Politik

30.03.2023

Soll ein neues Namensrecht auch die Verschmelzung der Familiennamen erlauben?

Bald wird Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) einen Gesetzentwurf zur Reform des Namensrechts vorlegen. Künftig sollen beispielsweise Familien einen gemeinsamen Doppelnamen wählen können. Karl Krömer, der als Teil eines Expertengremiums ein Eckpunktepapier erstellt hat, geht das nicht weit genug. Er fordert, dass auch die Verschmelzung von Familiennamen erlaubt sein soll. Stephan Thomae, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, ist für eine Namensrechtsreform – spricht sich aber wie der Justizminister gegen die Verschmelzung aus.

JA

Karl Krömer, Fachausschuss-Vorsitzender des Bundesverbands der deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten

Die Frage ist sinnvollerweise in einem größeren Zusammenhang zu diskutieren: Aufhänger der aktuellen Äußerungen zu einem Namensmeshing ist die von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) angekündigte Reform des deutschen Namensrechts. Dass das deutsche Namensrecht seit langer Zeit reformbedürftig ist, ist in informierten Kreisen unstrittig. Es hat sich gezeigt, dass das Namensrecht zu kompliziert, zu unübersichtlich und in Teilen sogar in sich widersprüchlich ist. Bürgerinnen und Bürger wünschen sich klare Regeln und einfachere Möglichkeiten zur Namensänderung.

Die vom Bundesministerium der Justiz eingesetzte Arbeitsgruppe zur Reform des Namensrechts, deren Mitglied ich war, hat eine grundsätzliche Neukonzeption des Namensrechts in Deutschland vorgeschlagen. Eine der zentralen Forderungen der Arbeitsgruppe war es, Namensänderungen künftig zu erleichtern. So soll nach neuem Recht generell ein „anerkennungswerter Grund“ für eine Namensänderung genügen. Als anerkennungswerter Grund könnte nach Auffassung der Arbeitsgruppe auch allein der Wunsch des Namensträgers angesehen werden, einmal binnen zehn Jahren seinen Namen zu ändern.

Insbesondere in dem zuletzt genannten Punkt zeigt sich der grundsätzlich liberale Ansatz der Reformvorschläge der Arbeitsgruppe. Diese ließ sich dabei auch von Regelungen in anderen europäischen Ländern – Österreich oder Dänemark – inspirieren, wo der sogenannte Wunschname schon längere Zeit Realität ist.

Nimmt man die vorstehenden Ausführungen zum Maßstab, so drängt sich das Ergebnis zur Eingangsfrage nahezu auf: Der Wunsch nach einem Namensmeshing sollte als anerkennungswerter Grund künftig berücksichtigt werden.

Das gesamte Familienrecht befindet sich in einem Prozess rasanter Liberalisierung – ich nenne als Stichworte die gleichgeschlechtliche Ehe und das Selbstbestimmungsgesetz. Dem Namensrecht sollte der ihm gebührende Platz zuteilwerden. 

 

NEIN

Stephan Thomae, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion

Der eigene Name ist etwas sehr Persönliches. Vor einer Eheschließung müssen sich Paare irgendwann zwangsläufig mit der Frage auseinandersetzen: Welcher Name soll in Zukunft an unserem Klingelschild stehen? Gerade in Lebensrealitäten, in denen Ehen geschlossen und auch wieder geschieden werden und in denen es ganz viele denkbare Familienkonstellationen gibt, braucht es ein flexibles Namensrecht.

Ein Vermischen von Nachnamen, wie es in den USA und in England möglich ist, schießt jedoch über das Ziel eines modernen Namensrechts hinaus. Denn anders als bei Doppelnamen ist diese Praxis der deutschen Namenskultur völlig fremd. Kaum vorstellbar, dass sich beispielsweise eine Frau Schröder und ein Herr Köpf in Zukunft Herr und Frau Schröpf nennen wollen. Der Wunsch in der Bevölkerung, eine solche Vermischung zu ermöglichen, dürfte daher auch verschwindend gering ausfallen.

Anders sieht es bei den Doppelnamen aus. Hier gibt es einen Bedarf nach mehr Entscheidungsfreiheit. Zwar kann ein Ehepartner den Nachnamen des anderen als Doppelnamen führen. Dass beide Partner einen gemeinsamen Doppelnamen festlegen und diesen auch an gemeinsame Kinder weitergeben, ist jedoch nicht möglich. Die Kinder müssen sich für den Namen eines Partners entscheiden. Noch komplizierter wird es nach einer Scheidung. Während Geschiedene problemlos wieder zum Geburtsnamen zurückkehren können, ist es für ihre Kinder nicht ohne Weiteres möglich, von einem Namen zum anderen zu wechseln. Sie müssen unter Umständen ihr Leben lang den Namen desjenigen Elternteils tragen, zu dem sie eigentlich die schwächere Bindung haben.

Hier besteht Handlungsbedarf. Daher wird die Ampel das Namensrecht entsprechend liberalisieren und größtmögliche Wahlfreiheit schaffen. Dabei soll auch namensrechtlichen Traditionen Rechnung getragen werden, etwa bei geschlechtsangepassten Familiennamen, wie es bei der nationalen Minderheit der Sorben in Sachsen üblich ist. Ein wichtiges Signal und Ausdruck einer modernen Gesellschaft. 

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