JA
Michael Piazolo (Freie Wähler), bayerischer Kultusminister
Klassenfahrten sind für das soziale Miteinander unserer Schülerinnen und Schüler sehr wichtig. Auf einer Fahrt lernen sich alle noch mal ganz anders kennen – gerade auf mehrtägigen Klassenfahrten. Deswegen stärken Klassenfahrten dauerhaft die Klassengemeinschaft. Davon profitieren letztendlich auch der Unterricht und das gemeinsame Lernen.
Zu Beginn des Schuljahrs waren mehrtägige Klassenfahrten noch möglich. Aufgrund des Infektionsgeschehens – aktuell insbesondere auch mit Blick auf die Ausbreitung der Omikron-Variante – mussten wir die Schulen leider darum bitten, geplante beziehungsweise gebuchte mehrtägige Schülerfahrten nun bis zu den Osterferien abzusagen. Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen, haben wir aber hinsichtlich der stark steigenden Infektionszahlen zum gegenwärtigen Zeitpunkt so getroffen. Bei mehrtägigen Fahrten kann zum Beispiel aufgrund des engen Kontakts der Schülerinnen und Schüler und der gemeinsamen Übernachtungen in Mehrbettzimmern nicht rund um die Uhr der volle Infektionsschutz zufriedenstellend gewährleistet werden. Die Gesundheit unserer Schülerinnen und Schüler, aber auch unserer Lehrkräfte hat jedoch immer oberste Priorität.
Eintägige Schülerfahrten wie zum Beispiel Besuche im Museum oder Theater oder auch Exkursionen können jedoch weiterhin stattfinden. Auch hier begegnen sich die Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte ganz anders als in der Schule. Außerdem lassen sich im Gegensatz zu den mehrtägigen Klassenfahrten die Hygieneregeln wie Abstand, Masken und Lüften deutlich besser einhalten. Natürlich müssen auch bei den eintägigen Schülerfahrten etwa in Museen oder Gedenkstätten die geltenden infektionsschutzrechtlichen Zugangsbeschränkungen des jeweiligen Betreibers genau eingehalten werden.
Natürlich wünsche ich mir, dass bald auch wieder mehrtägige Klassenfahrten stattfinden können, weil diese den Schülerinnen und Schülern oft noch Jahre in unvergesslicher Erinnerung bleiben.
NEIN
Klaus Umbach, Präsident des Landesverbands Bayern im Deutschen Jugendherbergswerk
Es mutet zumindest seltsam an, wenn man angesichts der Omikron-Welle eng beieinandersteht, Ungeimpfte sich zwischen Geboosterten drängeln oder man gemeinsam am Tisch aufeinander einredet, gestikuliert und herzhaft lacht; womöglich ohne Maske. Die Rede ist übrigens nicht von Klassenfahrten, sondern vom ÖPNV, dem Einzelhandel und Restaurants.
Das ist jedoch nicht der Ansatz, mehrtägigen Schul- und Klassenfahrten das Wort zu reden. Es geht nicht darum, Gleichbehandlung zwischen Dingen einzufordern, die kaum vergleichbar sind. Denn hier treffen rein wirtschaftliche Interessen einerseits auf nichts Schwerwiegenderes als die körperliche und psychosoziale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.
Was dieses Wohlergehen mit Klassenfahrten zu tun hat: Junge Menschen haben in der Phase des Heranwachsens verschiedene Entwicklungsaufgaben zu bewältigen. Zentral sind die Erlangung von Autonomie, die Herausbildung von Moral- und Wertevorstellungen oder die Entwicklung einer individuellen Identität. Sie können diese Aufgaben vor allem in der Gemeinschaft von Gleichaltrigen bewältigen; Elternhaus oder Schule bilden allenfalls „Leitplanken“. Hier schließt sich der Kreis, denn Klassenfahrten sind genau dafür da. Sie schaffen Räume und Gelegenheiten zum Kompetenzerwerb, sie sind unverzichtbare Orte der Interaktion, sie ermöglichen es, Selbstwirksamkeit zu erfahren.
Kinder und Jugendliche waren schon in früheren Phasen der Pandemie am meisten eingeschränkt. Richtig daher, dass die Staatsregierung über Lockerungen der strengen Regeln für die Jugendarbeit nachdenkt. Jetzt einen pauschalen Bann auf Klassenfahrten bis mindestens Ostern zu legen, wird weder der dynamischen pandemischen Lage noch dem gerecht, was wir unseren Kindern und Jugendlichen jetzt und vollumfänglich ermöglichen müssen: Sie brauchen die Gemeinschaft und Klassenfahrten, die – was Sicherheits- und Hygienekonzepte anbelangt – übrigens einem regulären täglichen Schulbesuch in nichts nachstehen.
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