Politik

12.05.2022

Soll der Rundfunkbeitrag befristet ausgesetzt werden?

Die Aussetzung der GEZ fordert der CSU-Politiker Stefan Müller, um die Menschen finanziell zu entlasten. Mitten in einem Krieg den öffentlich-rechtlichen Sendern den Geldhahn zudrehen zu wollen, ist an Zynismus kaum zu überbieten, meint dagegen DJV-Chef Frank Überall

JA

Stefan Müller, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU im Bundestag

Viele Deutsche haben Probleme, ihre alltäglichen Ausgaben zu finanzieren, auch weite Teile der Mittelschicht müssen inzwischen bewusst sparen. Bund und Länder sollten daher den Rundfunkbeitrag für drei Monate aussetzen, um die Menschen zu entlasten. Es braucht ein GEZ-Entlastungspaket.

Von einer Aussetzung des Rundfunkbeitrags würden einkommensschwache Menschen überproportional profitieren, da alle Haushalte den gleichen Betrag zahlen müssen. Die Aussetzung sollten Bund und Länder dringend nutzen, um über eine grundsätzliche Staffelung des Beitrags zu sprechen. Es ist sozial ungerecht, dass ein Gutverdiener-Ehepaar genauso viel zahlen muss wie ein Alleinerziehender. Zudem würde die Entlastungswirkung unmittelbar und unbürokratisch eintreten. Eine Umsetzung wäre ganz einfach: Der Beitragsservice des ÖRR kann den Einzug der Beiträge unterbrechen. Wer den Betrag überweist, soll das dann einfach für drei Monate unterlassen können. Im Gegensatz zum Entlastungspaket der Bundesregierung bedarf eine GEZ-Aussetzung keiner umständlichen Steuererklärung oder einer bürokratischen Umsetzung.

Eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist angesichts der Herausforderungen durch die Digitalisierung und vieler privater Angebote ohnehin unabdingbar. Dabei können auch Einsparpotenziale genutzt werden. In Zeiten von Streamingdiensten ist das breite Angebot an Spartenkanälen und Unterhaltungsprogrammen nicht mehr zeitgemäß. Das heißt ausdrücklich nicht, dass es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht mehr braucht. Er sollte sich aber in Zukunft noch mehr auf den eigentlichen Informationsauftrag fokussieren.

Das GEZ-Entlastungspaket hat also gleich zwei positive Effekte. Auf der einen Seite werden Millionen Haushalte in Deutschland schnell und unbürokratisch entlastet. Geld, das in diesen Zeiten dringend benötigt wird. Auf der anderen Seite werden die bisherigen Reformbemühungen bei den Rundfunkanstalten noch deutlicher intensiviert.


NEIN

Frank Überall, Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV)

Mitten in einem Krieg den öffentlich-rechtlichen Sendern den Geldhahn zudrehen zu wollen, ist an Zynismus kaum zu überbieten. Gerade jetzt brauchen wir seriöse Berichte und Einordnungen, gerade in diesen Zeiten geht es nicht um Standardrecherchen, sondern um extrem aufwendige und vor Ort auch lebensgefährliche Einsätze der Medienschaffenden. Respekt vor deren journalistischer Leistung drückt ein Finanzierungsverzicht da nicht gerade aus.

Nun kann man trefflich darüber lamentieren, ob in der Gegenwart Unterhaltungs- oder Sportsendungen ganz subjektiv gesehen ihren Wert haben. In einem Gemeinwesen geht es aber nicht um schrille Einzelmeinungen. Es gibt einen breiten politischen und gesellschaftlichen Konsens, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme eine umfassende Grundversorgung leisten sollen. Das ist ihr gesetzlich formulierter Auftrag, und genau dafür wird ein Rundfunkbeitrag erhoben. Da wird nun wirklich nicht mit Geld um sich geworfen, dafür sorgt alleine die „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs“ (KEF), die mit strengen Augen über die Ausgaben der Sender wacht. Diese Kontrollmaßnahme hat die Politik schon vor vielen Jahren auf die Schiene gesetzt.

Und jetzt soll von diesem Fahrweg plötzlich abgewichen werden? Eine solche Vorstellung ist nicht bloß zynisch, sie ist auch schlicht grundgesetzwidrig. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits mehrfach eindeutig entschieden, dass die Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten kein finanzpolitischer Spielball der Politik sein darf. Gerade in Krisenzeiten die Axt an ein funktionierendes System legen zu wollen, legt deshalb auch ein verirrtes Verständnis von Politik offen. Das ist billiger Populismus auf dem Rücken der Demokratie. Denn Pressefreiheit lebt auch davon, dass das journalistische Tun der Medienschaffenden finanzierbar ist – auch bei ARD, ZDF und Deutschlandradio!

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