Politik

31.08.2023

Soll das Einbürgerungsrecht gelockert werden?

Mit einem neuen Gesetz will die Bundesregierung Einbürgerungen erleichtern. Hakan Demir, SPD-Bundestagsabgeordneter, begrüßt diese Lockerung. Joachim Herrmann (CSU), Bayerns Innenminister, hält sie dagegen für einen großen Fehler

JA

Hakan Demir, SPD-Bundestagsabgeordneter

Die Reform des Einbürgerungsrechts stärkt unsere Demokratie, weil sie Millionen Menschen ermöglicht, aktiv an unserer Gesellschaft teilzuhaben. Sie können künftig ihre politischen Vertreter*innen wählen und gewählt werden. Mit der beschleunigten Einbürgerung von fünf statt acht Jahren und der Möglichkeit des Doppelpasses leiten wir einen Paradigmenwechsel ein – hin zu einem modernen Einwanderungsland, das die vielfältigen Identitäten und Bindungen seiner Bürger*innen anerkennt und schätzt.

Dabei setzt die Einbürgerung weiterhin Lebensunterhaltssicherung, gute Deutschkenntnisse und die Kenntnis unserer Gesellschaftsordnung voraus. Doch viele Menschen brauchen eben keine acht Jahre, um diese Anforderungen zu erfüllen. Warum sollen sie sich also nicht schon früher einbürgern lassen können? 

Menschen, die sich als Teil einer Gemeinschaft fühlen, sind eher bereit, sich in die Gesellschaft einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. Eine schnellere Einbürgerung erleichtert den Zugang zu Bildung, Arbeitsmarkt und politischer Beteiligung, wovon letztendlich alle profitieren.
Klar ist auch: Viele Länder wie die USA, die Niederlande oder Kanada haben längst ein liberales Einwanderungsrecht. Wir ziehen jetzt nach. Dies sendet eine klare Botschaft an Fachkräfte aus aller Welt, dass Deutschland offen ist und sie willkommen heißt – ein entscheidender Punkt im internationalen Wettbewerb. 

Besonders profitieren Gastarbeiter*innen und Vertragsarbeiter*innen von der Reform des Einbürgerungsrechts. Sie haben jahrelang hart gearbeitet, einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung Deutschlands geleistet, aber kaum Angebote zur Teilhabe erhalten. Mit dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht wird für sie die Einbürgerung ohne Test und mit vereinfachtem Sprachnachweis möglich. Eine wichtige, aber späte Anerkennung.

NEIN

Joachim Herrmann (CSU), bayerischer Innenminister

Die Lockerung des Einbürgerungsrechts ist ein großer Fehler und integrationspolitisch ein fatales Signal. Deutsch sprechen zu können, ist eine Schlüsselkompetenz. Die Verankerung in unserer Gesellschaft ist unabdingbar für ein erfolgreiches Leben in Deutschland. Wer sich nicht klar zu Deutschland bekennt und die Sprache nicht beherrscht, wird von der Ampel-Regierung künftig dennoch mit der deutschen Staatsbürgerschaft belohnt. Das fördert nicht die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes, sondern macht Deutschland nur noch attraktiver für illegale Zuwanderung. Die Einbürgerung kann nur am Ende eines gelungenen Integrationsprozesses stehen. Die Ampel-Regierung stellt dieses Prinzip jetzt völlig auf den Kopf. Warum sollen Personen nun die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, wenn sie über Jahrzehnte hinweg keine Sprachkenntnisse erworben haben?

Gerade die beliebige Ausweitung der Mehrstaatigkeit sowie die Verkürzung der für die Einbürgerung notwendigen Aufenthaltszeit sind höchst integrationsfeindlich. Neben Loyalitätskonflikten besteht hier auch die Gefahr, dass wir Menschen einbürgern, die gar nicht in unsere Gesellschaft integriert sind. Das gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Wer glaubt, dass er allein durch das Inaussichtstellen einer schnellen Einbürgerung mehr Fachkräfte anzieht, ist naiv und schlecht informiert. Wir haben bereits jetzt ein großzügiges Einbürgerungsrecht: Personen, die gut integriert sind, können schon heute ohne Probleme eingebürgert werden. Die Einbürgerungen in Bayern sind 2022 mit 28 336 Fällen im Vergleich zum Vorjahr erneut deutlich gestiegen – um 22,3 Prozent. Diese neuen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger haben alle Kenntnisse der deutschen Sprache erworben, sich lange in Deutschland eingelebt und sich wirtschaftlich integriert. Was die Ampel im Kontext Fachkräftemangel auch gerne übersieht: Im Juli gab es bundesweit rund 969 000 arbeitslose Ausländer. Wieso unternimmt der Bund nicht mehr, um zunächst diese in den Arbeitsmarkt zu integrieren?
 

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