Politik

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger wurde im Lantag heftig attackiert. (Foto: dpa, Sven Hoppe)

03.06.2022

So wird das nix

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger erklärt seine Energie-Pläne – viel Begeisterung erntet er nicht

Mit dem jüngst vom Kabinett beschlossenen neuen Energieplan für Bayern hält sich Hubert Aiwanger in seiner Regierungserklärung nicht lange auf. Der Wirtschaftsminister von den Freien Wählern ahnt wohl, dass das Werk bei der Opposition keinen großen Anklang finden wird, und geht gleich in die Offensive. Nur kursorisch streift er das Vorhaben, den Anteil des im Freistaat selbst erzeugten Stromes bis 2030 zu verdoppeln.

Gelingen soll das vor allem mit Ausnahmen von der 10H-Abstandsregel für Windkraftanlagen, deren Mindestabstand zur Wohnbebauung in Vorranggebieten, entlang überregionaler Verkehrswege oder in der Nähe von Gewerbegebieten auf 1000 Meter verringert werden soll, sowie dem starken Ausbau der Photovoltaik zum Beispiel auf staatlichen Gebäuden. Ergänzend sollen Potenziale bei Biomasse, Wasserkraft und Geothermie erschlossen werden. Außerdem setzt die Regierung auf die vorübergehende Verlängerung der Laufzeiten noch in Betrieb befindlicher Atomkraftwerke. Sicher, bezahlbar und erneuerbar soll Bayerns Energieversorgung dadurch werden.

Die meiste Zeit seines 45-minütigen Vortrags widmet Aiwanger aber dem Blick auf die Bundesregierung. „Berlin steht am Schlauch und liefert nicht“, lautet seine Kernbotschaft. Er appelliert an die Ampel, ihre Blockade in Sachen Kernkraft aufzugeben, weil alles andere ein energiepolitischer „Seiltanz ohne Netz“ wäre. Außerdem brauche es vom Bund bessere rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen für die Energiewende und mehr Entlastung für Bürger*innen und Unternehmen wegen der hohen Energiepreise.

Die Opposition stöhnt auf

Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann kontert: In „nie da gewesenem Tempo“ ändere die Bundesregierung Gesetze, um die Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien zu verbessern, die Abhängigkeit von russischen Öl- und Gaslieferungen zu reduzieren und die Menschen zu entlasten, hält er Aiwanger entgegen. Bayern dagegen leiste außer wiederholten Ankündigungen praktisch keinen Beitrag. „Ich verstehe nicht, warum die CSU mehr Angst vor Windrädern hat als vor Kriegstreibern und Diktatoren“, ätzt Hartmann.

Auch SPD-Fraktionschef Florian von Brunn bezweifelt, dass die Energiewende mit dieser Staatsregierung zu schaffen ist. Mit den neuen Ausnahmen von der 10H-Abstandsregel für Windräder schaffe die Staatsregierung ein „Bürokratiemonster, mit dem sie der Energiewende den nächsten Mühlstein um den Hals hängt“. Ohne 10H-Abschaffung und ohne Geothermieförderung komme diese nur „in Trippelschritten“ voran. Zur weiteren Entlastung der Menschen sieht von Brunn die Staatsregierung in der Pflicht. Aus den wieder steigenden Steuereinnahmen des Freistaats müsse allen Bürger*innen ein Energie- und Klimageld in Höhe von 50 Euro gezahlt werden und zusätzlich jedem Kind und Sozialhilfeberechtigten einmalig 100 Euro.

FDP-Fraktionschef Martin Hagen erinnert genervt an den Vorgänger des Energieplans, das Aktionsprogramm Energie von 2019. Bis Ende dieses Jahres sollten demnach 300 neue Windräder und 100 Wasserstofftankstellen gebaut sein. Umgesetzt worden sei davon praktisch nichts, auch die damaligen Ziele bei Photovoltaik, Wasserkraft und Bioenergie würden bei Weitem nicht erreicht.
Bei der AfD will ebenfalls keine Begeisterung aufkommen, allerdings aus anderen Gründen. Fraktionschef Ulrich Singer hält die komplette Energiewende für teuren Unsinn, der nur Bürgern und Unternehmen das Geld aus der Tasche ziehe. Er plädiert für die Renaissance der Atomkraft mit neuer Technologie und warnt vor einem Verzicht auf Gasimporte aus Russland.

Rückendeckung erhält Aiwanger von Kerstin Schreyer (CSU). Sie hebt hervor, dass von der Wind- bis zur Kernkraft alle Energieformen berücksichtigt seien: „Wir werden alles brauchen, um unseren Wohlstand zu halten und unsere Industriearbeitsplätze zu sichern.“ Florian Streibl, Fraktionschef der Freien Wähler, sieht alle entscheidenden Stellschrauben für die Energiewende in Berlin. Er würde Aiwanger deshalb gerne nach Berlin schicken – als Nachhilfelehrer für die Ampel.
(Jürgen Umlauft)

 

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