Prozent
6. Wahlkreis Ingolstadt: 15,1 Prozent
7. Wahlkreis Neu-Ulm: 15,1 Prozent
8. Wahlkreis Donau-Ries: 14,7 Prozent
9. Wahlkreis Landshut: 14,6 Prozent
10. Wahlkreis Altötting: 14,5 Prozent

Das spiegelt sich zum Teil auch in den Wahlergebnissen der Regierungsbezirke wider. Danach kam die AfD in Niederbayern auf einen Zweitstimmenanteil von 16,7 Prozent, in der Oberpfalz von 14,1 Prozent und in Schwaben von 13,5 Prozent. In Oberfranken waren es 12,4 Prozent, in Mittelfranken ein Prozentpunkt weniger.

Dagegen hat vor allem das verhältnismäßige schlechte Abschneiden der AfD in München ihr oberbayerisches Gesamtergebnis gedrückt: Dort kam die Partei im Schnitt nur auf 11,2 Prozent. Ihr schwächstes Ergebnis fuhr die AfD mit 10,9 Prozent in Unterfranken ein.
(dpa)

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