Politik

15.02.2024

Sollen Kommunen höhere Parkgebühren für SUV-Fahrzeuge verlangen?

Die Pariser Stadtbevölkerung hat in einer Abstimmung beschlossen, dass künftig alle, die die Stadt besuchen und ein SUV-Fahrzeug fahren, dreimal so hohe Parkgebühren wie bisher zahlen sollen. Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, fordert auch in deutschen Kommunen höhere Parkgebühren, gestaffelt nach Fahrzeuggröße. Rüdiger Lode, Vorstand für Verkehr, Umwelt, Fahrzeugtechnik beim ADAC Südbayern, findet dagegen, dass Paris kein Vorbild für Deutschland sein sollte

JA

Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe

Ja! Unsere Städte werden durch immer mehr und immer größere Autos geflutet. Allein in den letzten zehn Jahren kamen mehr als fünf Millionen Pkw dazu. Zeitgleich werden sie immer größer und schwerer. Doch der öffentliche Raum ist knapp, weshalb zunehmend Gehwege, Radwege und Grünflächen blockiert werden. Wenn Kreuzungen und abgesenkte Bordsteine zugeparkt sind, ist das ein echtes Problem für die Sicherheit und Barrierefreiheit unserer Städte.

Dabei stellen SUV-Fahrzeuge durch ihre hohe Motorhaube zudem ein höheres Sicherheitsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer, besonders Kinder, dar. Aber nicht nur große SUV, sondern auch ähnlich überdimensionierte Fahrzeuge wie Pick-ups und Camper sind ein Problem. All diese Fahrzeuge sind aufgrund ihrer Größe nicht gut in Innenstädten aufgehoben.

Dem Größenwahn bei Autos muss Einhalt geboten werden: Höhere Parkgebühren – gestaffelt nach Fahrzeuggröße – sind dabei ein wesentlicher Hebel. Die einfachste Möglichkeit, um dies durchzusetzen, sind Gebühren für Bewohnerparkausweise. Wir fordern mindestens 360 Euro Jahresgebühr für einen Anwohnerparkausweis – und deutlich höhere Gebühren für besonders große Fahrzeuge.

Dass diese Staffelung rechtlich möglich ist, beweist die Stadt Tübingen: Dort kostet ein Bewohnerparkausweis für große Fahrzeuge 50 Prozent mehr. Auch Köln und Koblenz haben kürzlich gestaffelte Gebühren eingeführt. Konsequenterweise müssten Städte noch weiter gehen: Besitzer übergroßer Fahrzeuge sollten gar keinen Bewohnerparkausweis mehr bekommen, um ihren mehr als 5 Meter langen Stadtpanzer im öffentlichen Raum zu parken. 

Doch Bayern ist eines der wenigen Bundesländer, das seinen Städten im Kampf gegen übergroße Autos die Hände bindet. Die Gebühren für Parkausweise sind per Landesgesetz auf absurd niedrige Summen gedeckelt. Es wird Zeit, dass Städten endlich ermöglicht wird, ihre verkehrspolitische Entwicklung selbst zu bestimmen. 

NEIN

Rüdiger Lode, Vorstand für Verkehr, Umwelt, Fahrzeugtechnik beim ADAC Südbayern

Aus Sicht des ADAC kann Paris kein Vorbild für deutsche Kommunen sein. Natürlich müssen wir darüber nachdenken, wie wir mit begrenztem Raum in Ballungsräumen effizienter umgehen können. Eine sinnvolle Parkraumbewirtschaftung ist dabei eine zentrale Stellschraube. Diese darf aber nicht am Mobilitätsbedarf der Menschen vorbeigehen. Sie muss transparent und nachvollziehbar sein.

Zur Entscheidung in Paris stehen wir aus mehreren Gründen kritisch: Der Bürgerentscheid hat nur unter geringer Beteiligung stattgefunden und eine knappe Mehrheit für die neuen Gebühren erzielt. Er droht an der Lebensrealität vieler Menschen vorbeizugehen.

Zudem gibt es weder bei umwelt- noch bei verkehrspolitischen Gesichtspunkten eine Diskrepanz zwischen Pkw mit unterschiedlichem Gewicht. Auch die Begründung, schwere Pkw würden mehr Parkfläche in Anspruch nehmen, ist nicht plausibel.

Ausschließlich die Fahrzeuglänge entscheidet darüber, wie viele Pkw in einem Straßenzug geparkt werden können. Daher sehen wir es auch kritisch, wenn bei höheren Parkgebühren eine spezielle Fahrzeugklasse in den Fokus gerückt wird. So gibt es innerhalb der Gattung der SUV beispielsweise Modelle, die deutlich kürzer und leichter sind als viele Kombis.

Ein weiterer Grund zur Kritik am Vorgehen in Paris ist die unverhältnismäßige Preiserhöhung sowie die Tatsache, dass nur Besucher und Pendler mit den erhöhten Gebühren belegt werden sollen. Zudem sind höhere Parkgebühren im öffentlichen Straßenraum nur dann vertretbar, wenn alternative Parkraum- und Mobilitätsangebote wie Park-and-Ride-Parkplätze sowie ein gut ausgebauter ÖPNV bereitstehen.

Denn es kann nicht das Gebot sein, die Mobilität mit dem Auto zu unterbinden. Vielmehr muss es darum gehen, umweltfreundliche Alternativen attraktiver zu machen und damit den Umstieg zu fördern. 
 

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