Politik

Tourist/innen nutzen Münchner Privatwohnungen nicht nur für Shopping-, sondern auch für Klinikaufenthalte. (Foto: dpa)

28.04.2017

Städte wollen härter durchgreifen

Vor allem in München vermieten immer mehr Leute ihre Bleiben an Touristen: Doch richtig harte Sanktionen lehnt die CSU ab

Es ist frustrierend. Immer wieder rücken die Ermittler des Münchner Sozialreferats aus und klingeln an Wohnungstüren. Ihr Ziel: Beweise sammeln dafür, dass die Bleiben illegal an Touristen vermietet werden. Mehr als sechs Wochen im Jahr sind nicht erlaubt in Wohnungen, die man nicht zeitgleich selbst nutzt. Es drohen Bußgelder von bis zu 50 000 Euro. Doch in den seltensten Fällen müssen die wirklich gezahlt werden – es ist nämlich äußerst schwierig, eine Zweckentfremdung nachzuweisen, klagt die Münchner Sozialreferentin Dorothee Schiwy (SPD).

Mindestens 1300 Wohnungen stehen laut Sozialreferat dem Münchner Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung, weil sie zweckentfremdet werden. Andere Schätzungen gehen von bis zu 16 000 Unterkünften aus, die illegal vermietet werden. Immer öfter auch an Medizintouristen aus dem arabischen Raum – für bis zu 380 Euro pro Nacht. Zum Beispiel im Arabellapark in der Nähe des Klinikums Bogenhausen. 2015 hat München eine Task Force gegen Zweckentfremdung eingerichtet.
Doch egal wie oft die Stadt Bußgeldbescheide erteilt – die Vermieter machen einfach weiter. „Denen ist das völlig wurscht“, so Schiwy. Entweder zahlen die Betroffenen das Bußgeld, oder sie klagen – und bekommen vor Gericht Recht.

Die CSU will illegale Vermietung zwar erschweren – aber nur ein bisschen

Grundlage für die Handlungsmöglichkeiten der Stadt ist das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum. Im Landtag ist man sich einig: Es muss dringend verschärft werden. Staatsregierung und SPD haben jeweils Gesetzentwürfe erarbeitet. Beide sehen eine deutliche Erhöhung des Bußgeldrahmens auf 500 000 Euro vor. Außerdem sollen die Behörden einen Auskunftsanspruch gegenüber Wohnungsverwaltern und Onlineportalen erhalten. Denn Zweckentfremdung ist schwer nachweisbar. Unterkunftsangebote auf Internetplattformen wie Airbnb werden weder mit Adresse noch vollem Namen beworben. Die CSU will die erlaubte Vermietungsdauer nun auf acht Wochen erhöhen.

Die SPD würde gern erheblich weiter gehen: Nicht erst die Vermietung selbst, sondern bereits das Anbieten und Bewerben von illegalen Vermietungen soll strafbar sein. „In Berlin ist damit das Angebot von zweckentfremdetem Wohnraum um 50 Prozent zurückgegangen“, betont der SPD-Abgeordnete Andreas Lotte. Denn die abschreckende Wirkung sei beträchtlich, ergänzt Schiwy.

Die Bilanz der Stadt München aber ist bislang kläglich: 2015 konnte gerade einmal die Nutzung von 51 Ferienwohnungen beendet werden – bei insgesamt mehr als 2000 Verfahren. Doch die Staatsregierung will nicht so weit gehen, bereits das Anbieten zu verbieten: Der Ermittlungs- und Verwaltungsaufwand sei zu hoch. Die Münchner hätten kein Verständnis dafür, „dass das zuständige Personal mit dem Durchforsten und Prüfen von Anzeigen auf Online-Portalen gebunden ist, anstatt gegen Zweckentfremdungen selbst vorzugehen“, erklärt das Innenministerium der Staatszeitung.
Sozialreferentin Schiwy hält dagegen: „Den Aufwand haben wir längst. Nur nicht die Möglichkeit, zu ahnden.“

Was Schiwy und auch Beatrix Zurek, Vorsitzende des Mietervereins München, allerdings noch wichtiger ist: die Möglichkeit zur Räumung. Gerichte haben wiederholt entschieden, dass die Stadt das nicht darf. Die Landtags-SPD würden den Kommunen gern ein Räumungsgebot einräumen, für die Staatsregierung aber ist das ein No Go.

Das wurde auch im Innenausschuss des Landtags deutlich, wo Schiwy und Zurek jetzt als Expertinnen geladen waren. Ministerialrätin Petra Kramer vom Innenministerin betonte dort: „Wir sehen Touristen nicht als räumbar an. Es sind ja nicht sie, sondern die Vermieter, die gegen das Nutzungsrecht verstoßen.“ Und der CSU-Abgeordnete Andreas Lorenz forderte: Die Stadt solle erst einmal die bestehenden Möglichkeiten konsequent ausschöpfen. Er fragte: „Warum gab es bislang keine Zwangsmaßnahmen wie die Versiegelung einer zweckentfremdeten Wohnung?“

Das Problem: Versiegeln darf man nur eine leer stehende Wohnung, etwa bei einem Mieterwechsel. Florian Simonsen vom Münchner Wohnungsamt hält das ohnehin für eine absurde Idee. „Unsere Mitarbeiter im Außendienst können eine Wohnung nicht 24 Stunden überwachen.“

Bislang macht einzig München von einer Zweckentfremdungssatzung Gebrauch. Kein Wunder, sagt Florian Gleich vom Bayerischen Städtetag: Die anderen Städte halten die Gesetzesgrundlage für so schlecht, dass sie erst gar keine Zweckentfremdungssatzung beschließen wollen. Auch er fordert weitergehende Rechte. „Geben Sie uns die richtigen Instrumente!“, appellierte Schiwy an den Landtag. Ein Appell, der ins Leere ging: CSU und Freie Wähler stimmten für den Gesetzentwurf der Staatsregierung.  (Angelika Kahl)

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