Politik

06.07.2023

Soll in Bayern testweise Drug Checking eingeführt werden?

Das sogenannte Drug Checking ermöglicht es Menschen unter strenger Einhaltung der Datenschutzbestimmungen anonym ihre Drogen testen lassen, um potenzielle Gesundheitsrisiken zu minimieren. Der Bundestag hat ein Gesetz erlassen, dass es den Ländern ermöglicht, Drug Checking testweise zuzulassen. Olaf Ostermann, beim Verein Condrobs Abteilungsleiter für Angebote für Ältere und niedrigschwellige Hilfen, ist für eine Einführung in Bayern. Bernhard Seidenath, gesundheits- und pflegepolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, ist strikt dagegen.

JA

Olaf Ostermann, Condrobs, Abteilungsleiter für Angebote für Ältere und niedrigschwellige Hilfen 

2022 sind allein im Freistaat Bayern fast 300 Menschen, die Drogen gebrauchen, verstorben, deutlich mehr als im Vorjahr. Viele dieser Todesfälle wären zu verhindern gewesen mit einer progressiveren Drogenpolitik. Ein wichtiger Baustein der Überlebenshilfe ist das Drug Checking. Drug Checking trägt zur Verhinderung von Überdosierungen bei und es ermöglicht einen einfachen Kontakt zu Konsument*innen, die bisher kaum über das bestehende Präventions- und Hilfesystem erreichbar sind.

Studien haben darüber hinaus nachgewiesen, dass Drug Checking zur Verringerung des Drogenkonsums beiträgt. Insbesondere dann, wenn viele Verunreinigungen oder eine hohe Substanzkonzentration festgestellt werden, entscheiden sich die Konsument*innen oft gegen den Konsum der getesteten Substanz.

Drug Checking ermöglicht das Monitoring des nicht regulierten Marktes für psychoaktive Substanzen. Dadurch können den Schaden minimierende Maßnahmen, Prävention und Hilfe frühzeitig entwickelt und an die aktuellen Entwicklungen angepasst werden. Es verbindet die Bereiche Intervention, Schadensreduzierung, Prävention, Gesundheitsförderung und Substanzmonitoring.

Spezialisierte Hilfen sind insbesondere für oft junge Konsument*innen von Partydrogen vonnöten. Durch Drug Checking wird der Konsum immer neuer synthetischer Drogen kontrollierbarer, mögliche lebensgefährliche Mischungen sind im Vorfeld erkennbar.

Viele dieser Argumente gelten gleichermaßen für Konsumräume, die von der bayerischen Staatsregierung leider abgelehnt werden. Drug Checking und Konsumräume bieten gemeinsam jedoch einen besonders hohen Schutz für Konsument*innen.

Drug Checking muss dort als Überlebenshilfe möglich sein! Niemand sollte an den Folgen seiner Erkrankung sterben müssen, wenn unser Hilfesystem dies verhindern könnte. Drug Checking und Drogenkonsumräume sind wichtige Schritte, um das Leben vieler Menschen zu retten. 

NEIN

Bernhard Seidenath, gesundheits- und pflegepolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion

Die CSU-Fraktion hält nichts von Drug Checking, und sei es auch „nur testweise“. Ziel ist, Menschen vor Drogenkonsum zu schützen – von Drug Checking ginge genau das gegenteilige Signal aus, das in etwa lautet: „Du kannst Drogen konsumieren, musst aber wissen, was drin ist.“

Wer Drug Checking anbietet, übernimmt Verantwortung für den gecheckten Stoff, stellt ihm ein Qualitätszertifikat aus. Wenn jemand Drug Checking anbietet, dann sollte dies bitte der Dealer selbst sein. Öffentliche Stellen dürfen sich nicht mit dem Dealer gemein machen – schon gar keine Verantwortung für das Handeln von Straftätern übernehmen.

Drug Checking gaukelt zudem eine bisweilen lebensgefährliche Sicherheit vor: Bei einer Untersuchung vor Ort können gar nicht alle gesundheitsschädlichen Substanzen erkannt werden – aufgrund der vielen neuen psychoaktiven Wirkstoffe, Streckmittel oder Verunreinigungen, die in den Datenbanken der Teststellen noch gar nicht enthalten sind.

Fatal ist der Eindruck, der vermittelt wird: dass der Konsum nicht schlimm und gar akzeptabel ist, solange die Substanz als sicher eingestuft wird. Drogenbesitz ist und bleibt aber illegal! Wer Drogen checken lässt, hat diese gesetzeswidrig erworben. Hier müssten die Behörden ihre Augen zudrücken. Es entstünde ein rechtsfreier Raum, der sich auch bei anderen Straftaten einfordern ließe. 

Konsequent ist, einen Schritt weiterzugehen und das Suchtmittel den Suchtkranken bereitzustellen. Genau das passiert! Etwa durch die Methadon-Substitutionsprogramme, die wir nachdrücklich befürworten und mit denen suchtkranken Menschen ein nahezu normales Leben ermöglicht wird.

Bayern unterstützt auch das deutschlandweite Frühwarnsystem NEWS (Nationales Early Warning System), um den Konsumrisiken bei psychoaktiven Substanzen effektiv entgegenzuwirken. Das klarste Statement aber bleibt: „Finger weg von illegalen Drogen!“ – egal ob gecheckt oder ungecheckt. 
 

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